Alternativen zur Wachstumsökonomie aus feministischer Perspektive

Christine Bauhardt ist Professorin für Gender und Globalisierung und ihr Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich von gesellschaftlichen Naturverhältnissen und Geschlechterverhältnissen, Feministischer Ökonomiekritik, Migration und Stadtentwicklung.

Der Kapitalismus als Wirtschaftssystem geht von einem unbegrenzten Wachstum aus und sieht es als zwangsläufige Notwendigkeit für ein funktionierendes System.

Die Endlichkeit der Ressourcen und ein drastischer Anstieg der Weltbevölkerung verhindern jedoch ein immer steigendes Wirtschaftswachstum.

Im Rahmen der Ringvorlesung „Humboldts Fußabdruck. Forschen für Nachhaltigkeit“ referierte Prof. Christine Bauhardt über Alternativen zur Wachstumsökonomie aus feministischer Perspektive.

Green New Deal, Postwachstumsgesellschaft und Solidarische Ökonomie stellen drei kritische Ansätze zur krisenhaften Entwicklungen des aktuellen Kapitalismus dar. Sie sind als Alternativen zur Wachstumsökonomie zu sehen und sie vereint der Ansatz, dass die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen durch das kapitalistische System gestoppt werden muss.

Der Ansatz des Green New Deal verfolgt dabei das Ziel, dass die Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger gestoppt werden und stattdessen eine Vollversorgung durch erneuerbare Energien erreicht werden muss.

Die Postwachstumsgesellschaft zielt auf eine Gesellschaft, die unabhängig von ökonomischem Wachstum ist. Hierbei ist es die Aufgabe der Politik dieses Wachstumsstreben dauerhaft zu stoppen, indem Sektoren und Institutionen dahingehend umorganisiert werden, dass sie unabhängig vom Wachstum sind.

Das Konkurrenzdenken und die Gewinnmaximierung sind die größten Kritikpunkte des Ansatzes der Solidarischen Ökonomie. Die Idee ist, dass die Ökonomie den Menschen dienen soll und nicht die Menschen der Ökonomie. Konkret steht der Nutzen eines Wirtschaftssystems im Vordergrund, nicht der Gewinn.

Prof. Bauhardt stellte in diesem Zusammenhang die These auf, dass es eine Verschränkung der Krise der sozialen Reproduktion mit der gerade angedeuteten ökologischen Krise der Endlichkeit der Ressourcen gäbe. Aus Sicht der feministischen Ökonomiekritik würde die von Frauen geleistete Verantwortungs- und Fürsorgearbeit (Reproduktionsarbeit) im Kapitalismus genutzt werden, als wäre sie eine unendlich und unentgeltlich zur Verfügung stehende Naturressource.

Aus diesem Grund müsse nun geprüft werden, inwiefern die drei Alternativansätze zur Wachstumsökonomie die Ansätze der feministischen Ökonomiekritik überhaupt miteinbeziehen.
Grundsätzlich sei festzustellen, dass in keinem Ansatz die Geschlechterordnung ausdrücklich kritisiert werde. Kein Konzept kritisiere die Geschlechterhierarchie und verfolge das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit.
In diesem Zuge stellte Prof. Bauhardt spezifische Forderungen an die jeweiligen Ansätze, um das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit stärker in den Vordergrund zu rücken.

Der Ansatz des Gren New Deal konzentriere sich demnach hauptsächlich auf traditionell männerdominierter Arbeitsplätze der Energiewirtschaft und der Bauindustrie. Es finde kein Zugang und Einfluss der unbezahlten Reproduktionsarbeit von Frauen statt. Prof. Bauhardt Forderungen bestehen darin, dass eine Gleichstellungspolitik im Arbeitsmarkt durchgesetzt werden müsse. Vor allem die Integration von Frauen in technische Berufe im Energie-, Verkehrs- und Bausektor sei besonders wichtig.

Die Postwachstumsgesellschaft führe auch keine Berücksichtigung der Geschlechterordnung mit sich. Zwar konzentriere sich der Ansatz auf einen Ausbau der Sektoren der Reproduktionsarbeit, jedoch ohne die damit verbundenen geschlechtlichen Zuweisungen zu reflektieren.
Für den Ansatz bedeute dies, dass es zu einer Aufwertung der Frauenarbeitsplätzen im Bereich der Gesundheitsvorsorge, Bildung und Erziehung kommen müsse. Genauso müsse es zu einer Aufwertung der unbezahlten Arbeit im Privaten kommen. Die Erwerbs- und Versorgungsarbeit müsse gleichverteilt werden. Nur so sei eine Geschlechtergerechtigkeit möglich.

Auch in der solidarischen Ökonomie wird Arbeit in einem umfassenden Sinne verwendet. Die Fürsorgearbeit und die Erwerbsarbeit werden nicht getrennt, sodass die prinzipielle Zuständigkeit von Frauen für Versorgung und Fürsorge auch in diesem Ansatz nicht ausdrücklich diskutiert wird. Die Forderungen für diesen Ansatz beziehen sich auf eine Abschaffung der patriarchalen Herrschaftsstrukturen und die soziale Reproduktion und Subsistenz als Alternative zum Kapitalismus.

Prof. Bauhardt tat mit ihrem Vortrag einen neuen Bereich der Frage der Nachhaltigkeit auf. Durch die Analyse der Alternativansätze, die für ein nachhaltigeres Wirtschaften plädieren, wurde gezeigt, dass für ökonomische Transformation zu mehr Umweltgerechtigkeit eine feministische Perspektive unbedingt notwendig ist.

[Tillman Schmitz]

16. Juni 2015 | Veröffentlicht von nachhaltigkeitsbuero
Veröffentlicht unter Blog zu "Humboldts Fußabdruck"

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