Ich ruf sie an… 2000 Millionen Mädchen…

DAS ist jetzt mal „Die Ärzte“ in XXL.  Bei einem Kundenstamm von 450 Mio. Nutzer_innen dürfte Facebook durch den Kauf von WhatsApp nun wirklich eine ganze Menge an neuen Nummern für das Telefonbuch bekommen haben.

Schließlich gehören dazu nicht nur die Telefonnummern der WhatsApp-Nutzer selbst. Zur Funktionsweise des Dienstes gehört es, gleich zu Beginn sämtliche Telefonfonnummern aus dem Telefonadressbuch des neuen Nutzers auf einen zentralen Server hochzuladen. Und weg!
Anschließend kann im großen Gesamtverzeichnis nachgeschlagen werden, welcher Kontakt bereits WhatsApp nutzt. Wer sich bislang damit beruhigt hat, die Daten gingen jedenfalls nicht an Facebook, muss sich eine neue Strategie überlegen.

450 Millionen Adressbücher. Sagen wir, in jedem Telefonbuch seien nur 20 Nummern gespeichert, dann macht das 9 Mrd. Telefonbucheinträge. Natürlich gibt es viele Doppelungen. Gleichwohl kein schlechter Wert wenn man bedenkt, dass die gesamte Weltbevölkerung zu Silvester 2013 nur 7,2 Mrd Menschen betrug. Eine interessante Frage an Mathematiker wäre es zudem, wie sich hierzu die These auswirkt, dass sich alle Menschen über sechs bis sieben Ecken kennen.

Da es nur ausgewählte Realkontakte in die Handykontakteliste schaffen, dürften in den Datensätzen in jedem Fall sehr hübsche Erkenntnisse zu Kommunikationsstrukturen und persönlichen Verhältnissen schlummern.

Datenschutzzrechtlich ist die Sache fraglich. Im rein privaten und familiären Bereich gelten zwar Privilegien, die einen recht freien Umgang mit Daten erlauben (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG; ob es nett ist, ist eine andere Frage). Aber ob es sich wirklich um 450 Mio Privatnutzer handelt? Bei dienstlichen Geräten oder teildienstlichem Gebrauch (BYOD) greifen die familiären Privilegien nicht mehr. Ein (weiteres) Hochladen solcher Kontakte ohne Rechtsgrundlage oder Einwilligung zu Drittanbietern wie Whatsapp ist datenschutzrechtlich problematisch. Ein gleichzeitiges Synchronisieren des Smartphones von Kontakten (häufig gemeinsam mit Kalendern und Mail) und die Nutzung von Diensten wie WhatsApp birgt daher erhebliche Rechtsrisiken.

Daher ein Hinweis mit Ausblick: Bevor Nutzer_innen z.B. auf die von dem zukünftigen Kalendersystem der HU (derzeit noch in der Testphase) grundsätzlich unterstützte Adressychronisation zurückgreifen, sollten Sie genau prüfen, inwieweit diese Daten drohen vom Telefon anschließend an Dritte „weiterzuwandern“. Es besteht für alle Nutzer_innen die Möglichkeit, den Kalender zu nutzen, jedoch auf eine Synchronisierung der Kontakte aus Thunderbird und Co über den Kalenderserver zu verzichten.

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Edit (letzter Absatz) 20.3.2014:

Wie im gesamten Text geht es auch im letzten Abschnitt um das Wandern von auf dem Telefon gespeicherten Daten zu Drittanbietern.

21. Februar 2014 | Veröffentlicht von Ansgar Heitkamp
Veröffentlicht unter Datenschutz allgemein, Datenschutz HU
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