Kirche in Berlin und Brandenburg 1914 bis 1949

„Wie ein Dankeschön oder wie eine Entschuldigung“

Die Geschichte einer Familiengeschichte

von Lea Essers

Anfang der 2000er Jahre begann die evangelische Kirche mit der Aufarbeitung ihrer Rolle in der Geschichte des Nationalsozialismus. Neben der Kirchenbuchstelle1, die Teil wissenschaftlicher2 und kircheninterner Recherchen war, gehörte auch die Messias-Kapelle dazu. Dort befand sich seit ihrer Einweihung 1902 die „Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden“, umgangssprachlich die Judenmission. Dort sollten Juden zum Christentum konvertiert werden. Im Nationalsozialismus konnte das mitunter lebensrettend sein. In den 1930er Jahren wird die Messias-Kapelle und die zugehörige Segenskirche zum wichtigsten Taufort für Personen jüdischer Herkunft3, denn ab 1935 war die Taufe von Juden und Jüdinnen „auf eigene Verantwortung“, viele Kirchen tauften sie nicht mehr. Doch in der Segenskirche wurde weiter getauft – unter anderem Familie Kuhnt.

Im Sommer 1934 heiraten Cäcilie und Walter Kuhnt gegen den Willen von Walters Eltern. Sie wollen nicht, dass ihr Sohn eine Jüdin heiratet. Das Paar ist dennoch glücklich. Zwei Jahre später kommt ihr Sohn Gerhard Kuhnt zur Welt. Zwei weitere Jahre später Renate Kuhnt. Sie wird heiraten und den Ehenamen Steinert annehmen. 76 Jahre später vertraut Renate Steinert Gerlind Lachenicht ihre Familiengeschichte im Rahmen von Recherchen zu Christen und Christinnen jüdischer Herkunft verschiedener Berliner evangelischer Gemeinden an1. Die Geschichte der Familie Kuhnt wurde bisher noch nicht öffentlich erzählt, denn vor einer Veröffentlichung fürchtete Renate Steinert sich 2006.

Die Segenskirche (heute Stadtkloster Segen) in Berlin Prenzlauer Berg. (Foto: Lea Essers)

Gerlind Lachenicht sprach über mehrere Monate mit Renate Steinert über ihre Familiengeschichte. Aus ihren Erzählungen und den zahlreichen Dokumenten und Fotos, die sie Frau Lachenicht zur Verfügung gestellt hat, entsteht eine Broschüre. 80 Seiten über die Geschichte der Familie. Über Renates Eltern, deren Eltern und Geschwister. Viele Verwandte der mütterlichen Seite der Familie überleben den Holocaust nicht.
Auf die Frage, wie es zu der Broschüre gekommen ist, antwortet Frau Lachenicht: „Das war wie ein Dankeschön oder wie eine Entschuldigung“. „Ich hatte das Gefühl, ich lasse die Menschen alleine. Ich habe alles aufgewühlt und dann bin ich wieder weg. Und was ist dann? Deshalb hatte ich das Bedürfnis, das alles aufzuschreiben“. Sie war sich nicht sicher, ob sie etwas falsch macht, ob Renate Steinert die Gespräche helfen. Die Broschüre, die sie für Renate Steinert erstellte, wurde in der Familie herumgereicht. Sie wurde dem Sohn, den Enkeln zum Lesen gegeben. „So konnte sich wenigstens die Familie damit auseinandersetzen“. Innerhalb der Familie schaffte sie Gesprächsmöglichkeiten. In der Broschüre vermischen sich die Perspektiven von Renate Steinert und Gerlind Lachenicht. Den Text schrieb Gerlind Lachenicht, die Bildunterschriften sind von Renate Steinert, die auch Gerlind Lachenichts Text als faktisch richtig bestätigt hat. „Mama und Papa 1934“ steht unter einem Foto. Zu sehen ist das glückliche Paar bei der Hochzeit.

Wer kann Zeugnis ablegen?

Gerlind Lachenicht fragt sich, ob es möglich ist, dass sie Zeugnis ablegt, stellvertretend für eine Zeitzeugin und die vielen weiteren, deren Geschichten sie gesammelt hat. Dieser Artikel soll ein Versuch sein. Die Geschichte der Zeitzeugin Renate Steinert und ihrer Familie, die eigentlich noch viel umfangreicher ist, vermittelt durch das Gespräch mit Gerlind Lachenicht und der von ihr erstellten Broschüre.

Cäcilie Kuhnt und die Kinder werden 1938 in der Segenskirche evangelisch getauft. Die Eltern haben wohl vorher bei Walters Gemeinde, der Eliaskirche in Ostberlin, um die Taufe gebeten, doch die wollen Juden und Jüdinnen nicht taufen. Sie wenden sich an die Messias-Kapelle, die die Judenmission beherbergt. Dort muss Cäcilie Kuhnt einen sechsmonatigen Taufunterricht besuchen, bevor sie kurz vor ihren Kindern in der dazugehörigen Segenskirche getauft wird, denn die Messias-Kapelle hat kein Taufbecken. Gerlind Lachenicht und ehrenamtliche Mitstreiter_innen ermittelten, dass 704 Menschen auf dem Weg der Messias-Kapelle getauft wurden, mindestens 84 von Ihnen wurden in Konzentrationslagern getötet2. Taufpatinnen für Cäcilie und die Kinder sind Walters Mutter und Schwester. Sie leben im gleichen Haus in Ostberlin. In der vierten Etage Walters Eltern und Schwester, in der Wohnung gegenüber Cäcilies Bruder mit seiner Familie. In der Ersten Etage lebt Renate Kuhnt mit ihrem Bruder und ihren Eltern.

Die Deportationen der Verwandten beginnen

1941 wird Renate Kuhnts Großmutter deportiert. Sie wird in Lodz ermordet. Für Renate Kuhnt ein harter Schlag. Ihre Eltern bewahren ihre Möbel und Habseligkeiten auf. Ihr großer Esstisch stand noch 2006 in der Wohnung der Steinerts. Er passe zwar eigentlich nicht in die Wohnung, aber sie könne sich einfach nicht von ihm trennen.

Das ehemalige Wohnhaus der Familie Steinert in Ostberlin. (Foto: Lea Essers)

1943 wird auch die Familie von Renates Onkel deportiert. Ihre Tante liegt im Wochenbett mit dem zwei Monate alten Sohn. Die Gestapo bietet ihr an, vorerst mit dem Baby in der Wohnung zu bleiben zu dürfen. Für sie keine Option. Sie lässt sich nicht von ihrer Familie trennen und geht mit. Sie alle werden in Auschwitz ermordet.
Während der Deportation ihres Onkels stehen Renate Kuhnts Großeltern väterlicherseits im Flur. Ihr Großvater sagt: „Die aus dem ersten Stock muss auch weg.“ Er meint Renates Mutter. Das Verhältnis zu Walter Kuhnts Familie ist gebrochen. Nur zu seinem Bruder und dessen Frau besteht noch eine gute Beziehung.

Später wird Renate Steinert die Namen ihres Onkels und seiner Familie auf der Website von Yad Vashem suchen. Den Namen ihres kleinen Cousins findet sie nicht. „Als hätte es ihn nie gegeben“. Doch sein Name war falsch eingetragen, auch er hat dort einen Eintrag.

Im Luftschutzkeller sitzt Renate mit ihrer Familie auf Holzbänken. Will sie zu ihren Großeltern, die auf Sofas weiter hinten sitzen, hält ihre Mutter sie auf. Später dürfen sie nicht mehr in den Luftschutzkeller. Erst sitzen sie auf der Treppe zum Keller, dann bleiben sie in der Wohnung im ersten Stock. Walter Kuhnt baut eine Vorrichtung zur Abdunkelung. Dahinter dürfen sie sogar etwas Licht anmachen.

Weil Walter sich weigert, sich von Cäcilie scheiden zu lassen, kommt er 1944 in ein Arbeitslager. Alle Männer, die dort arbeiteten, blieben standhaft. Zwei überlegen, sich doch scheiden zu lassen. „Aber dann hätten sie die anderen totgeschlagen“, erinnerte sich Renate Steinert an die Erzählung ihres Vaters. Fünf Monate ist er dort, bis zum Ende des Krieges. Renate Kuhnt, ihr Bruder und ihre Eltern überleben. Gerlind Lachenicht beschreibt in ihrer Broschüre Cäcilies vorzeitige Alterung. Die Verfolgung und der Verlust von 43 Familienmitgliedern haben an ihr gezehrt.

Durch die frühe evangelische Taufe der Kinder wird die Ehe der Eltern als „privilegierte Mischehe“ kategorisiert. Auf Gerlind Lachenichts Frage, ob sie das Gefühl hatte, ihre Familie sei in irgendeiner Form „privilegiert“ gewesen, antwortet Renate Steinert: „Na klar. Wir waren ja nicht in Auschwitz“.

Ungerechtigkeit nach 1945

Nach dem Krieg ziehen sie vom Hinter- ins Vorderhaus, ebenso wie Walter Kuhnts Eltern. Die beiden Familien nähern sich wieder an. Renates Bruder Gerhard Kuhnt zieht vor dem Mauerbau nach Westberlin. Renates Mutter Cäcilie Kuhnt möchte im Osten bleiben. „Zu viele Nazis“ sind ihr im Westen.
Renate Kuhnts Eltern werden beide als Opfer des Faschismus anerkannt. Walter wird gefragt, was er für den Aufbau des neuen Staates leisten möchte. Als er sich weigert, in die SED einzutreten, wird ihm sein Status als Verfolgter aberkannt. Er sei nur fünf Monate im Arbeitslager gewesen. Unter sechs Monaten würde im Einzelfall entschieden. Walters Ehrenrente fällt weg, durch einen Unfall kann er nicht mehr arbeiten. Seine Psyche verschlechtert sich. Mitte der 60er Jahre begeht er Suizid.
Auch Cäcilie Kuhnts psychische Gesundheit verschlechtert sich nach dem Nationalsozialismus immer weiter. Renate Kuhnt kümmert sich um ihre Mutter. Sie braucht jedoch größere Unterstützung und geht in eine psychiatrische Klinik.

Später heiratet Renate Kuhnt, nimmt den Namen Steinert an und bekommt einen Sohn. Ihr Leben lang ist sie in ihrer evangelischen Kirchengemeinde sehr engagiert. Dort wissen einige Personen von ihrer jüdischen Herkunft, aber niemand kennt ihre gesamte Geschichte. Bei der Recherche zu Christen jüdischer Herkunft, bei denen Freiwillige in den evangelischen Gemeinden Berlins die Taufbücher durchsuchen, stößt eine Freiwillige auf einen bekannten Namen. Sie kennt Renate Steinert persönlich, fragt, ob sie sich mit dem Arbeitskreis über ihre Familiengeschichte unterhalten möchte. Sie stimmt zu. In den folgenden Monaten trifft sie sich mehrmals mit Gerlind Lachenicht, zeigt ihr Dokumente, Fotos, erzählt ihr von ihren Erfahrungen. Sie habe einen besonderen Zugang zu Renate Steinert gehabt, sagt Gerlind Lachenicht. Sie kam von der Kirche, das gibt einen Vertrauensvorschuss.

Geschichten dem Vergessen entreißen

Die Geschichte von Renates Familie ist nicht die einzige, die Gerlind Lachenicht recherchiert und unveröffentlicht gelassen hat. Sie wünscht sich, dass diese Geschichten nicht in Vergessenheit geraten. Doch viele der Betroffenen hatten und haben immer noch Angst vor der Veröffentlichung ihrer Geschichten, so wie Renate Steinert vor ihrem Tod.
Doch wie gestaltet man das Erinnern ohne Zeitzeug_innen? Renate Steinert ist nicht mehr am Leben, doch ihre Geschichte wurde weiter getragen. Auch wenn sich durch die Vermittlung die Geschichte durch verschiedene Perspektiven färbt, so ist es dennoch wichtig, die Geschichten nicht unerzählt zu lassen. Als Erinnerung an das Leid, vor dem sich Renate Steinert noch ihr ganzes Leben lang fürchtete. Um ihre Geschichte dem Vergessen zu entreißen.

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1 Zur Geschichte der Kirchenbuchstelle und ihrer Mitarbeiter_innen siehe auf diesem Blog z.B. https://blogs.hu-berlin.de/kircheimns/2021/07/14/aus-dem-sicheren-dunkel-der-anonymitaet/ (16.07.2021)

2 Siehe z.B. Manfred Gailus (Hg.) (2015) „Täter und Komplizen in Theologie und Kirchen 1933-1945“. Göttingen: Wallstein Verlag.

3 Zur Geschichte der Messias-Kapelle siehe https://www.landeskirchenarchivberlin.de/forum-fur-erinnerungskultur/forum-schwerpunkte-der-arbeit/arbeitsbereiche/christen-judischer-herkunft/gedenkort-messiaskapelle-2/ (16.07.2021)

4 Teile dieser Recherchen wurden hier veröffentlicht: Hildegard Frisius, Marianne Kälberer, Wolfgang Krogel, Gerlind Lachenicht und Frauke Lemmel (Hg.) (2008) „Evangelisch getauft, als Juden verfolgt“, Berlin: Wichern Verlag.

5 Zur Geschichte des Arbeitskreises Christen jüdischer Herkunft siehe https://www.landeskirchenarchivberlin.de/forum-fur-erinnerungskultur/forum-schwerpunkte-der-arbeit/arbeitsbereiche/christen-judischer-herkunft/ (16.07.2021)

16. Juli 2021 | Veröffentlicht von l.essers@campus.tu-berlin.de | 1 Kommentar »
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FOLGE der Spur des Geldes – die Kirchenbuchstelle Alt-Berlin und die Konsistorialpräsidenten Georg Rapmund und Walter Siebert

von Johan Wagner

Die Kirchenbuchstelle Alt-Berlin ist ein bedrückendes Kapitel in der Geschichte der evangelischen Kirche in Berlin. Kirchenmenschen legten hier eine „Fremdstämmigenkartei“ oder „Judenkartei“ an und meldeten „nicht-arische“ Christ:innen der Gestapo – in dieser Hinsicht war die Kirche dem Rassewahn verfallen wie andere Bereiche der „Volksgemeinschaft“. Lässt sich rekonstruieren, wer diese spezielle Kirchenbuchstelle 1936 in der kirchlichen Verwaltung über die Anweisung entsprechender Geldmittel möglich gemacht hat?

Die Gestapo hat ihre Akten zerstört, im Evangelischen Landeskirchlichen Archiv in Berlin (ELAB) haben sich etwa 2600 Karteikarten Verfolgter erhalten. 2008 gab es unter dem Titel „Evangelisch getauft, als Juden verfolgt“ Recherchen über diese dunkle Geschichte. Klar ist: Auch hier sind Verluste von Archivgut zu beklagen und viele aussagekräftige Unterlagen harren noch der Digitalisierung.[1]

Im ELAB und dem Evangelischen Zentralarchiv (EZA) legt Archivgut eine Spur bis in die heutige Zeit. Ein Schreiben des Berliner Stadtsynodalverbands vom Dezember 1936 lädt zur „Eröffnung der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin“. Der Berliner Stadtsynodalverband, ein wichtiger Verband von Kirchengemeinden, wurde überall in Berlin erst 1994 aufgelöst.

Einladung zur Eröffnung der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin, S. 1, aus EZA 7 / 13381

Konsistorialpräsident Georg Rapmund – ein Teilnehmer des Festakts?

Leider ist eine sicherlich ebenfalls verschickte Einladung in den konsistorialen Präsidialakten des ELAB bisher nicht aufgefunden worden. So lässt sich nur spekulieren, ob Konsistorialpräsident Georg Rapmund (1879-1937) teilnehmen konnte. Vielleicht ließ ihn seine Gesundheit im Stich. Sicher ist, dass es eine Spur des Geldes gibt, welches notwendig war für die Etablierung einer solchen „Gesamtaufgabe“[2]. Überliefert ist ein Lebenslauf, der ein kleines Biogramm eines Menschen mit Handlungsspielräumen für und wider Kirchenbuchstelle Alt-Berlin erlaubt:

 „[…] vom 4.2.1926 bis 28.1.1936 Oberkonsistorialrat beim Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin,
vom 29.1.1936 ab Konsistorialpräsident in Berlin.
Dazu 5 Kriegsjahre (1914, 1915, 1916, 1917, 1918) […]“

Die Kriegsjahre im I. Weltkrieg, die Georg Rapmunds Witwe angibt, sind sicherlich nicht unwichtig, auch Rapmunds Vorgänger war Kriegsteilnehmer; aus einem Witwenantrag in ELAB 105/222 [3].

Unter Berücksichtigung der Vorgänge um den tiefen Fall des Rapmund-Vorgängers Paul Walzer[4] kann man spätestens 1. März 1936 bis 2. Mai 1937 als offizielle Amtszeit Georg Rapmunds annehmen, wobei er sehr schnell schwer erkrankt zu sein scheint. Er wird dem „Aufbau der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin“ – wie der Vortrag des Pfarrers Karl Themel unter der Überschrift in Großbuchstaben „FOLGE!“ betitelt ist – nicht im Wege gestanden haben.

Walter Siebert – so Gott will, Deutscher Christ

Rapmunds Nachfolger Walter Siebert wird ebenfalls den antisemitischen, rassistischen Kurs der „Deutschen Christen“ mitverfolgt haben, auch er könnte bereits das „einfache Frühstück“ (siehe Bild unten) im Rahmen des Festakts genossen haben. Auch ein hochraniger Vertreter des Evangelischen Oberkirchenrats (EOK) wird anwesend gewesen sein. Der EOK war die übergeordnete Behörde des Konsistoriums in Berlin. Rapmund und Siebert hatten als juristische Leiter des Konsistoriums den EOK über sich[5]. Siebert schreibt bereits im September 1936 an den Präsidenten des EOK:

[…] Ich bin und bleibe, so Gott will, Deutscher Christ. […]

aus EZA 7 / P / 1312[6]

Fast schon tragisch ist die Tatsache, dass Siebert wiederum Ende 1938 nach einer aus einer internen Sitzung durchgestochenen Äußerung über nationalsozialistisch pöbelnde Sicherheitskräfte seinem Nachfolger Dr. Johannes Heinrich Platz machen musste, der nach Wippermann als Exponent der NS-Linie im Konsistorium zu zweifelhaftem Ruhm kommt[7]. Heinrich äußerte im Hinblick auf die Kirchenbuchstelle Alt-Berlin 1941: „[…] die Kirche habe Kirchenbücher im Interesse des Staates geführt und er empfände es als eine mäßige Forderung, diese nun dem Staat zum Fotokopieren zur Verfügung zu stellen.“[8]

Einladung Eröffnung der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin, S. 2, aus EZA 7 / 13381

Kirchliche Amtshilfe auserzählt – offene Fragen

Der kurze Blick auf die amtierenden Kirchenmänner 1936 bis 1938 zeigt, dass die Geschichte der kirchlichen Amtshilfe noch lange nicht auserzählt ist. Weitere Fragen lauten:

  • Lässt sich der historische Standort der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin im heutigen Stadtbild rekonstruieren?
  • Wie kann die Geschichte „Evangelisch getauft, als Juden verfolgt.“ mit modernen Datenbanken weiter nachverfolgt werden?
  • Warum haben viele der Christ:innen, die in der Shoah ermordet wurden, weil evangelische Täter:innen dazu beigetragen haben, noch nicht einmal einen Stolperstein, der an sie erinnert?[9]

[1] Kirchenbuchstellen für genealogische Forschungen gibt es auch heute noch. Bei der rassistischen, antisemitischen Kirchenbuchstelle Alt Berlin hat eine X-Student Research Group, gefördert von der Berlin University Alliance (BUA) angesetzt. Grundlage war Hildegard Frisius, Marianne Kälberer, Wolfgang Krogel u. A. (Hrsg.), Evangelisch getauft, als Juden verfolgt, Berlin (Wichern) 2008. Das Seminar wurde vom Zentrum für Antisemitismusforschung und dem ELAB sowie der Kirchenbuchportal GmbH unterstützt. Siehe https://blogs.hu-berlin.de/kircheimns/2021/04/05/kirchliche-amtshilfe-die-kirchenbuchstelle-alt-berlin-und-der-holocaust/ (letzter Besuch: 23.6.2021).

[2] Wolfgang Krogel weist auf die vermeintliche finanzielle Attraktivität des Unterfangens hin, zugleich bedurfte es mindestens erheblicher Anfangsinvestitionen in Personal, Räume, Material. Ohne Unterstützung der Leitungsebene des Konsistoriums waren diese undenkbar, wenn auch die „praktische Durchführung des Projekts“ ohne Aufsichts-Einbeziehung lief. Wolfgang Krogel, Kirchenbuchstelle Alt-Berlin – ein Hilfsorgan des NS-Staates, in: Hildegard Frisius, Marianne Kälberer, Wolfgang Krogel u. A. (Hrsg.), Evangelisch getauft, als Juden verfolgt, Berlin (Wichern) 2008, S. 298-361, hier 312.

[3] In einem Schreiben des Evangelischen Oberkirchenrats vom 7. Februar 1936 steht allerdings: „Der Landeskirchenausschuss hat in seiner Sitzung vom 29. Januar d. Js. Sie mit Wirkung vom 1. März d. Js. ab zum Konsistorialpräsidenten in Berlin ernannt […]“ (beide Quellen aus ELAB 105/222).

[4] Siehe: https://blogs.hu-berlin.de/kircheimns/2020/08/24/konsistorialpraesident-paul-walzer-symptomatisch-fuer-kirche-in-berlin-und-brandenburg-in-der-zeit-1934-und-danach/ (letzter Besuch 17.6.2021).

[5] Wolfgang Krogel, Normalität und Notstand. Pfarrerschaft, Juristen und protestantisches Milieu 1914 bis 1949 – Forschungsfragen zum Beitrag protestantischer Strömungen zum Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland, in Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins, 69. Folge, 2019, S. 117-130, hier S. 122.

[6] Der größere Kontext des Satzes lautet: „Ich habe vor der Öffentlichkeit meine deutsch-christliche Einstellung in meiner persönlichen Haltung nie verborgen und gedenke, es auch hinfort nicht zu tun. Ich bin und bleibe, so Gott will, Deutscher Christ. Ich habe aber diese meine persönliche kirchenpolitische Auffassung von meiner kirchenamtlichen Stellung nach bestem Gewissen so fern gehalten, daß ich meine beschworene Pflicht, als Beamter der Kirche die Gesetze zu achten und die Ordnung zu wahren, durch kirchenpolitische Einflüsse nicht beugen ließ. […]“ aus: EZA 7 / P / 1312.

[7] In seiner Personalakte findet sich unter dem Kopf „Herrmann Konsistorialrat“ (einfache Maschinenschrift) ein Bericht, in dem Walter Siebert angeschwärzt wird: „[…] Herr Oberkonsistorialrat Siebert schloss die Erörterung dieser Angelegenheit mit dem mit erhobener Stimme gemachten Ausruf: „Das [die pöbelnden (Polizei-)Offiziere, die ein Pfarrer wegen Ausfällen gegen einen französischen Bekannten angezeigt hat] sind Schurken! Das sind die wahren Landesverräter!“ aus: EZA 7 / P / 1312. Wippermann zu Konsistorialpräsident Dr. Johannes Heinrich in Wolfgang Wippermann, Kirche im Krieg, in Erich Schuppan (Hrsg.): Bekenntnis in Not – Kirchenkampf. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg im Konflikt mit dem totalen Staat (1933-1945), Berlin: Wichern (2000), S. 305-350, hier S. 325. Konsistorialpräsident Dr. Johannes Heinrich lag auf einer Linie mit der Verfolgungspolitik Karl Themels, siehe: https://blogs.hu-berlin.de/kircheimns/2021/04/09/verfolgtenpolitik-um-1940-seenotrettungspolitik-um-2020-dinge-ins-verhaeltnis-setzen/ (letzter Besuch 18.6.2021).

[8] zit. nach Wolfgang Krogel, Kirchenbuchstelle Alt-Berlin – ein Hilfsorgan des NS-Staates, in: Hildegard Frisius, Marianne Kälberer, Wolfgang Krogel u. A. (Hrsg.), Evangelisch getauft, als Juden verfolgt, Berlin (Wichern) 2008, S. 298-361, hier 338-339.

[9] So kann man die Deportations-Liste in der Publikation Gerlind Lachenicht: Liste der Deportierten aus der „Fremdstämmigen-Kartei“ in der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin, in: Hildegard Frisius, Marianne Kälberer, Wolfgang Krogel u. A. (Hrsg.), Evangelisch getauft, als Juden verfolgt, Berlin (Wichern) 2008,S. 362-373 und die Liste zu in der Messias-Kapelle ab 1933 getauften – https://www.landeskirchenarchivberlin.de/forum-fur-erinnerungskultur/forum-schwerpunkte-der-arbeit/arbeitsbereiche/christen-judischer-herkunft/ (letzter Besuch 1.7.2021) – mit der Datenbank unter www.stolpersteine-berlin.de (letzter Besuch 23.6.2021) abgleichen.

SFR – Selected Further Reading

  • Norbert Frei, 1945 und wir, München (C. H. Beck) 2005, fast schon ein Klassiker, wie nach 1945 mit der deutschen Geschichte Leerstellen weitergetragen wurden.
  • Aktives Museum e. V., Ausgeblendet. Der Umgang mit NS-Täterorten in West-Berlin, Berlin 2020. Katalogbroschüre zur pandemiebedingt leider bisher nur kurz begehbaren Ausstellung, die thematisiert wie Täterorte in Berlin „in Vergessenheit gerieten“.

Über den Autor

Dr. Johan Wagner ist Referent für Fördermittelrecht der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Er gehört zum Lehrbeauftragten-Pool des Instituts für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Forschungsinteressen und Arbeitsgebiete sind Europäische Integration, Pressegeschichte, europäische Beziehungen zur arabischen Welt, Wissenschaftsstrategie, konfessionelle Entwicklungen in Europa, europäische Konflikt- und Friedensgeschichte, siehe auch: https://www.clio-online.de/researcher/id/researcher-5652

15. Juli 2021 | Veröffentlicht von Johan Wagner | Kein Kommentar »
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AUS DEM SICHEREN DUNKEL DER ANONYMITÄT

Hildegard Ehrig – Porträt einer Mitarbeiterin der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin

von Victoria Klärner

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Nachweis der Anstellung Hildegard Ehrigs in der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin (ELAB 4/410)

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Die Geschichte orientiert sich an Namen. Jede Epoche und jedes Ereignis werden mit bestimmten Namen verbunden. Das gilt auch und vor allem für die Zeit des Nationalsozialismus. In diesem Fall stehen die Namen nicht nur stellvertretend für eine bestimmte Zeit, sondern auch für eine große, unüberschaubare Gruppe von Menschen, die nicht bekannt sind und aus diesem Grund für ihre Taten nicht belangt werden können. Nachweisbar sind meist nur die grausamsten Einzeltäter, die Schreibtischtäter hingegen bleiben oft namenlos. Dass deren Taten nicht weniger folgenschwer waren, zeigt das Beispiel der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin (KBS). Von 1935-1945 arbeiteten dort bis zu 33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter[1] daran, die konfessionellen Verwandtschaftsverhältnisse der Berliner Bevölkerung aufzuschlüsseln. Was auf den ersten Blick vielleicht noch belanglos scheint, erwies sich als maßgebliche Informationsquelle für die systematische Verfolgung der Juden. Durch die intensiven genealogischen Nachforschungen konnten die jüdisch-stämmigen Bürger identifiziert und so die Verfolgung derselben entscheidend vorangebracht werden. Durch ihre aktive Zuarbeit hat die Kirche eine wesentliche Beihilfe zur folgenden Ausgrenzung geleistet.

Initiiert wurde das Vorhaben nicht etwa von nationalsozialistischer Seite – obwohl 1935 eine entsprechende Stelle eingerichtet wurde[2] – sondern von der evangelischen Kirche. Um die „Nichtarier“ ausweisen zu können, musste eine Auswertung der Kirchenbücher erfolgen, wodurch die Kirche schlagartig integraler Bestandteil und wichtige Säule des Staates wurde. Da es staatliche Personenstandsregister erst seit Mitte der 1870er Jahre (Preußen) gab, waren die Kirchenbücher von besonderer Bedeutung. Diese reichten deutlich weiter zurück und waren somit eine einmalige, dem Staat eigentlich nicht zugängliche Quelle.

Festgehalten wurden die Namen der Betroffenen in s. g. „Juden-„ bzw. „Fremdstämmigenkarteien“, welche die Abstammung und Konfession zurückreichend bis zu den Großeltern beinhaltete. Für die Erstellung dieser Karteien war die KBS verantwortlich. Im Gegensatz zum Leiter derselben, dem Theologen Karl Themel[3], waren die Namen der Angestellten bis vor kurzem noch unbekannt. Durch einen Zufallsfund wurde eine Tabelle mit 33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entdeckt, die 1937 dort gearbeitet haben. Leider ist in der Liste jeweils nur der Nachname angegeben. Hier begann die Spurensuche.

Vom 24.4.1936 bis zum 1.6.1944 war ich bei der Berliner Stadtsynode. Dort war ich in der Abteilung „Kirchenbuchstelle Alt Berlin“ als sippenkundliche Sachbearbeiterin und im Büro tätig.[4]

Die Spuren führten zu Helene Frieda Minna Hildegard Ehrig, die hier in einem Lebenslauf aus dem Jahr 1947 ihre Tätigkeit beschreibt. Als exemplarisches Beispiel soll sie einen Einblick hinter die Kulissen gewähren. Wer war Hildegard Ehrig? Wusste oder ahnte sie zumindest, welche Folgen ihre Arbeit haben würde?

Um sich ein Bild von ihr machen zu können, lässt man sie am besten zunächst selbst zu Wort kommen.

Konfirmationsbild von Hildegard Ehrig (ELAB 4/410)

Ich, Hildegard Ehrig, geb. Gordes, bin am 3.9.1911 in Berlin geboren, als Tochter des Kaufmanns Alexander Gordes und seiner Ehefrau Frieda geb. Schierjott. Von 1917  ̶ 1926 besuchte ich die Volksschule und wurde am 24.3.1926 im Dom zu Berlin konfirmiert, wo ich auch von meinem vierten Lebensjahr an, den Kindergottesdienst besucht habe. Von Ostern 1926 bis zum Herbst 1927 besuchte ich die Kinderpflegerinnen Schule in Berlin Niederschönhausen und daran anschließend, dort und im Jugendheim Charlottenburg, den „Schulwissenschaftlichen Vorkursus“, ohne Fremdsprache, der mit einer Abschlussprüfung für die mittlere Reife vor dem Stadtschulamt im Herbst 1928 schloss. Durch Krankheit meiner Mutter blieb ich bis zum Mai 1931 zu Hause, um dann bis zum 21.12.1931 im Kinderhaus am Friedrichshain als Kinderpflegerin zu arbeiten. Durch meine Zugehörigkeit zum Burckhardthaus seit 1928 und meiner Mitgliedschaft zur Jugendschar der Domgemeinde entschloss ich mich, in der Domgemeinde der Gemeindeschwester in der Gemeindearbeit und besonders in der Arbeit an den Jungscharkindern zu helfen. Ferner nahm ich an verschiedenen Freizeiten und Rüsttagen vom Burckhardthaus teil.

Allein diese wenigen Zeilen reichen aus, dem zunächst konturlosen Namen ein Gesicht zu verleihen. Hildegard Ehrig scheint eine äußerst soziale und engagierte Person gewesen zu sein, die sich besonders für Kinder und Jugendliche einsetzte, sowohl beruflich als auch privat. Ebenso deutlich wird auch ihre Engagiertheit in der christlichen Gemeinschaft, die wohl in der Familie lag; der Vater war u. a. Helfer im Kindergottesdienst und auch die Mutter war in der Gemeinde aktiv. In einem Empfehlungsschreiben aus dem Jahr 1947 heißt es, Hildegard Ehrig wäre ein Mensch, „der persönlich fest im christlichen Glauben wurzelt. Ihr Elternhaus ist ein ausgesprochen christliches.“ Wie kommt nun ein Mensch, der die christlichen Gebote offensichtlich auch lebte, an eine solch menschenfeindliche Beschäftigung wie in der KBS? Die Antwort ist (leider): wir wissen es nicht. An dieser Stelle können nur Vermutungen aufgestellt werden; eine wäre, dass sie über ihre Gemeindearbeit an die Anstellung kam.[5]

Aus einem Zeugnis, das 1944 ausgestellt wurde, gehen ihre genauen Aufgaben in der KBS hervor:

Sie war zunächst bei der Verkartung der Berliner Kirchenbücher des 19. Jahrhunderts beschäftigt. Nach Einrichtung der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin am 12. Oktober 1936 wurde sie als Sachbearbeiterin beschäftigt. Als solche ermittelte sie Eintragungen in den Berliner Kirchenbüchern und auch in schwierigem Falle genealogische Zusammenhänge Berliner Sippen. Auch mit allen vorkommenden Arbeiten im Büro sowie in der Photokopierabteilung war sie zu unserer vollen Zufriedenheit tätig.

Sie hatte demnach nicht nur einfache Büroarbeiten zu erledigen, sondern war am eigentlichen Vorhaben aktiv beteiligt und das auch langfristig, immerhin war sie fast so lange angestellt, wie die KBS existierte. So konnte sie die Strukturen und damit auch die Ziele derselben sicherlich erkennen. Auch ein Teil ihres Privatlebens schien in der KBS stattgefunden zu haben, schließlich lernte sie dort ihren Mann Kurt Ehrig kennen; das Paar heiratete am 23.05.1942. Aufgrund ihrer Schwangerschaft schied sie kurz darauf aus dem Dienst aus, in ihrem Zeugnis wird sie folgendermaßen beschrieben:

Bei mündlich vorgetragenen Anträgen zeigte sie im Verkehr mit dem Publikum stets freundliches, hilfsbereites Wesen. Frau Ehrig war pünktlich, gewissenhaft und sorgfältig in ihrer Arbeit und bewies im Betrieb stets gute Kameradschaft.

Nachdem sie die Geburt ihres Sohnes Jürgen Kurt Gustav Alexander Ehrig und das Kriegsende nicht in Berlin erlebt hatte, kam sie nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes am 14.11.1945 dorthin zurück. Kurz darauf starb auch ihr Sohn.

Seit dem Juli 1946 bis jetzt nähte ich kunstgewerbliches Spielzeug. Da mich diese Arbeit aber nicht befriedigt, wurde mir von befreundeter Seite empfohlen, in die Gemeindearbeit zu gehen und als Religionslehrerin zu wirken. Hierfür habe ich große Freudigkeit, da es mir sehr wichtig ist, dass unsere Jugend von gottesfürchtigen Lehrern in  die heilige Schrift eingeführt wird.

Durch die Arbeit als Katechetin[6] konnte Hildegard Ehrig die Arbeit mit Kindern und ihren christlichen Glauben gekonnt miteinander vereinen. Im Jahr 1947 beendete sie ihre Ausbildung und arbeitete anschließend in zwei Weißenseer Grundschulen. Ganz am Ende ihres Lebenslaufs aus demselben Jahr finden sich die wohl interessantesten Zeilen der gesamten Akte:

Lebenslauf aus dem Jahr 1947 (ELAB 4/410)

Bemerken möchte ich noch, dass ich seit dem Herbst 1934 als aktives Mitglied der Bekennenden Kirche angehöre.

Diese Aussage macht das Bild, welches bis dahin von ihr entstanden ist, um einiges komplexer und auch interessanter. Und zugleich wirft es Fragen auf: Wie weit ging ihre Mitgliedschaft? Hat sie vielleicht im Kleinen das Vorhaben der KBS manipuliert? Oder war diese Angabe womöglich nur eine Schutzbehauptung, um sich nach dem Krieg – wie viele andere – als regimekritisch zu präsentieren? Anhand einiger Verweise in ihrem Lebenslauf können zumindest mögliche Beeinflussungen hinsichtlich der Bekennenden Kirche ausgemacht werden. Sie war in der Berliner Domgemeinschaft engagiert, wurde dort getauft, konfirmiert und besuchte den Kindergottesdienst. In dieser Zeit waren Bruno Doehring und Georg Burghart dort als Domprediger tätig; beide waren zwar keine Mitglieder der Bekennenden Kirche, jedoch standen sie zumindest deren Ideen nahe, Doering trat zudem offen regimekritisch auf. Während Ehrigs späteren Engagements im Burckhardthaus[7] war Otto Riethmüller der Leiter desselben und überdies Mitglied der Bekennenden Kirche. Hinzu kam, dass das Haus in Dahlem stand, bekanntermaßen der Wirkungskreis von Martin Niemöller. Ferner hielt sie sich 1933 längere Zeit im Haus von Walter Braun auf, um sich um dessen erkrankte Frau zu kümmern. Der spätere Generalsuperintendent schrieb ihr nicht nur eine Empfehlung für die Ausbildung zur Katechetin, sondern war auch regimekritisch eingestellt. Zuletzt sei noch die spätere Bekanntschaft zu Helga Krummacher erwähnt, der Frau des Generalsuperintendenten Friedrich-Wilhelm Krummacher, welcher wiederum eng mit Otto Dibelius bekannt war. Doch das sind nur Überlegungen zu möglichen Einflüssen, die Nähe Hildegard Ehrigs zu diesem Kreis ist nicht bekannt. Durch das Fehlen entsprechender Unterlagen bzw. Belege, auf die sich solche Mutmaßungen stützen könnten, kann die Frage nach ihrer Mitgliedschaft nicht geklärt werden und auch Vermutungen in diese Richtung – selbst angesichts möglicher Bekanntschaften – gingen zu weit und wären reine Spekulation.

Namen können entscheidend sein – das wurde deutlich. Nicht nur heute sind sie für die Erforschung der Vergangenheit von Bedeutung, auch aus zeitgenössischer Sicht waren sie essenziell. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es auf Seiten der Täter häufig nur Einzelpersonen, die angeklagt wurden; angesichts dieser grausamen Einzeltäter konnten die Schreibtischtäter nur allzu leicht in der Gruppe untergehen und verschwinden. [8] Mit diesem Porträt wurde der Versuch unternommen, jene aus dem sicheren Dunkel der Anonymität herauszuholen und somit auch die kleinen Räder im Getriebe in den Blick zu nehmen und ihrer Funktion in der Maschinerie nachzugehen. Denn ohne diese kleinen, vielleicht auf den ersten Blick unscheinbar wirkenden Teile, konnte das Ganze nicht funktionieren. So auch in der KBS; jeder trug seinen Teil zum Funktionieren derselben bei – und somit auch zur Verfolgung einer Minderheit.

Auf der Suche nach den Tätern in der Kirche fokussiert man sich zunächst fast zwangsläufig auf die Deutschen Christen, immerhin war die antisemitische Ideologie dort programmatisch. Die Überlegung hingegen, dass genauso auch in der Bekennenden Kirche Täter zu finden sind, erscheint angesichts des dafür fast synonym gebrauchten Begriffs des Widerstands womöglich paradox – doch das ist es nicht. Zum einen zeigt sich genau an dieser Stelle die erfolgreiche kirchliche Geschichtsschreibung, die eine solche Engführung bis heute proklamiert.[9] Zum anderen hat die Forschung wiederholt gezeigt, dass sich Bekennende Kirche und Nationalsozialismus, und damit auch eine christliche Gesinnung und menschenfeindliche Handlungen, keinesfalls widersprechen mussten. Genauso auch bei der Überlegung, ob eine Frau, die kurz nacheinander Mann und Sohn verliert, sich für Kinder und Jugendliche engagiert, Spielzeug näht und tief in ihrem christlichen Glauben verwurzelt ist, als Täterin angesehen werden kann; die Antwort ist: ja. Einfach, weil das eine das andere nicht ausschließt. Was aus heutiger Sicht ein Widerspruch zu sein scheint, konnte im zeitgenössischen Kontext durchaus möglich sein. Im Fall der Bekennenden Kirche sollten nicht von wenigen engagierten Einzelpersonen Rückschlüsse auf eine ganze Gruppe gezogen werden. Die Gruppierung bewegte sich vielmehr zwischen Zustimmung, Kollaboration und vereinzeltem Widerstand. Wo Hildegard Ehrig ihren Platz in dieser Konstellation einnehmen würde, wäre durchaus interessant, bleibt aber vermutlich im Schatten der Vergangenheit verborgen. Vielleicht hat sie sich widersetzt, vielleicht hat sie nicht verstanden, wozu das alles führen wird, oder vielleicht handelte sie auch aus Überzeugung und versuchte diese später durch eine Schutzhandlung zu verbergen, wir wissen es nicht. Doch was wir wissen ist, dass sie einen Teil zur späteren Geschichte beigetragen hat.[10] Und um mit den Worten Hannah Arendts zu schließen: Niemand hat das Recht zu gehorchen.


Literaturempfehlungen zur Kirchenbuchstelle Alt-Berlin und zur Kirche im Nationalsozialismus:

Gailus, Manfred: Kirchliche Amtshilfe. Die Kirche und die Judenverfolgung im »Dritten Reich«, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008.

Gailus, Manfred: Bruderkampf im eigenen Haus: Die evangelischen Pfarrer in Berlin und der  Nationalsozialismus, in: Kirchliche Zeitgeschichte (2000), Vol. 13/1, Katholizismus und Protestantismus während der NS-Diktatur und in der Nachkriegszeit, S. 20-44.

Krogel, Wolfgang G.; Lachenicht, Gerlind u. a. (Hrsg.): Evangelisch getauft – als Juden verfolgt. Spurensuche Berliner Kirchengemeinden, Wichern 2008.

Lachenicht, Gerlind u. a. (Hrsg.): Der Stern im Taufbecken. Berliner Christen jüdischer Herkunft und Evangelische Kirche im Nationalsozialismus, Evang. Landeskirchl. Archiv in Berlin (2013).

Sandvoss, Hans-Rainer: »Es wird gebeten, die Gottesdienste zu überwachen…«. Religionsgemeinschaften in Berlin zwischen Anpassung, Selbstbehauptung und Widerstand von 1933 bis 1945, Berlin 2014.

Interessante (Online)-Ausstellungen und weiterführende Informationen zum Thema

Neue Anfänge nach 1945? Wie die Landeskirchen Nordelbiens mit ihrer NS-Vergangenheit umgingen, Eine Wanderausstellung der Nordkirche 2016 – 2019, online verfügbar unter https://www.nordkirche-nach45.de/.

Unterwegs zur mündigen Gemeinde – Die Evangelische Kirche im Nationalsozialismus am Beispiel der Gemeinde Dahlem (Martin-Niemöller-Haus Berlin-Dahlem), Ausstellung online verfügbar unter https://www.friedenszentrum-martin-niemoeller-haus.de/ausstellung/.

Widerstand aus christlichem Glauben, Informationen und Dokumente der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, online verfügbar unter https://www.gdw-berlin.de/home/.

Widerstand!? Evangelische Christinnen und Christen im Nationalsozialismus (Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte), interaktive Ausstellung online verfügbar unter https://de.evangelischer-widerstand.de/#/.


[1] Gemeint sind 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Tabelle angeführt werden, und der Leiter Karl Themel. Im Laufe der Recherche konnten noch zwei weitere Mitarbeiterinnen identifiziert werden.

[2] Die Reichsstelle für Sippenforschung (später Reichssippenamt) wurde 1935 gegründet und beschäftigte sich hauptsächlich mit der Erstellung von Ariernachweisen. Letztere mussten im Rahmen des Berufsbeamtengesetzes vom April 1933 für bestimmte Berufe erbracht werden. Um den Beruf weiter ausüben zu können, musste die „arische“ Herkunft urkundlich durch einen Abstammungsnachweis belegt werden. (Vgl. https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/N36YVVRG6K7MXKJKFQKRWCSBEN CBAH2P)

[3] Karl Themel (1890-1973) war Theologe, evangelischer Pfarrer und ab 1932 Mitglied der NSDAP. Zudem war er Mitbegründer und gehörte zum engsten Führungskreis der Deutschen Christen. Er initiierte die Kirchenbuchstelle Alt-Berlin auf eigenes Bestreben und bekleidete hochrangige Kirchenämter. Nach 1945 war er weiterhin als Pfarrer tätig und wurde mit Aufgaben im Archiv- und Kirchenbuchwesen der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg (West-Berlin) betraut. (Vgl. Gailus, Manfred: Themel, Karl, in: Handbuch des Antisemitismus. Band 2: Personen, hrsg. v. Wolfgang Benz, Berlin u. a. 2009, S. 826f.)

[4] Alle hier angeführten Zitate und Bilder entstammen der Personalakte, welche im Evangelischen Landesarchiv Berlin unter der Signatur ELAB 4/410 zu finden ist. Darin befinden sich: Personalbogen, Fragebogen, handschriftlicher Lebenslauf 1947, Bescheinigung, handschriftlicher Lebenslauf 1948, Katecheten-Prüfung, Zeugnis über die Prüfung für das katechetische Lehramt, Bescheinigung, Zeugnis und drei Fotografien.

[5] In einem Dokument, das von Karl Themel im Jahr 1947 verfasst wurde, geht er auf die personelle Struktur der KBS genauer ein. „Während der Herstellung der Karteien 1936 wurden im Ganzen etwa 250 Personen als Zeitangestellte vom Stadtsynodalverband eingestellt und beschäftigt, der auch Tarifverträge abschloss. Sie rekrutierten sich meist aus den Kirchengemeinden, deren Kirchenbücher angegeben und verkastet waren. […] Vor Aufnahme der Arbeit der Kirchenbuchstelle im Herbst 1936 wurden aus den Verkartern die geeigneten Personen für das Stammpersonal von mir und Baer ausgesucht und vom Stadtsynodalverband als Dauerangestellte übernommen.“ (ELAB 1/1238)

[6] Katechetinnen und Katecheten unterrichteten Religion, vor allem an Grundschulen.

[7] Das Burckhardthaus war eine Einrichtung der Evangelischen Kirche in Berlin-Dahlem, die ab 1893 bestand und nach ihrem Gründer benannt wurde. Im Mittelpunkt stand das Engagement für Kinder, Jugendliche und vor allem für (junge) Frauen.

[8] Vgl. dazu: Paul, Gerhard: Von Psychopathen, Technokraten des Terrors und ganz gewöhnlichen Deutschen. Die Täter der Shoah im Spiegel der Forschung, in: Die Täter der Shoah. Fanatische Nationalsozialisten oder ganz normale Deutsche?, hrsg. von ders., Göttingen 2002, S. 13-90.

[9] Nach 1945 betrieb die Kirche ihre eigene Geschichtsschreibung (Arbeitsgemeinschaft für die Geschichte des Kirchenkampfes), übernahm so die Deutungshoheit über ihre eigene Rolle und schrieb die „Kirchenkampf“-Mythen fort, sodass sie sich in einem insgesamt positiven Licht darstellen konnte. Damit war sie durchaus erfolgreich, für viele Nachgeborenen war diese Haltung handlungsprägend und ist es mitunter auch heute noch. Die BK-Führungspersonen genossen lange Zeit einen hohen Stellenwert, der erst heute in Frage gestellt wird und zu heftigen Kontroversen und auch Generationskonflikten führt. (Vgl. u.a. Gailus, Manfred: Bruderkampf im eigenen Haus: Die evangelischen Pfarrer in Berlin und der Nationalsozialismus, in: Kirchliche Zeitgeschichte (2000), Vol. 13/1, Katholizismus und Protestantismus während der NS-Diktatur und in der Nachkriegszeit, S. 20-44; Sandvoss, Hans-Rainer: »Es wird gebeten, die Gottesdienste zu überwachen…«. Religionsgemeinschaften in Berlin zwischen Anpassung, Selbstbehauptung und Widerstand von 1933 bis 1945, Berlin 2014.)

[10] Ehrigs Beschäftigung in der KBS erscheint wie eine Zäsur oder ein Fremdkörper in ihrem Lebenslauf; vor und nach ihrer Anstellung arbeite sie mit Kindern und engagiert sich in der Kirche. Sie steht so symbolisch für viele Karrieren und Kontinuitäten in der Kirche, die im NS in das System integriert waren, davor und danach aber normalen Beschäftigungen nachgingen.

iii

14. Juli 2021 | Veröffentlicht von Victoria Klärner | Kein Kommentar »
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Erinnerungskultur und Public History – Interview-Podcast

von Sophia Lamprecht und Shirin Sommer

Zwei Studentinnen im Q-Team des Sommersemesters 2020 haben sich mit vor allem pädagogischen Fragen zum Thema Kirche in Berlin und Brandenburg 1914 bis 1949 gestellt. Fragen im Vorfeld des hier veröffentlichten Interview-Podcasts waren:

  • Wie vermittelt man Funktionen von Kirche und Glauben, wie Erinnerung, Umgang mit eigener oder vergangener Schuld, Versöhnung an junge Menschen?
  • Was ist die Rolle von Symbolen und Bauwerken im Bereich Public History und Erinnerungskultur?
  • Wie leitet man eine Reise in die Vergangenheiten gut und spannend an, ohne zu sehr zu vereinfachen oder sich zu verzetteln?

Erster Podcast der Reihe ist ein Interview mit Frau Hana Hlásková, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektsteuerin der Bildungsarbeit der Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Das nicht nur, aber auch erinnerungskulturelle Projekt ist umstritten, Kritiker:innen haben beispielsweise einen Internet-Lernort über die Geschichte des Bauwerks und die Debatten darüber gestartet:

http://lernort-garnisonkirche.de

Aus Sicht der Initiator:innen stellt sich die Zielrichtung naturgemäß anders da als von Kirtiker:innen eingeschätzt, hilfreich sind in dieser Hinsicht die „Leitgedanken“ der Stiftung Garnisonkirche:

https://garnisonkirche-potsdam.de/das-projekt/leitgedanken/

Interessant aus Sicht des Q-Team-Themas ist die Online-Ausstellung von 1918-1945:

https://wissen.garnisonkirche.de/online-ausstellung/1918-1945/

Beispiel Garnisonkirche: Hana Hlásková, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektsteuerin der Bildungsarbeit der Stiftung Garnisonkirche Potsdam, das Gespräch wurde im Corona-Sommer 2020 per Video-Konferenz geführt. Daher ist die Tonqualität nicht optimal. Einige Aspekte des Themas haben sich Stand 2021 bereits deutlich weiterentwickelt.

Interview mit Hana Hlásková – Teil 1
Interview mit Hana Hlásková – Teil 2

„Trauer, Ehrung und Schuld“ – Gedächtnismale für Opfer der NS-Diktatur und des 2. Weltkrieges in Berliner evangelischen Kirchengemeinden

von Lisa Wodinski und Margot Desplanches

Für eine Online-Ausstellung über das Tool StoryMap wurden 42 Gedächtnismale ermittelt, die von Berliner evangelischen Kirchengemeinden aufgehängt bzw. errichtet wurden und die den Opfern des 2. Weltkrieges und der NS-Diktatur gewidmet sind.

Neun Gedächtnismale werden in der Online-Ausstellung exemplarisch vorgestellt. Sie zeugen von Trauer um im 2. Weltkrieg gefallene Angehörige oder andere Opfer der NS-Zeit, Ehrung besonderer Persönlichkeiten des Widerstands und Bekenntnissen zu Schuld, die die Kirche auf sich geladen hat.

Die Online-Ausstellung soll zeigen, wie vielfältig sich das Gedenken in evangelischen Gemeinden Berlins gestaltet, und einen interdisziplinären Denkanstoß darstellen. Sie wurde von einer Theologie- und einer Geschichtsstudentin als interdisziplinäres Projekt erstellt. Vorrangiges Ziel ist es, einen ersten Überblick über Gedächtnismale der Nachkriegszeit in Berliner evangelischen Kirchengemeinden zu geben und damit zum Weiterdenken anzuregen.

Update Oktober 2021:

Unsere Online-Ausstellung findet auch Erwähnung auf der Seite der Gemeinde Schlachtensee, der Erinnerungskultur in der EKBO und des Ausbildungsportals für den ordinierten Dienst in der EKBO. Auch im Gemeindebrief der Luisenkirche findet sich ein Artikel.

25. April 2021 | Veröffentlicht von Lisa Wodinski | Kein Kommentar »
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Verfolgtenpolitik um 1940 – Seenotrettungspolitik um 2020: Dinge ins Verhältnis setzen

von Jan Mävers und Johan Wagner

Dieser Beitrag fragt nach einem historisches Verhältnis: Wie hat sich Kirche in Berlin und Brandenburg um 1940 zur Verfolgung von Menschen unter dem NS-Regime geäußert und wie ist um 2020 die Haltung zur Seenotrettungspolitik der Europäischen Union[a]?

Foto: Johan Wagner unter Nutzung von Material von „United4Rescue – Gemeinsam Retten“ [b], Bearbeitung: Lea Maußer

Wir betrachten in diesem Blogbeitrag zwei unterschiedliche Beispiele:

  1. Die nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Erklärungen des Konsistorialpräsidenten Dr. Johannes Heinrich, die im Rahmen einer dienstrechtlichen Auseinandersetzung 1941 erfolgt sind.
  2. Die Auseinandersetzungen um einen Artikel des Pfarrers Dr. Matthias Dreher, der im Jahr 2020 in einem quasi-internen Pfarrerblatt der bayrischen Landeskirche erschien.

Worum geht es im „Fall Dreher“?

Im Kern geht es um die Zwei-Reiche/Regimente-Lehre, die auf Luther zurückzuführen ist, obwohl er selbst diesen Begriff nie genutzt hat. Vielmehr hat er mit seinen Äußerungen zu den beiden Reichen auf aktuelle Probleme reagiert. Zu einer „Lehre“ wurden sie erst später.

Versuch einer Chronologie des Falls Dreher (c) Jan Mävers

Deutlich wird das auch an folgenden Passagen aus den beiden Veröffentlichungen im Korrespondenzblatt des bayerischen Pfarrvereins:

„Im Zuge der Zwei-Reiche-Lehre, die operative Struktur-Politik dem Staat überlässt, kann ein Christenmensch, soweit er nicht wie der Samariter einen Sterbenden vor sich sieht, Verantwortung vernachlässigende Migranten ertrinken lassen. Das ist nicht zynisch, sondern traurig und ärgerlich und kontinuierlich systemisch zu verringern, aber es ist eben auch ein Kennzeichen der gefallenen Welt. Nur wer den Bau des Reiches Gottes nicht Gott überlassen kann, sondern es selbst bewerkstelligen muss, wird weiter unverantwortlich mit Rettungsschiffen mehr Migranten aufs Wasser ziehen.“

Dr. Matthias Dreher, Korrespondezblatt Nr. 10/2020, S. 199. (Hrsg.: Pfarrer- und Pfarrerinnenverein in der ev.-luth. Kirche in Bayern).[c]

„Kirche, auch protestantische Kirche in lutherischer Tradition, hat einen öffentlichen Auftrag, gerade in Anlehnung an die wichtige Denkfigur der „Zwei-Regimenten-Lehre“, die in der „Mandaten-Lehre“ Dietrich Bonhoeffers, aber auch in international-ökumenischen Verlautbarungen fruchtbar aufgenommen worden ist. Luther hat wesentlich situationsbezogener argumentiert als dies die Zwei- Reiche- oder Zwei-Regimenten-Lehre abbildet, die zudem wegen der daraus resultierenden (obrigkeits-) staatsstützenden Funktion der Kirche ein umstrittenes Erbe lutherischer Tradition ist. Doch können die damaligen Grundaussagen für das heute grundlegend veränderte Staats-, Gesellschafts- und Religions-Bild fruchtbar gemacht werden.“

Ulrich Eckert, Korrespondenzblatt Nr. 7/2020, S. 136. (Hrsg.: Pfarrer- und Pfarrerinnenverein in der ev.-luth. Kirche in Bayern.

„Wesentlich ist, dass einzelne Christenmenschen, aber auch die Kirche innerhalb ihrer Gesellschaft zu aktivem Zeugnis des Evangeliums aufgerufen sind. Luther betont in der „Freiheitsschrift“, dass ein Christenmensch angesichts des Unrechts, das andere erleiden, in Wort und Tat zu agieren hat, inkl. eventueller Konsequenzen für Leib und Leben. Somit hat er auch der ebenfalls durch Gott autorisierten weltlichen Macht (vgl. CA 16) ggf. Widerstand zu leisten, wenn diese ihrer Aufgabe nicht nachkommt, Böses zu ahnden oder im Zaum zu halten. Dies gilt m. E. auch für die Kirche.“

Ulrich Eckert, ebd.

Zwei-Reiche- und Regimente-Lehre (ZRRL) ganz kurz erklärt

Luther meint: Seit dem Kommen Jesu gibt es zwei Reiche. In einem (dem geistlichen) herrscht bereits das Evangelium, im anderem (dem weltlichen) noch die Sünde. Gott hat nun die Obrigkeit und Ordnungen eingeführt, um die Welt vor der Zerstörung durch das Böse zu bewahren. Christen müssen sich dem Gesetz anpassen, sollen dabei aber die gute Nachricht bezeugen und dadurch anderen helfen, ebenfalls Bürger des Reiches Gottes zu werden. Umgekehrt soll die weltliche Macht nicht in das Amt der Kirche eingreifen.[d]

In der Geschichte wurde diese ZRRL nun immer wieder unterschiedlich ausgelegt. Die Deutschen Christen z.B. legten sie so aus, dass der NS-Staat die von Gott eingesetzte Ordnung sei und deshalb den totalen Anspruch auf den Menschen erheben könne.

Karl Barth wiederum geht davon aus, dass es einen wahren, vollkommenen, himmlischen Staat gibt, der auf den unvollkommenen, irdischen Staat ausstrahlt. Menschliches Recht müsse sich deshalb an göttlichem Recht orientieren. Kirche sei folglich politisch, weil sie versucht, den irdischen Staat im Sinne des himmlischen Staates umzugestalten.

Worum geht es Dr. Johannes Heinrich?

Passbild Konsistorialpräsident Dr. Johannes Heinrich
Arbeitskopie eines Bildes von Dr. Johannes Heinrich, Bildquelle: Archiv für Diakonie und Entwicklung, Berlin (ADE. BA/CA 1711). Eine Weitergabe an Dritte ist nicht gestattet.

Dr. Johannes Heinrich, Konsistorialpräsident von 1938 bis 1945 in Berlin und Brandenburg (Lebensdaten: 15.7.1895 bis 20.7.1945) äußert sich intern im Rahmen einer dienstrechtlichen Auseinandersetzung gegenüber der übergeordneten Kirchenbehörde, dem Evangelischen Oberkirchenrat. In seinem „Verteidigungsbrief“ aus dem Jahre 1941 gegen Gerüchte, er habe Informationen aus kircheninternen Gremien an NS-Organe verraten, heißt es:

„Vor Übernahme der Behörde im Jahre 1938 bin ich im Evang.Oberkirchenrat und Kirchenministerium mit aller Deutlichkeit auf die unerfreulichen Verhältnisse in der Behörde hingewiesen worden. Das Berliner Konsistorium wäre geradezu als ein „Abstellbahnhof“ benutzt worden und setze sich zu einem großen Anteil aus kirchenpolitisch und politisch an anderen Stellen untragbaren Theologen und Juristen zusammen. Ich sollte – gestützt auf meine verwaltungsmäßigen Erfahrungen aus meiner Sanierungs- und Reorganisationsarbeit für die Innere Mission – alles daran setzen, um die Behörde in Ordnung zu bringen und sie – so wurde mir auch bei der Einführung ausdrücklich gesagt – im nationalsozialistischen Geiste (!) zu führen.“

Brief Konsistorialpräsident Dr. Johannes Heinrich an Vizepräsident D. Ernst Loycke, 29. November 1941, EZA 7 /11044, S. 9.[e]

Ist die protestantische Organisationsform mit einem traditionellen dienstrechtlichen Gewicht von Kirchenjuristen besonders anfällig für eine Orientierung an vorherrschenden politischen Überzeugungen, wie Sie im Staatsdienst oder im Mainstream der Gesellschaft der jeweiligen Zeit üblich sind?

Ausriss Brief Konsistorialpräsident Dr. Johannes Heinrich an Vizepräsident D. Ernst Loycke, 20. November 1941, EZA 7 /11044, S. 9.

Auf das Heute angewandt, könnte man, mit Heinrich im Geiste, fragen: Ist das Beispiel von der NSDAP-Parteipolitik eines Dr. Johannes Heinrich ins Verhältnis zu setzen zu einem aus konservativen Kreisen heute oft gehörten Vorwurf: Die evangelische Kirche sei in ihren Hierarchien in eine parteipolitisch grüne, sozialdemokratisch-linke Linie eingeschwenkt und entferne sich damit vom eigentlichen Auftrag, die frohe Botschaft zu verkünden. Eben um z. B. Seenotrettungs-Kampagnen zu unterstützen.

Im oben genannten Brief heißt es beispielsweise:

„[Ich] will hier allerdings unbeachtet lassen, daß sich einige Herren Tehologen [sic] im Evang.Oberkirchenrat hin und wieder der einen oder anderen unfreundlichen Zuträgerei gegen mich aus meiner eigenen Behörde oder von außen zugänglich gezeigt haben. Dies trat stärker hinsichtlich der Angriffe der Bruderratsorganisationen gegen mich wegen der disziplinaren Behandlung der VKL-Mitglieder [VKL = „Vorläufige Kirchenleitung“ der Bekennenden Kirche] aus Anlaß ihrer Haltung gelegentlich der ersten Tscheschenkrise [sic] im Herbst 1938 zutage (Gebetsordnung der VKL aus Anlaß des bevorstehenden Kriegsausbruchs).“

Brief Konsistorialpräsident Dr. Johannes Heinrich an Vizepräsident D. Ernst Loycke, 20. November 1941, EZA 7 /11044, S. 10.

Zwei Fälle ins Verhältnis setzen

Diese Gegenüberstellung soll nicht verhehlen, dass es oft fehl am Platze erscheint, historische Bilder zu bemühen.[f] Ist die NS-Zeit nicht zu weit enfernt von unseren heutigen Lebensrealitäten, um dem Studium damaliger Verhaltensweisen und mentaler Rahmen etwas für das heutige Staat-Kirche-Verhältnis abzugewinnen? Es ist klar, dass im aktuellen „Fall Dreher“ keinerlei existentielle Folgen abweichender Meinung im Raume standen wie in gänzlich anderen Kontexten 1933 bis 1945.

Gleichzeitig sagen beide Vorgänge etwas über unsere heutigen Fragen von christlicher Verantwortung für ein politisches Gemeinwesen aus. Wir bewegen uns mit all unserem historischen Ballast und auch überlieferten Weisheiten in einem Spannungsfeld. Kirche und Staat waren und sind keine frei flottierenden Systeme, sondern stehen gerade im Fall Deutschlands in einem komplizierten Austausch miteinander.

Fragen, die es zu diskutieren lohnt

  • Ist ein theologischer Streit über die konkreten Auswirkungen der Zwei-Reiche- und Regimente-Lehre (ZRRL) legitim?
  • Welche Folgen haben die einzelnen Deutungen in praktischer Weise, jeweils in ihrer Zeit?
  • Wie geht „die Kirche“ mit jemandem um, d* eine andere Meinung als die h.M. einnimmt?
  • Wie aktiv hat sich Kirche im „Dritten Reich“ an weltlicher Politik beteiligt?[g]

[a] Ein Thema, bei dem man ethisch argumentieren kann, dass die Menschenrechte für Christenmenschen der Maßstab der Beurteilung sind, vgl. Wolfgang Huber, Ethik. Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod. München: C. H. Beck, 2013, S. 117 ff. Huber gibt zu bedenken, dass das Verhältnis zwischen „Nächstenethik“ und „Fernstenethik“ ein kontroverser Bereich in der Reflexion menschlicher Lebensführung ist. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz bekennt sich zu der Seenotrettungs-Aktion, die im weiteren Beitrag genannt wird. Gleichzeitig wird auf der entsprechenden Internetseite Verständnis für Kritik an der Aktion thematisiert. https://www.ekbo.de/themen/kirche-politik/seenotrettung.html (zuletzt aufgerufen: 15.2.2021).

[b] https://www.united4rescue.com (zuletzt aufgerufen: 15.2.2021). Die SeaWatch 4 wurde zu großen Teilen vom Bündnis „United4Rescue – Gemeinsam Retten“ finanziert, das maßgeblich durch die evangelische Kirche gegründet wurde (über einen rechtlich unabhängigen Trägerverein „Gemeinsam retten e. V.“, der auch von diesem Q-Team-Projekt unterstützt wird. Betrieben wird das Schiff allerdings vom Verein SeaWatch, unterstützt auch durch Spenden des Bündnisses. Betreibt Kirche also wirklich Seenotrettung? Und wie ist eine solche Haltung zu bewerten?

[c] Die hier zitierten Ausgaben des Korrespondenzblattes finden sich als PDF online: Ausgabe 10/2020 –> https://www.pfarrverein-bayern.de/system/files/dateien/kblatt-2010.pdf; Ausgabe 7/2020 –> https://www.pfarrverein-bayern.de/system/files/dateien/kblatt-2007.pdf (zuletzt aufgerufen: 15.2.2021)

[d] https://relilex.de/Zwei-Reiche-Lehre/ (zuletzt aufgerufen: 23.3.2021)

[e] Ev. Zentralarchiv 7/11044. Dies ist auch die Quelle für die weiteren Ausführungen zu Dr. Johannes Heinrich in diesem Beitrag

[f] So etwa der Befund, selbst für „Anspielungen“ auf die Herausforderungen in der aktuellen Migrationspolitik biete die Flüchtlingsfrage in Deutschland nach 1945 keinerlei strukturelle Voraussetzung https://zeitgeschichte-online.de/themen/die-fluechtlingsfrage-deutschland-nach-1945-und-heute (zuletzt aufgerufen: 1.2.2021).

[g] Dies sind Fragen, die in beiden Q-Teams (Sommersemester 2020 und Wintersemester 2020/21) diskutiert wurden. Zum Q-Team siehe in diesem Blog https://blogs.hu-berlin.de/kircheimns/q-team/ (zuletzt aufgerufen: 15.2.2021). Studierende und Dozierende gleichermaßen sind sich einig, dass es wichtig ist, weiterhin Fragen zu formulieren. So lohnt sich die Frage, was kirchliche „Gedächtnismale“ uns zeigen können? Sind sie wichtige Erinnerungsorte (lieux de mémoire)? https://blogs.hu-berlin.de/kircheimns/2021/04/25/trauer-ehrung-und-schuld-gedaechtnismale-fuer-opfer-der-ns-diktatur-und-des-2-weltkrieges-in-berliner-evangelischen-kirchengemeinden/ (zuletzt aufgerufen: 28.4.2021) Auch der erste Konsistorialpräsident, der in der NS-Zeit in Berlin das Ruder übernahm, war ein Beispiel für die Verstrickung von Kirchenpersonal in nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“ https://blogs.hu-berlin.de/kircheimns/2020/08/24/konsistorialpraesident-paul-walzer-symptomatisch-fuer-kirche-in-berlin-und-brandenburg-in-der-zeit-1934-und-danach/ (zuletzt aufgerufen: 15.2.2021)


SFR – Selected Further Reading

  • Rainer Bookhagen, Die evangelische Kinderpflege und die Innere Mission in der Zeit des Nationalsozialismus. Mobilmachung der Gemeinden, Bd. 1: 1933 bis 1937 (Arbeiten zur kirchlichen Zeitgeschichte, Serie B, Bd. 29), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998 (Digitalisat verfügbar unter: https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00046528_00001.html, zuletzt aufgerufen: 26.4.2021) – Monographie über einen Teil der Diakoniegeschichte im Nationalsozialismus, in dem die Vorgeschichte von Dr. Johannes Heinrich als Schatzmeister des Central-Ausschusses für die Innere Mission der Deutschen Evangelischen Kirche skizziert wird; so seine Erlangung der Position auf ausdrücklichen Wunsch des Reichskanzlers Heinrich Brüning, der als nationalkonservativer Katholik zeitweise eine Einbindung der Nationalsozialisten in seine Politik befürwortete.
  • Evangelischer Pressedienst (Hrsg.), An Bord. Die erste Mission der „Sea-Watch 4“. powered by United4Rescue. Fotografien von Thomas Lohnes, Frankfurt a. M. 2020, als PDF verfügbar: www.united4rescue.com/download/U4R_Fotobuch_An_Bord_Die_erste_Mission_der_Sea-Watch_4_powered_by_United4Rescue.pdf (zuletzt aufgerufen: 23.3.2021) – Bildband, der sich um ein „realistisches Bild“ bemüht und „in gewisser Weise das andere Europa, eines der Solidarität und Humanität“ zeigt (Zitate aus dem Vorwort von „United4Rescue – Gemeinsam Retten“).
  • Katrin Hatzinger, Mehr als ein kritischer Gegenüber. Zur Rolle der evangelischen Kirche auf europäischer Ebene, in: Roland Herpich, Patrick R. Schnabel, Andreas Goetze (Hrsg.), Religion. Macht. Politik. Wie viel Religion verträgt der Staat? Berlin: Wichern, 2015, S. 208-226 – Aufsatz, der die unter anderem kirchliche „Advocacy“ im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik als Beispiel für kritische Begleitung von EU-Politikfeldern unter die Lupe nimmt.
  • Katharina Körting, Die Liquidierung der Vergangenheit. Wie sich die evangelische Kirche auf den Grundlagen ihres Versagens restaurierte, Vechta: Geest-Verlag, 2021 – Persönlicher Essay, der sehr kritisch die erinnerungskulturellen blinden Flecken nachweist und immer wieder die Brücke in Herausforderungen der Gegenwart schlägt.
  • Christiane Kuller und Thomas Mittmann, „Kirchenkampf“ und „Societas perfecta“. Die christlichen Kirchen und ihre NS-Vergangenheit, in: Zeitgeschichte-online, Dezember 2014, URL: https://zeitgeschichte-online.de/themen/kirchenkampf-und-societas-perfecta (zuletzt aufgerufen: 26.4.2021) – Überblicksartikel, der ebenfalls ein Verhältnis eröffnet: das zwischen evangelischer und katholischer „Auftragsforschung“ zur eigenen NS-Geschichte.
  • Nadja Schlüter, Raphael Weiss, Federico Delfrati, u. a., Ein Jahr, acht Schiffe, mehr als 3500 gerettete Menschen, Online-Projekt von sueddeutsche.de/jetzt.de: https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/politik/seenotrettung-im-mittelmeer-2020-die-bilanz-e670960 (zuletzt aufgerufen: 26.4.2021) – Digitalprojekt, in dem bezeichnenderweise die vornehmliche auf kirchliche Initiative hinter dem 2020 erstmals eingesetzten Rettungsschiff „Sea-Watch 4“ nicht thematisiert wird.

Über die Autoren

Jan Mävers, Evangelischer Religions- und Gemeindepädagoge M.A., ist Vikar in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Im Rahmen seines Sondervikariats in der Dienststelle des Länderbeauftragten für die Länder Berlin und Brandenburg befasste er sich mit der politischen Rolle der Kirche – heute und in der Vergangenheit.

Dr. Johan Wagner ist Referent für Fördermittelrecht der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Er gehört zum Lehrbeauftragten-Pool des Instituts für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Forschungsinteressen und Arbeitsgebiete sind Europäische Integration, Pressegeschichte, europäische Beziehungen zur arabischen Welt, Wissenschaftsstrategie, konfessionelle Entwicklungen in Europa, europäische Konflikt- und Friedensgeschichte, siehe auch: https://www.clio-online.de/researcher/id/researcher-5652

Transparenzhinweis: Seit der Gründung des Bündnisses „United4Rescue – Gemeinsam Retten“ im Dezember 2019 ist Jan Mävers dort Fördermitglied. Im Zuge der Diskussionen in den Q-Teams ist auch das Q-Team-Projekt dort Mitglied geworden.

Update 5/2023: Ergänzung Arbeitskopie Bild Konsistorialpräsident Dr. Johannes Heinrich.

9. April 2021 | Veröffentlicht von jan.maevers@gemeinsam.ekbo.de | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Allgemein

„Kirchliche Amtshilfe? Die Kirchenbuchstelle Alt-Berlin und der Holocaust“

Ab Mitte April 2021 geht ein neues Projekt an den Start, welches auf den Projekten der Q-Team-Seminare aufbaut: eine X-Student Research Group, gefördert von der Berlin University Alliance (BUA).

Leiter: Philipp Dinkelaker, Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische Universität Berlin, Johannes Kellner & Dr. Johan Wagner, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Studiengruppe Geschichtswissenschaft.

Institutionelle Anbindung der X-Student Research Group: Zentrum für Antisemitismusforschung, TU Berlin

Projektbeschreibung: Die evangelische Kirche war in der NS-Zeit Kind ihrer Zeit. Einige Protestant*innen leisteten Widerstand, viele beteiligten sich jedoch an der Verfolgung von Minderheiten. Im Projekt geht es um die  Kirchenbuchstelle Alt-Berlin. Kirchenmänner legten hier eine kirchliche „Judenkartei“ an und meldeten „nicht-arische“ Christ*innen der Gestapo – eine Vorstufe zur Deportation. Während die Gestapo ihre Akten zerstörte, haben sich im Ev. Landeskirchlichen Archiv in Berlin (ELAB) etwa 2600 Karteikarten Verfolgter erhalten.

Neben dem ELAB wird das Seminar von der Kirchenbuchportal GmbH als Betreiber der Marke Archion (Gesellschaft der Evangelischen Kirche in Deutschland zusammen mit zahlreichen evangelischen Landeskirchen) mit Sitz in Stuttgart mit Lizenzen für Datenbank-Nutzung im Rahmen von Forschung und Lehre unterstützt (https://www.archion.de/de/das-portal/ueber-uns/).

Die Research Group soll erforschen, was genau mit den erfassten Menschen geschah. Archiv-Recherchen und die Arbeit mit Primärquellen kommen im Uni-Alltag häufig zu kurz. Diese für den späteren Beruf wichtigen Techniken sollen praxisorientiert eingeübt werden. Ergebnisse können bspw. als Blog-Beiträge publiziert werden, um wissenschaftliches Schreiben zu trainieren. Das Seminar hat zwar ein historisches Thema, ist aber fächerübergreifend konzipiert und steht allen Interessierten offen. Das Seminar findet in Deutsch statt, English Speakers welcome.

Seminarzeit: Donnerstags 10-12 Uhr. 

Einführungsveranstaltung: Donnerstag, 15. April 2021, 10 Uhr: 

https://hu-berlin.zoom.us/j/63204035433?pwd=M3JKbVJZb0ZNRXVIcDA4bnZjZHVKdz09

Meeting-ID: 632 0403 5433, Passwort: 561955 

Interessierte Studierende können sich unter folgendem Link im Moodle-Kurs eintragen:

https://moodle.hu-berlin.de/course/view.php?id=105515

Der Einschreibeschlüssel lautet BUA.2021

Studierende die an einer anderen Verbundeinrichtung als der Technischen Universität Berlin studieren, werden im Fall einer Platzzusage (nach der Einführungsveranstaltung) als BUA-Studentin oder -Student der anbietenden Einrichtung eingeschrieben. Für weitere Informationen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BUA-Büros zur Verfügung.

Wie kann ich im Sommersemester 2021 an einer X-Student Research Groups teilnehmen?

  1. Sie haben eine X-Student Research Group gefunden, die Sie interessiert
  2. Wählen Sie sich, falls angegeben, über den Link zur Online-Einführungsveranstaltung in der ersten Semesterwoche ein. Alternativ schreiben Sie bitte eine E-Mail an die Dozentin oder den Dozenten (Kontakt siehe Projektbeschreibung), um zu erfahren, wann und wie die erste Sitzung der X-Student Research Group stattfindet.
  3. Wenn Sie sich nach der Einführungsveranstaltung entscheiden sollten, an der X-Student Research Group teilzunehmen, teilen Sie bitte der Dozentin oder dem Dozenten bis zum 16.4. 18:00 Uhr Ihr verbindliches Interesse an der Teilnahme mit (Ausnahme: X-Student Research Groups, die nicht in der ersten Vorlesungswoche starten).
  4. Bei mehr als 15 interessierten Studentinnen und Studenten werdend die Plätze gelost. Die Dozentin oder der Dozent informiert Sie darüber, ob Sie einen Platz erhalten haben.
  5. Wenn Sie einen Platz erhalten haben, prüfen Sie bitte: Wird die X-Student Research Group an einer anderenVerbundeinrichtung angeboten als derjenigen an der Sie immatrikuliert sind? 
  6. Falls dies zutrifft muss eine Einschreibung als BUA-Studentin oder -Student der anbietenden Einrichtung erfolgen. Für weitere Informationen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BUA-Büros zur Verfügung.
  7. Sie erhalten nach der Bearbeitung durch das BUA-Büro Zugang zu den hausinternen Systemen wie z.B. die jeweilige Lernplattform der Verbundeinrichtung. Der Staus als BUA-Studentin oder Student ist für ein Semester gültig.

Weitere Informationen finden Sie unter https://foerdermittel-ekbo.de/1914-1949

5. April 2021 | Veröffentlicht von Johan Wagner | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Allgemein

Mikrogeschichtliche Studie zur Positionierung und Entnazifizierung der evangelischen Kirche Berlins – am Beispiel der Kirchengemeinde Lichtenrade

verfasst von Raphael Wöstmann & Nadja Martin

Anhand der folgenden Arbeit soll ein Einblick ermöglicht werden, welche Position die evangelische Kirche in der NS-Zeit einnahm und warum die Entnazifizierung dort nur teilweise funktioniert hat. Dazu wird diese Studie auf die Allgemeinsituation der evangelischen Kirche während der Zeit des NS eingehen und sich anschließend mit den grundsätzlichen Schwierigkeiten der Entnazifizierung befassen. Dies soll durch ein Beispiel, der willkürlich ausgesuchten Dorfkirche der Gemeinde Lichtenrade, veranschaulicht werden.

Allgemeines

Im Zuge der Entnazifizierung durch die Alliierten sollten Personen festgestellt werden, die während des NS Regimes eine Funktion im politischen oder öffentlichen Dienst bekleidet haben. Indem diese Personen ihre Position aufgeben mussten beziehungsweise eine derartige nicht mehr wiedererlangen konnten, sollte Deutschland von der nationalsozialistischen und militaristischen Gesinnung befreit werden. Dieser Vorgang wurde jedoch deutlich erschwert, da sich die Alliierten zuerst darauf konzentrieren mussten, die wichtigsten Versorgungseinrichtungen wieder aufzubauen, um somit eine gewisse Stabilität im Land zu schaffen. Da die Besatzungsmächte vorerst eigenständig über die Kompetenzen der einzustellenden Personen urteilen mussten, kam es zu Beginn des Entnazifizierungsprozesses aber oftmals zu Fehlentscheidungen oder wiederholten Änderungen. So wurden schließlich umfangreiche Fragebögen erstellt, die den Alliierten eine erleichterte Auswahl ermöglichte. Sobald nachgewiesen wurde, dass eine Person mehr als nur Mitläufer des nationalsozialistischen Systems war, wurde diese ohne Rücksicht auf etwaige monetäre oder rechtliche Ansprüche aus ihrem Amt entlassen. Ein wichtiges Kriterium, welches zur direkten Entlassung führte, war der Beitritt der NSDAP vor dem ersten Mai 1937. Hinzu kamen viele weitere Merkmale, die sich zusätzlich zur Politik und Verwaltung auf die Bereiche der Wirtschaft, Militär sowie Einzeltaten bezogen. 
Die Zugehörigkeit zu den Deutschen Christen zählte ebenfalls zu diesen Merkmalen, wurde jedoch in der Regel nicht wirklich schwer gewichtet, sodass es zumeist höchstens zu einer Entlassungsempfehlung kam. (vgl. Vollnhals S.45 ff.) Die Evangelische Kirche lehnte diesen staatlichen Eingriff seit 1946 auch öffentlich ab.

Die Alliierten verließen sich darauf, dass die Kirchen selbständig dafür Sorge tragen würden, ehemalige Nazis nicht weiterhin zu beschäftigen, da sie die Evangelische Kirche zu Beginn der Besetzung unter dem Deckmantel der bekennenden Kirche als anti-nationalsozialistisch und als moralisch unangetastete Autorität des Widerstands sahen. (vgl. Vollnhals S.13) Die Im Verlauf der Neubesetzung stellte sich zwar heraus, dass die Bekennende Kirche nicht per se gegen den Nationalsozialismus und Militarismus gewesen ist, dennoch wurde es in den meisten Fällen nicht ausführlich überprüft. (vgl. Weitzel S.156)

Die evangelischen Kirchen Berlins in Zeiten des Nationalsozialismus: 

In mehr als der Hälfte aller Gemeinden Berlins kam es während der NS-Zeit zu internen Spaltungen. Grund hierfür waren in der Regel die unterschiedlichen Auffassungen der Gemeindemitglieder, bezüglich der kirchlichen Autonomie. Die Deutschen Christen wollten eine völkisch kompatible Reichs-und Führerkirche. Den Anhängern der Bekennenden Kirche ging es hauptsächlich um die Bewahrung der Bekenntnisgrundlagen und Selbstständigkeit der Kirche.
In Kirchen, in denen die Deutschen Christen die Oberhand gewonnen hatten, konnte es durchaus vorkommen, dass Politik und Kirche fast untrennbar wurden und während der Gottesdienste sogar das Horst-Wessel-Lied mit erhobenem rechtem Arm gesungen wurde oder anstelle der Bibel eine Ausgabe von Adolf Hitlers “Mein Kampf” zu Hochzeiten oder Konfirmationen verschenkt wurde.

Dorfkirche Lichtenrade im Nationalsozialismus

Diese Spaltung wird auch am Beispiel der evangelischen Kirchengemeinde Lichtenrade deutlich. Im Zuge der Kirchenwahlen im Jahr 1932 traten drei Listen an. Die christlich unpolitische Liste, welche die Mehrheitsmeinung des ansässigen Bürgertums vertrat und durchaus mit der politischen Agenda der Nationalsozialisten sympathisierte, aber die Bereiche der Politik und Kirche getrennt voneinander wollte. Zusätzlich gab es die Liste des evangelischen Gemeinschaftsbundes, der großen Wert auf Gemeindeaktivitäten außerhalb des Gottesdienstes legte und eine pietistische Einstellung vertrat. Als dritte Liste gab es die Liste der Deutschen Christen, auf der die gesamte Führung der NSDAP-Ortsgruppe gelistet war. 


Bei der Wahl erreichten die Deutschen Christen nur circa ein Drittel der Stimmen. Nach der Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 wurde allerdings schließlich die Umwandlung der evangelischen Kirche in eine ins Führersystem passende Reichskirche angestrebt.  So kam es nach Änderung der Kirchenverfassung im Juli 1933 vermehrt zu Differenzen zwischen Evangelischen, die den Nationalsozialismus zwar befürworten, sich aber gegen eine Politisierung der Kirche wehrten und den Deutschen Christen, die versuchten eine gemeinsame Reichskirche zu schaffen, um die politische Agenda auch im Gotteshaus durchzusetzen. Die Oberhand gewannen schließlich die Deutschen Christen durch Einheitslisten, in denen sie selbst in der Regel mindestens zwei Drittel der Sitze einnahmen. 
Eine derartige Einheitsliste gab es auch in der Gemeinde Lichtenrade. Hier wurde keine Gegenliste aufgestellt und so kam es auch dort, ohne eine wirkliche Wahl, zu einer Neubesetzung der Kirchengemeinde. (vgl. Weitzel S.128 ff.) Der zu diesem Zeitpunkt amtierende Pfarrer Willy Röglin war zwar ein großer Befürworter der NS-Politik (Mitglied NSDAP seit 1933), sprach sich aber deutlich gegen die Politisierung der Kirche aus. So wurde er nach Änderung der Kirchenverfassung darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine bisher von ihm eingesetzte kommissarische Gemeindeleitung durch Mitglieder der Deutschen Christen abgelöst werden würden.


Da ihm eine Neuordnung befohlen wurde, entwarf Pfarrer Röglin einen Fragebogen, um die politischen Ansichten der Bewerbenden im Vorfeld zu erkennen. So versuchte er auf Grundlage des Fragebogens ein Mitglied der Deutschen Christen und überzeugten Nationalsozialisten für die zweiter Pfarrerstelle ausfindig zu machen. Der Fragebogen enthielt neben allgemeinen Fragen zur Person, die Frage der „arischen“ Abstammung sowie eine Befragung zur Ehefrau. Nach politischer Tätigkeit und Beschäftigung seit 1919 wurde ebenfalls gefragt. Dieses Vorgehen bestätigt deutlich die nationalsozialistische Gesinnung Röglins, da dieser Fragebogen noch vor der Eingliederung des Arierparagraphen in den Kirchen die Frage der „arischen“ Herkunft anführte. 
Schließlich wurde Heinrich Müller (Mitglied der NSDAP seit 1928) zum zweiten Pfarrer der Kirchengemeinde auserwählt. Müller, selbst ein begeisterter Nationalsozialist, befasste sich in der Gemeinde hauptsächlich mit der Parteiarbeit. Gottesdienste und Gemeindearbeit waren für ihn eher nebensächlich und uninteressant. So verbrachte er viel Zeit damit, bei SA-Veranstaltungen zu predigen. Es wird sogar berichtet, dass er seine SA-Uniform in der Kirche unter seinem Talar trug und die begehrten alten Kirchenlieder durch neue politisch geprägte Versionen ersetze. (vgl. Weitzel S.133 ff.) Seine Predigten waren ebenfalls sehr politisiert.

In einem Beispiel einer Predigt wird Adolf Hitler direkt zitiert:
„Der deutsche Führer sagt: mein christliches Gefühl weist mich hin auf meinen Herrn und Heiland als Kämpfer. Es weist mich hin auf den Mann der einst einsam, von wenigen umgeben diese Juden erkannte und zum Kampf gegen sie aufrief und der wahrhaftige Gott, nicht der Größte war als Dulder, sondern als Streiter.“  ( Weitzel S.140)


Müllers radikaler Versuch die Lichtenrader Kirchengemeinde zu Politisieren, führte schließlich zu ausgeprägten Differenzen zwischen ihm und Röglin. Da Röglin vehement eine Trennung zwischen Kirche und Politik forderte, entstand im Laufe der Zeit eine immer tiefer werdende Feindschaft zwischen ihnen. Diese wurde sogar so groß, dass Müller versuchte, Röglin aus der Kirchengemeinde zu vertreiben. 
Im Jahr 1940 wurde Müller schließlich zur Wahrnehmung seiner Wehrpflicht einberufen, woraufhin er die Kirchengemeinde Lichtenrade verließ, um dieser nachzukommen. Sein Pfarrdienst hätte ihn eventuell davon befreien können, jedoch entschied er sich aus freien Zügen den Dienst wahrzunehmen. Pfarrer Röglin hingegen blieb für den gesamten Kriegsverlauf in seiner Funktion als Pfarrer in der Lichtenrader Kirchengemeinde. (vgl. Weitzel S.146)

Doch was passierte nach 1945 mit den beiden Pfarrern?

Müller gab schließlich im Jahr 1944 seine Rolle als Pfarrer mit Aussicht auf eine Anstellung als Regierungsrat in der Finanzverwaltung im Reichsprotektorat Böhmen Mähren von der Front aus auf. Nachdem der Krieg schließlich endete und ihm diese Position nicht mehr zur Verfügung stand, ließ er nichts unversucht, um seine Rechte des Geistlichen Standes wiederzuerlangen. So machte er ab 1945 erst selbst den Versuch und anschließend über die Landeskirche Hannover seinen Geistlichen Stand zurückzuerhalten. Das Konsistorium in Berlin erwiderte jedoch, dass Müllers Personalakten zwar durch ein Feuer im Februar 1945 zerstört worden seien, sie eine Wiedereingliederung aber auf Grund von Müllers Gesinnung sowie Verhaltens nicht befürworten könnten. Im Jahr 1949 versuchte es Müller erneut, dieses Mal sogar mit Hilfe der Landeskirche Sachsens, um erneut als Pfarrer arbeiten zu können. Müllers finanzielle Lage war mittlerweile so miserabel, dass er zwischenzeitlich sogar als Straßenarbeiter sein Geld zu verdiente. Da die Personalakten nicht mehr vorhanden waren, schickte das Berliner Konsistorium zu ihrer vorangegangenen Antwort, ein antisemitisches Flugblatt Müllers aus der NS-Zeit, um seine Gesinnung zu verdeutlichen und somit die im Vorfeld getroffene Entscheidung zu bestärken.
Im November 1956 erhielt das Konsistorium Berlin auf Anfrage jedoch schließlich die Benachrichtigung, dass Pfarrer Müller Inhaber der Pfarrstelle in der Nähe von Zittau in Sachsen sei. Unterschrieben wurde diese Erklärung vom ehemaligen HJ-Justiziar Dr. Herzog, welcher im Zuge der Entnazifizierung seine Position im Staatsdienst verloren hatte. ( Online-Quelle Sächsiche Biografie zu Gustav Wilhelm Heinrich Herzog)

Röglin hingegen bekleidete auch noch nach 1945 die erste Pfarrstelle der Gemeinde Lichtenrade. Schnell wurden allerdings innerhalb der Kirchengemeinde Stimmen laut, die seine nationalsozialistischen Ansichten verurteilten, woraufhin Röglin Lichtenrade schließlich verließ. Zu seinem Verlassen der Gemeinde finden sich nur noch widersprüchliche Informationen. Entweder wurde er dauerhaft beurlaubt oder er ist eigenständig gegangen – ohne seine Amtsgeschäfte ordentlich zu übergeben. Laut Konsistorium der Mark Brandenburg versuchte er vor Eintreffen der Roten Armee die Gemeinde zu verlassen, was ihm jedoch scheinbar nicht gelang, da er anschließend wieder zurückkehrte. Darüber hinaus sollte er kein Pfarramt mehr in Berlin oder Umgebung bekleiden, könne dies aber durchaus anderenorts tun. Ab April 1947 erhielt Röglin schließlich Unterstützung als nicht beschäftigter aktiver Geistlicher durch die Landeskirchenkasse zu Darmstadt.

Fazit

Diese mikrogeschichtliche Miniatur über die Kirchengemeinde Lichtenrade verdeutlicht gut, dass in der evangelischen Kirche keine lückenlose Entnazifizierung stattgefunden hat. Die Tatsache, dass sowohl Pfarrer Röglin als auch Pfarrer Müller trotz Angehörigkeit der NSDAP erneut Zuwendungen der Kirche erhielten, ist nicht nur äußerst bedenklich sondern wiederspricht auch dem Grundgedanken der Entnazifizierung. Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass auch viele andere nationalsozialistische Pfarrer in den Nachkriegsjahren weiterhin geistliche Positionen besetzen durften und sich ihrer Schuld nicht stellen mussten. Macht man sich bewusst, welche dramatischen Taten auf den Nationalsozialismus zurürckzuführen sind und wie viele unschuldige Opfer dieser forderte, ist es schlichtweg inakzeptabel, überzeugte Nationalsozialisten ungestraft davon kommen oder sie gar weiterhin predigen zu lassen. Hier hätte die Kirche ihre Pflichten besser wahrnehmen und für eine lückenlose Aufklärung Sorge tragen müssen. Allein die Vorstellung, dass ehemalige Nationalsozialisten noch für lange Zeit hauptamtlich für die Kirche tätig waren, ist inakzeptabel und sollte nicht toleriert werden.

Literaturnachweise

https://saebi.isgv.de/biografie/Heinrich_Herzog_(1909-1984), letzter Zugriff: 28.4.2021.
Vollnhals C. R. Oldenbourg Verlag München (1989): Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945-1949. Die Last der nationalsozialistischen Vergangenheit.
Weitzel R., Evangelisches Leben in Lichtenrade, in: Bräutigam A., Fenzau M., Quilitzsch T., Sand L., Schneider D., Schneidewind S., Weitzel R., Zantow R. Geschichtswerkstatt Berlin Lichtenrade (1990): Direkt vor der Haustür. Berlin Lichtenrade im Nationalsozialismus.

Herr Dr. Hansjörg Buss hat in einem Entwurfsstadium wissenschaftliche Beratung für diesen Blogbeitrag geleistet.

Konsistorialpräsident Paul Walzer – symptomatisch für Kirche in Berlin und Brandenburg in der Zeit 1934 und danach?

von Johan Wagner

In der Präsidentengalerie des Konsistoriums der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) gibt es auch im Jahr 2020 noch „eine bisher übersehene Lücke, die dringend geschlossen werden müsste“.[1] Im Personenlexikon des deutschen Protestantismus findet sich ein Hinweis zum ersten Konsistorialpräsidenten dieser „Lücke“ Paul Walzer. Dort stehen lapidar seine Lebensdaten: „*19.6.1879 Grodziozno (Westpreußen), gestorben 17.5.1936.“ Am Ende des Absatzes steht eine fast abschließend erscheinende Dreierreihe aus einem Symbol und zwei Buchstaben: „— DC“.[2] Paul Walzer, der erste Konsistorialpräsident für die Berlin-Brandenburger Region, der im Nationalsozialismus sein Amt antrat, war also „Deutscher Christ“.

Von der Provinz an die Schalthebel der Macht?

Die Frage für diesen Blogeintrag lautet: „Von der Provinz an die Schalthebel der Macht“? Ist das hier eine klassische Geschichte, wie der „homo novus“ aus dem Lateinunterricht, der in Rom in die Schicht der entscheidenden Patrizierfamilien aufsteigt? Einiges spricht dafür: Paul Walzer hat sich schon früh „deutsch-christlich“ engagiert. Er macht einen steilen Aufstieg, denn eine handschriftliche Notiz des „Reichsbischofs“ Ludwig Müller, besagt am 5. Februar 1934, dass Landrat Walzer „mit sofortiger Wirkung“ zum Konsistorialpräsidenten ernannt wird.[3]

Ludwig Müller, das ist der Königsberger Wehrkreispfarrer, der auf Hitlers Wunsch zum „Reichsbischof“ wurde. Diese Ernennung durch Müller höchstpersönlich, war sie für Paul Walzer nicht ein ganz großer Schritt? Von einem Landrat in der ostpreußischen Provinz direkt auf den Berliner Stuhl eines leitenden Juristen einer Kirchenprovinz? Und ungewöhnlich ist auch, wie diese Ernennung von Müller erfolgte. Insbesondere für kirchliche Verwaltungen, in denen alles etwas langsamer zu gehen pflegt, ist es nicht üblich, dass jemand quasi „per Telegramm“ zum Konsistorialpräsidenten wird.

EKBO / Katharina Körting

Forschungsbedarf – ja oder nein?

Es ist interessant, dass in der „Ahnengalerie“ der Präsidenten des Konsistoriums heute eine Tafel hängt, die auf die oben genannte Lücke zumindest hinweist. Warum wird auf dieser Tafel noch die relativ offene Formulierung verwendet, dass die „Verbindung mit den Deutschen Christen“ noch der Erforschung bedarf? Denn zumindest was Paul Walzer angeht, ist diese Verbindung schon länger erforscht. Konsistorialpräsident Paul Walzer ist einer der wichtigen Akteure in der Auseinandersetzung um die sogenannten „intakten“ Landeskirchen. Es geht um den Versuch des „Reichsbischofs“ Ludwig Müller und des Ministerialdirektors August Jäger diese Landeskirchen – euphemistisch gesagt – „gleichzuschalten“ und eine „Deutsche Reichskirche“ zu gründen. Eine der Kirchen, die sich gegen die „Gleichschaltung“ gewehrt haben, war die württembergische Landeskirche. Paul Walzer war ein juristischer Handlanger bei August Jägers und Ludwig Müllers Versuch, den „Widerstand“ (gegen die „Gleichschaltung“) in der Landeskirche von Württemberg und von Bayern zu brechen.

Er wurde von August Jäger und Ludwig Müller als „Verwaltungskommissar“ eingesetzt, wegen angeblicher Finanzungereimtheiten in der württembergischen Landeskirche. Walzer schrieb, während er im Herbst 1934 versucht, die württembergische Landeskirche unter seine Macht zu bringen, regelmäßig „Situationsberichte“ an den „Reichsbischof“ Ludwig Müller: „… Montag, den 10. September 1934. 7 Uhr. Dienstübernahme. Keine Schwierigkeit. Telefonzentrale anderweitig besetzt. SS-Mann als Ordonnanz eingestellt. Antrittsbesuch beim Landesbischof [Theophil Wurm, JW] (s. Anlage). Protest des Landesbischofs (s. weitere Anlage). Mittlere Beamte geschlossen hinter der Deutschen Evang. Kirche. Oberkirchenrat Dallinger und Oehler, die seit 17.4.1934 sich vom Landesbischof distanziert haben, sagen bereitwillig Mitarbeit zu. Direktor Müller Bedenkzeit ausgebeten. Protest Pressel (s. weitere Anlage). Mit Theologen noch nicht verhandelt …“[4]

Eine symptomatische Fotographie?

Paul Walzer war „Deutscher Christ“ und er war in hohem Maße exponiert in diesem Versuch, eine „Deutsche Evangelische Kirche“, eine zentralistische Reichskirche, zu gründen. Dieser Versuch misslang. Die Zeit lief danach gegen Paul Walzer. Denn es gab letztlich doch Protest, noch wichtiger waren gerichtliche Überprüfungen. Der Stern Paul Walzers sank schnell. Auch zur Vereidigung des „Reichsbischofs“ kam es nicht mehr. Im Evangelischen Landeskirchlichen Archiv in Berlin (ELAB) findet sich eine symptomatische Fotographie: Der Entwurf für die „Amtskette des Reichsbischofs“ – ein klassisches Kreuz, allerdings „gekrönt“ mit dem Hakenkreuz. Unten das Siegel der „Deutschen Evangelischen Kirche“ und des „Reichsbischofs“ mit trauter Vereinigung von Kreuz, Hakenkreuz und Lutherrose.[5]

Evangelisches Landeskirchliches Archiv in Berlin (ELAB 7.10/253)

Ludwig Müllers Amtseinführung als Reichsbischof war groß geplant: Im Berliner Dom sollte der „Führer“ Adolf Hitler den „Reichsbischof“ Ludwig Müller am 23. Oktober 1934 vereidigen. An dieser Machtkette hingen letztlich auch Juristen wie August Jäger und Paul Walzer. Klaus Scholder argumentiert sehr überzeugend: Am 19. Oktober 1934 spätestens beschloß Hitler, dass er diese Amtseinführung so nicht möchte. Es war ihm zu heikel. Damit war sein „Kirchenbeauftragter“ (Franz von Pfeffer bzw. Franz Pfeffer von Salomon) abberufen (25. Oktober 1934). Das war letztlich auch das Ende des ebenfalls steilen Aufstiegs von Ministerialdirektor August Jäger. Dieser versuchte seinen Sturz zu verbrämen: Seine Aufgabe sei in Grundzügen erreicht. Auch der „Reichsbischof“ war damit ein Ritter ohne Land, obwohl er noch weiter amtierte. Die „Oppositionsbewegung“, darunter auch die „Bekennende Kirche“, frohlockte schon, dass sie gegenüber dem Usurpationsversuch die Oberhand gewonnen habe. Allerdings zum Teil mit der Einschätzung, sie habe „den Führer“ auf ihrer Seite. Klar ist also: Die „Oppositionsbewegung“ war nicht durch Gegnerschaft zu Hitler per se gekennzeichnet. Sondern sie berief sich immer wieder auf „den Führer“ und „die Vorsehung“, also auf das pseudoreligiöse Argumentieren auch von Hitler selbst.[6] Beispielsweise auch um zu begründen, warum der Landesbischof Wurm in Württemberg legitim war und nicht Paul Walzer, der dort als Kommissar eingesetzt war.

Wie Strukturen und personales Element zusammenbringen?

Es soll in diesem Blogbeitrag auch um Insitutionen hinter den Menschen, in diesem Fall vor allem Paul Walzer, gehen. Die institutionellen Kirchenstrukturen waren und sind sehr verschachtelt, was an den Auseinandersetzungen um Landeskirchen und „Deutsche Evangelische Kirche“ schon deutlich geworden ist. Wie stellt sich diese Verschachtelung dar, lässt man den Blick von Paul Walzers „Wirkungszeit“ auf die gesamte Zeit von 1914 bis 1949 schweifen? Wie vielschichtig waren die Strukturen in der evangelischen Kirche im Deutschen Reich, in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“ sowie der Nachkriegszeit? Ist es zwingend, von Berlin und Brandenburg auch auf die übergeordneten Ebenen zu schauen? Und wie schafft man es zugleich, nicht die Menschen, die gehandelt haben, zu vernachlässigen? Im Sinne eines „akteurszentrierten Institutionalismus“ bieten sich die Konsistorialpräsidenten, aber auch Abteilungsleiter etc. an, um nicht die Fehler der „menschenleeren institutionellen Strukturgeschichte“ zu begehen.[7] Wenn man nun eine „Lupe“ auf den Menschen Paul Walzer in der Struktur der evangelischen Kirche in Berlin und Brandenburg 1934 bis 1936 legt, kann man noch einmal die Frage nachvollziehen, die den Titel des Blogbeitrags bildet. Um wen geht es im Kern? Um einen Konsistorialpräsidenten, der der erste ist, der im NS-Staat ans Ruder kommt. Seine Lebensdaten zeigen die einschneidende Erfahrung in noch recht jungen Lebensjahren in der Zeit des Ersten Weltkriegs, er war in verschiedenen Orten des „Kirchenkampfes“ aktiv auf der Seite der „Deutschen Christen“.

Seine Geschichte zeigt exemplarisch, dass die „Zuversicht der NS-Führung auf rasche Gleichschaltung“ der evangelischen Kirche sich nicht bewahrheitete, viele Kirchenmitglieder und auch leitende Kirchenpersönlichkeiten konnten ihren christlichen Glauben jedoch mit einer Unterstützung des Regimes verbinden.[8] Diese starke Unterstützung wird für Paul Walzer allerdings zum Abschied aus Berlin führen, Anfang 1936 erfolgte eine Versetzung nach Königsberg. Es gab Auseinandersetzungen darüber, was eigentlich sein Status war. Was findet sich beispielsweise unter „Paul Walzer“ bei Wikipedia? Dort steht aktuell, dass er bis zu seinem Lebensende als Konsistorialpräsident von Berlin amtiert hat.[9] Dies lässt sich in seiner Personalakte so nicht wiederfinden. Gleichzeitig ist diese Feststellung keine Besserwisserei gegenüber den Wikipedia-Autor*innen, weil es auch in dem anfangs angeführten Personenlexikon nicht genau steht. Aus der Akte heraus sieht es so aus: Paul Walzer wurde nach Königsberg „entsorgt“, was wohl Anfang 1936 nicht ganz so überwiegend „bekennend-kirchlich“ war. Er war dann Oberkonsistorialrat. Und das war für ihn im Prinzip immer noch ein Erfolg. Denn in seiner Personalakte existiert ein Schreiben an den Evangelischen Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union, dass der Provinzialkirchenrat der Mark Brandenburg in seiner Sitzung am 6. Februar 1935 einstimmig beschlossen hat: „Der Provinzialkirchenrat erhebt […] Einspruch gegen die Ernennung des Landrates W a l z e r zum Konsistorialpräsidenten in Berlin, weil ihm über die Eignung des Vorgeschlagenen für diese Stelle nichts bekannt ist. […]“ [10]

Was bedeutet Paul Walzers Geschichte für seine Nachfolger?

Der Provinzialkirchenrat versuchte ihn auf einer formalen Ebene anzugreifen. Die Lösung war schließlich, dass er Anfang 1936 noch einmal ernannt wurde (als „Oberkonsistorialrat“). Das bedeutete: Kirchenbeamter auf Lebenszeit mit guten Bezügen. Auf dem Dokument der Personalakte, auf dem dieser Vorgang dokumentiert wurde, findet sich noch ein Zusatz: „mit Wahrnehmung der Geschäfte des Konsistorialpräsidenten in Berlin betraut“ (allerdings durchgestrichen). Es gab ein Hin und Her, wie Paul Walzer rechtlich-statusmäßig einzuschätzen war. Er kämpfte – juristisch sehr klug – seine Bezüge durch: Paul Walzer drohte eine Klage an, sollte die Kirchenverwaltung ihm nicht auch in Königsberg weiterhin das Konsistorialpräsidentengehalt zahlen (ein höheres Gehalt als das eines „Oberkonsistorialrates“). Er konnte vielleicht den Titel nicht mehr führen, aber ihm ging es auch um das Geld. Die von Paul Walzer angegriffene Verwaltung gab klein bei: Die juristische Lösung war, dass die Ernennung zwar als ungesetzlich eingestuft wurde, es allerdings nicht den einzelnen betroffenen Beamten angelastet werden konnte. Das heißt Paul Walzer bezog weiter sein Konsistorialpräsidentengehalt.

Gleichzeitig lohnt es sich, ausgehend von meinem Eindruck aus der Personalakte zurück zum Titel des Beitrags zu gehen und zum Schluss die Frage zu stellen: Was bedeutet diese Geschichte auch für Paul Walzers Nachfolger, für Georg Rapmund, für Walter Siebert, für Dr. Johannes Heinrich? Gibt es eine „deutsch-christliche“ Tradition in diesem Konsistorium? Man wird 1934 bis 1945 an dieser Stelle der Institution keine Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus finden.


[1] „Konsistorium“ ist nur noch in der EKBO der Name für die landeskirchliche Verwaltung, in anderen Landeskirchen nennt sie sich „Kirchenamt“ oder ähnlich. Zur Lücke in der Präsidentengalerie: Krogel, Wolfgang, Normalität und Notstand. Pfarrschaft, Juristen und protestantisches Milieu 1914 bis 1949 – Forschungsfragen zum Beitrag protestantischer Strömungen zum Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland, in: Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins, 69. Folge, 2019, S. 117-130, hier: S. 127.

[2] Personenlexikon zum deutschen Protestantismus 1919–1949, zusammengestellt und bearbeitet von Hannelore Braun und Gertraud Grünzinger, Göttingen 2006, S. 268.

[3] Ev. Zentralarchiv 7/P/1469.

[4] Archiv der EKD, A 4, Bd. 115 zitiert nach Gerhard Schäfer, Die Evangelische Landeskirche in Württemberg und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation zum Kirchenkampf, Bd. 3, Stuttgart 1974, S. 530, FN 15a.

[5] Ev. Landeskirchliches Archiv in Berlin 7.10/253.

[6] Klaus Scholder, Die Kirchen und das Dritte Reich, Bd. 2, München 2000, S. 394-403.

[7] Martin Lutz, Akteurszentrierter Institutionalismus, in: Clemens Wischermann, Katja Petzel-Mattern, Martin Lutz et al. (Hg.), Studienbuch institutionelle Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte, Stuttgart 2015, S. 48-52, hier S. 51. Vgl. Simone Lässig: Introduction: Biography in Modern History – Modern Historiography in Biography, in: Volker R. Berghahn, Simone Lässig (Hg.): Biography between Structure and Agency. Central European Lives in International Historiography, New York/Oxford 2008, S. 1-27.

[8] Michael Wildt, Geschichte des Nationalsozialismus, Göttingen 2008, S. 85.

[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Walzer (zuletzt aufgerufen: 26.8.2020)

[10] Ev. Zentralarchiv 7/P/1469.


SFR – Selected Further Reading

  • Michael Wildt, „Volksgemeinschaft”, Version: 1.0, in: Docupedia Zeitgeschichte, 3.6.2014, URL: http://docupedia.de/zg/Volksgemeinschaft
  • Manfred Gailus, Wolfgang Krogel, Von der babylonischen Gefangenschaft Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche im Nationalsozialismus. Regionalstudien zu Protestantismus, Wichern Verlag 2006
  • Clemens Vollnhals, Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945 – 1949 : die Last der nationalsozialistischen Vergangenheit / Clemens Vollnhals. – München : Oldenbourg, 1989
  • Akademie der Nordkirche, Neue Anfänge nach 1945? Wie die Landeskirchen Nordelbiens mit ihrer NS-Vergangenheit umgingen, Online Ausstellung unter: https://www.nordkirche-nach45.de/
  • Hartmut Ludwig, Die Berliner Theologische Fakultät 1933 bis 1945. In: Rüdiger vom Bruch (Hg.): Die Berliner Universität in der NS-Zeit, Band II: Fachbereiche und Fakultäten. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2006, S. 93–122.

Über den Autor

Dr. Johan Wagner ist Referent für Fördermittelrecht der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Er gehört zum Lehrbeauftragten-Pool des Instituts für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Forschungsinteressen und Arbeitsgebiete sind Europäische Integration, Pressegeschichte, europäische Beziehungen zur arabischen Welt, Wissenschaftsstrategie, konfessionelle Entwicklungen in Europa, europäische Konflikt- und Friedensgeschichte, siehe auch: https://www.clioonline.de/researcher/id/researcher-5652

24. August 2020 | Veröffentlicht von Johannes Kellner | Kein Kommentar »
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