Digitale Werkzeuge spielen in den Geisteswissenschaften eine immer größere Rolle. Ob Netzwerkanalyse, Text Mining oder digitale Edition: ohne spezialisierte Software ist moderne Forschung in den Digital Humanities kaum mehr denkbar. Doch je größer die Auswahl an Tools wird, desto schwieriger wird es, den Überblick zu behalten. Forscher*innen, Bibliotheken und IT-Abteilungen sind daher auf Tool-Verzeichnisse angewiesen, die verfügbare Anwendungen sichtbar machen und nachnutzbar dokumentieren.
Bisherige Angebote wie TaPOR 3 oder der SSH Open Marketplace leisten hier wertvolle Dienste. Allerdings stehen sie auch vor typischen Herausforderungen: fehlende dauerhafte Finanzierung, Abhängigkeit von einzelnen Institutionen oder geschlossenen Infrastrukturen sowie ein hoher Pflegeaufwand. Genau an diesem Punkt setzt das neue Projekt DH Tool Registry an, das vom Team der Kompetenzwerkstatt Digital Humanities der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin gemeinsam mit dem NFDI4Memory Methods Innovation Lab entwickelt wurde.
Ein modularer Ansatz auf Basis von Wikidata
Das DH Tool Registry verfolgt einen Ansatz, der sich in drei Grundsätzen zusammenfassen lässt:
- Unabhängigkeit von einzelnen Plattformen
Die Daten werden in Wikidata, einer offenen, kollaborativen Wissensdatenbank, gespeichert. Damit sind sie nicht an eine spezifische Webanwendung oder Institution gebunden. - Ein modulares, minimales Datenmodell
Das zugrundeliegende Schema ist bewusst schlank gehalten, kann aber flexibel erweitert werden. So lassen sich Daten gleichzeitig für verschiedene, auch fachspezifische Zwecke kuratieren. - Wiederverwendbare Oberflächen
Das entwickelte Frontend kann nicht nur für das eigene Projekt, sondern auch für andere Datensätze genutzt werden, die auf Wikidata-Abfragen basieren.
Im aktuellen Proof-of-Concept greift die Anwendung auf alle Wikidata-Einträge zurück, die mit einer TaDiRAH-ID versehen sind. TaDiRAH (Taxonomy of Digital Research Activities in the Humanities) ist eine Taxonomie, die Forschungsaktivitäten in den Digital Humanities klassifiziert. Damit können Werkzeuge nach ihrem primären Anwendungsfeld systematisch eingeordnet werden.
So funktioniert das Tool Registry
Das DH Tool Registry ist über eine leicht zugängliche Weboberfläche nutzbar. Forschende können dort auf verschiedene Weise nach passenden Tools suchen: Suche nach Namen oder Labels, blättern in alphabetischen Listen oder filtern nach TaDiRAH-Kategorien.
Ein Klick auf einen Eintrag führt zu einer Detailansicht mit zusätzlichen Informationen. Wer noch mehr wissen möchte, kann direkt zur entsprechenden Wikidata-Seite wechseln und dort sogar selbst Änderungen vornehmen.
Mitmachen erwünscht
Das DH Tool Registry ist bewusst als Community-Projekt angelegt. Jede*r kann beitragen, indem Fehler in Wikidata korrigiert oder neue Tools eingetragen werden. Mit einer TaDiRAH-ID versehen, erscheinen diese automatisch im Registry. Damit wächst und verbessert sich die Datenbasis,getragen von der Community selbst, kontinuierlich.
Fazit
Das DH Tool Registry ist mehr als nur ein weiteres Verzeichnis: Es zeigt, wie Nachhaltigkeit und Offenheit in den Digital Humanities zusammengehen können. Durch die Nutzung von Wikidata wird Abhängigkeit reduziert, durch den modularen Aufbau entsteht Flexibilität, und die Community trägt aktiv zur Qualität bei.
Noch in der Proof-of-Concept-Phase, macht das Projekt schon jetzt deutlich, welches Potenzial es hat: als langfristige, offene Infrastruktur für die digitalen Werkzeuge der Geisteswissenschaften.
Weiterführende Links:
- Projektseite: DH Tool Registry
- WikiProject DH Tool Registry auf Wikidata
- TaDiRAH-Taxonomie
- Kompetenzwerkstatt Digital Humanities auf GitHub
