Archiv für Kategorie Blog zu „Humboldts Fußabdruck“

Wilderness is not a luxury but a necessity of the human spirit

“Wilderness is not a luxury but a necessity of the human spirit, and as vital to our lives as water and good bread” (Edward Abbey)

Dieses Zitat sagt aus, dass die Wildnis ein menschliches Grundbedürfnis ist, eben genau wie Wasser und Nahrung. Der Begriff „Wildnis“ bezeichnet generell eine vom Menschen unveränderte Natur. Weitaus praktischer wird er durch die NGO Conservation International definiert: „(…) Gebiete, welche mindestens 70% ihrer natürlichen Vegetation haben, mindestens 10.000 km2 bedecken und in denen weniger als 5 Menschen pro km2 leben.“ Unter diese letzte Definition fallen mittlerweile noch 37 Gebiete auf der ganzen Welt.

Dass sich die Menschheit immer weiter von der Natur und der Wildnis entfernt, dürfte zumindest für den Großteil der westlichen Bevölkerung stimmen. Wir verbringen mehr Zeit vor Bildschirmen und weniger Zeit mit Naturerlebnissen. Hinzu kommt die Zerstörung der Artenvielfalt durch menschliches Handeln. Machen wir uns so nicht nur die eigene Lebensgrundlage kaputt, sondern verarmen auch emotional?

Viele berühmte Künstler und Schriftsteller beschreiben die berauschende, verzaubernde Wirkung von Naturerlebnissen. So bringt die Natur den Menschen immer wieder auf neue Ideen, schafft Begeisterung und regt zum Nachdenken an. Der Wert der Natur besteht nicht nur im kulturellen oder emotionalen Bereich, sondern auch im wirtschaftlichen. Natürlich ist es streitig, ob der Geldwert unserer Natur beziffert werden kann. Dennoch lernt die Menschheit unzählige Techniken der Natur, die der Forschung und letztendlich der Gesellschaft zugute kommen. Sterben nun Tier- und Pflanzenarten aus (eventuell auch unentdeckte) und werden Ökosysteme zerstört, fällt auch diese Art des Nutzens weg.

Über die Auswirkungen des fehlenden Kontakts zur Natur auf unser Gehirn ist noch nicht viel bekannt. R. Louv den Begriff der „Nature deficit disorder“, also des Natur-Defizit-Syndroms. Demnach könnten sich vor allem bei Kindern negative Auswirkungen durch Naturentfremdung zeigen. Folgen könnten steigende Fälle z.B. von Übergewicht, Depressionen oder auch Aufmerksamkeitsstörungen bei Kindern sein. Im Hinblick auf die Veränderung der Gesellschaft gibt es in diesem Bereich sicher noch viel Forschungsbedarf.

[Katja Kowalski ]

21. Mai 2015 | Veröffentlicht von nachhaltigkeitsbuero | Kein Kommentar »
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Vom Artentod und der Einsamkeit des Geistes

Im dritten Vortrag der Ringvorlesung „Humboldts Fußabdruck. Forschen für Nachhaltigkeit“ erzählte uns Marcel Robischon „Vom Artentod und der Einsamkeit des Geistes“.

Robischon, der Forstwissenschaft studierte und in Molekularbiologie promovierte, ist inzwischen als Juniorprofessor für die Fachdidaktik in den Agrar- und Gartenbauwissenschaften zuständig.

Er spannte seinen Erzählbogen über Alexander von Humboldt und dessen „ekstatisch“ anmutende Reise in die Tropen bis hin zu Edward Abbey, einem amerikanischen Naturforscher und Philosophen, und weiter über aktuelle Untersuchungen der Gesundheitswissenschaft.

Zudem nahm er Bezug auf aktuelle ökologische Begriffe wie Biodiversität, sprich Artenvielfalt, und stellte uns den Magenbrüterfrosch vor, ein ganz außergewöhnliches, aber leider ausgestorbenes Tier. Zudem sprach er über die für ihn wichtigen Aspekte des Artenschutzes in Zoos und der Bildung, die in puncto Nachhaltigkeit und Artenschutz unumgänglich ist.

Mit dem lateinischen Ausdruck „Sapere aude“, den Robischon mit „Wage es, die Sinne zu verwenden“ übersetzte, vermittelte er uns einen Eindruck, wie Alexander von Humboldt sich gefühlt haben muss, als er das erste Mal in seinem Leben in die Tropen reiste und dort eine Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren vorfand, wie es ihm zuvor noch nicht widerfahren war.

Mit den Worten Edward Abbeys unterstreicht Robischon seine Auffassung zur Wildnis und zur Natur. Wildnis ist demnach kein Luxus, dabei aber so wichtig wie Brot und Wasser, also wichtig für das tägliche Leben. Robischon selbst ist außerdem sehr froh darüber, keine Jugend ohne „Wildnis“ verbracht haben zu müssen. Vermutlich deshalb hat er folgendes Untersuchungsergebnis angeführt: der Mensch verbringt inzwischen 60 Stunden in der Woche vor Bildschirmen, sei es der Fernseher, der Computer oder das Handy. Seine Sorge ist, dass die Kinder- Jugendzeit heutzutage nicht mehr draußen in der freien Natur stattfindet.

Zum selben Thema wurde aber auch deutlich, dass es auf der ganzen Welt so etwas wie die „Wildnis“, also einen Freiraum, der vollkommen von Menschen unbeeinflusst ist, nicht mehr gibt.

Geschichtlich sprang Robischon anhand von Bildern aus einer niederländischen Quelle in die Zeit kurz nach der „Entdeckung“ der Insel Mauritius. Abgebildet waren Siedler, die sich die Flora und Fauna zunutze machten und anhand des ökonomischen Reichtums dort problemlos überleben konnten. Bereits damals wurde die Vielfalt durch Abholzung, Tötung von Tieren und Bodennutzung zerstört. Die Menschen drangen in die Lebenswelt der Tiere ein und brachten so den Verlust der Biodiversität in Gang. Man spricht hierbei von menschengemachtem Artensterben.

Bezüglich der Biodiversität bedeutet der letzte Punkt nichts anderes als: Was weg ist, ist weg und kommt auch nicht mehr wieder!

Als Beispiel zog er hier den Magenbrüterfrosch heran. Dieser Frosch brütet seine Nachkommen im Magen aus und würgt diese dann hoch. Er wurde innerhalb kürzester Zeit von den Menschen ausgerottet, gerade erst als man ihn entdeckt und damit begonnen hatte, an ihm zu forschen, was sehr interessant geworden wäre. Wenn nicht … !

Einen Punkt bezüglich der Biodiversität gibt es allerdings, der nicht nur positiv zu sehen ist. Natürlich ist es schön, wenn in Berlin, mitten in der Großstadt, Füchse und Waschbären ein Zuhause finden, nachdem der Mensch sie von dort vertrieben hat, sie dementsprechend zurück in ihren alten, aber für sie sehr neuen Lebensraum kommen. Aber am Beispiel von Mauritius und den dortigen Siedlern führte diese Art der Einführung direkt zum Artensterben. Denn wenn diese Artenvielfalt erst geschrumpft wird, um dann ein anderes Tier oder einer anderen Pflanze in diese ökologische Nische gesetzt wird durch die Einführung dessen, ist das Problem bereits geboren und nicht mehr rückgängig zu machen.

Demnach sind für Robischon auch Zoos eine ganz wichtige und richtige Institutionen, da sie sich, wie eine „Arche Noah“, für den Artenschutz, die Zucht und auch die Auswilderung einsetzen und stark machen.

Zum Schluss gab es noch ein Beispiel aus den vielen Nationalparks in Amerika, die mithilfe von modernen Informationszentren ihre Besucher*innen versuchen, mithilfe von Bildern, Karten, Texten sowie audiovisueller Unterstützung ihre wichtige Aufgabe des Artenschutz darzulegen, die aber auch nur gelingen kann, wenn der Mensch sich und seiner Umwelt wieder mehr Verständnis, Ruhe und Liebe darbringen kann.

[Lea Schmitz]

15. Mai 2015 | Veröffentlicht von nachhaltigkeitsbuero | Kein Kommentar »
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A terra sem pessoas para as pessoas sem terra….

Ein Blog-Eintrag zur Ringvorlesung von Patrick Hostert

Die Bilder scheinen vertraut und trotzdem sind sie immer wieder erschreckend. Aufnahmen der Landsat Satelliten zeigen eine saftig grüne Fläche mit einzelnen Weiden im Grenzgebiet zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay, unweit des Iguazu-Wasserfalls. Die gleiche Bild 30 Jahre später: Von dem grünen Teppich aus Bäumen ist nur noch wenig zu sehen. Stattdessen breitet sich ein Mosaik aus verschiedenen braun-grau Tönen über die Fläche aus. Einzig in einigen Schutzgebieten Argentiniens lässt sich die ursprüngliche Vegetation noch erahnen. Gut möglich, dass es sich hierbei um ein besonders drastisches und einprägsames Beispiel handelt. Nicht zuletzt auch aufgrund der touristischen Bedeutung des Gebiets. Dennoch ist klar, die Transformation des Dreiländerecks ist kein Einzelfall. Überall auf der Welt, vor allem im Globalen Süden, fanden in den letzten Jahrzehnten drastische Veränderung im Zuge des Anthropozäns statt, der erdgeschlichtlichen Epoche, in der nicht mehr die Natur Berge, Täler und Flüsse formt sondern der Mensch.

Gut beobachten lässt sich dies an der Vegetation. Zum einen bedeckt diese einen Großteil unseres Planeten (oder besser gesagt „bedeckte“). Zum anderen ist die Struktur von Vegetation besonders geeignet für spektrale Untersuchungen, welche das Team von Patrick Hostert vor allem mit Hilfe von den bereits erwähnten Landsat-Daten unternimmt. Der Forschungsschwerpunkt liegt dabei räumlich gesehen auf Brasilien, genauer gesagt dem Grenzgebiet der Bundesstaaten Pará und Mato Grosso. Mato Grosso heißt übersetzt Großer Busch und ist als Bundesstaat Brasiliens um ein vielfaches größer als Deutschland. Die Zeiten, als tatsächlich noch der große Busch im Mato Grosso vorhanden war, liegt gar nicht so weit zurück. Erst die rezente Intensivierung und Industrialisierung der Landwirtschaft hat einen regelrechten Boom ausgelöst, an dem vor allem auch das ouro verde, das grüne Gold der Sojabohne seine Mitschuld trägt. Nördlich von Mato Grosso liegt der Bundesstaat Pará, der trotz starker umweltlicher Veränderungen immer noch einen erheblichen Anteil an Primärvegetation besitzt. Der Sojaanbau findet hier nur im Süden statt. Nach Norden hin ist es vor allem die extensive Rinderhaltung, welcher der Wald weichen muss. Entlang der Straße nach Belém zeigen sich deutliche Entwicklungsmuster, die sich fischgrätenhaft in die ursprüngiche Vegetation hineinfressen. Für uns ist dieser Anblick der Inbegriff der Umweltzerstörung, die brasilianische Regierung und Gesellschaft hingegen wird vor ein Dilemma gestellt.

Lange Zeit dominierte ausschließlich das Leben und die Wirtschaft an der Küste Brasiliens die Geschehnisse im Staat. Nicht ohne Grund ordnete der Ex-Präsident Kubitschek an, Brasiliens Hauptstadt von Rio de Janeiro an der Küste ins Hinterland zu verlegen, wo binnen kürzester Zeit die Stadt Brasília im wahrsten Sinne aus dem Busch gestampft wurde. Amazonien war das Land ohne Menschen, die terra sem pessoas. Im Zuge der Militärregierung sollte nun dieses riesige Land eine neue Heimat werden, vor allem für die vielen landlosen Kleinbauern aus dem von der Trockenheit geplagtem Nordosten des Landes. Die pessoas sem terra. Es wäre gelogen zu sagen, dass sich diese Entwicklungsstrategie zu einem vollen Erfolg herausgebildet hat. Schließlich gibt es immer noch viele Landlose, die verzweifelt versuchen Ländereien von Großgrundbesitzern zu besetzen. Dennoch ließ der Aufschwung der Agrarindustrie das Hinterland Brasiliens ökonomisch beträchtlich wachsen und wird auch weiterhin von der brasilianischen Regierung unterstützt, obwohl sie gleichzeitig auch einer der schärfsten Umweltgesetze weltweit eingeführt hat.

Neben all den quantitativen Ergebnissen, die uns Patrick Hostert in seinem Vortrag dargestellt hat, stellt sich also die Frage nach dem qualitativem Part. Wie nehmen die Bauern in Pará den Wandel in ihrer Umgebung war. Was sind ihre Wünsche für die Zukunft, was sind ihre Ängste?

In der an den Vortrag angeschlossenen Diskussion viel auch der Begriff „Degrowth“. Diese eher heterogene Strömung hat verschiedene Ausprägungen und Ansichten. Konsens ist jedoch, dass das Wirtschaftswachstum als solches nicht mehr die Maxime in der Gesellschaft sein soll. Somit würde auch der derzeit existierende Entwicklungsbegriff sich nicht nur noch auf ökonomische Parameter beziehen, was zunächst begrüßenswert ist. Doch es ist unklar, wer schrumpfen soll und wer wachsen darf. Haben die Länder des Globalen Nordens durch ihr fahrlässiges Wirtschaften in der Vergangenheit ihr Recht auf Wachstum verwirkt, während nun die Länder des globalen Südens Gefahr laufen, die gleichen Fehler zu begehen?Oder darf der Norden Moralapostel spielen und dem Süden beim wirtschaftlichen Aufschwung den Wind aus den Segeln nehmen? Wie so oft wird sich die Lösung irgendwo zwischen diesen Extremen befinden.

Wenn wir uns nun also fragen, was uns denn die Abholzung am Amazonas angeht, so sollten „die Menschen“ auch Teil unserer Antwort sein und in all unseren Überlegungen zur Nachhaltigkeit sollten wir nicht vergessen, dass diese auch einher gehen mit einer sozialen Verantwortung in einer derzeit (noch) globalisierten Welt.

[anonym]

13. Mai 2015 | Veröffentlicht von nachhaltigkeitsbuero | 2 Kommentare »
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Land ist knapp. Und es wird eine immer begrenztere Ressource

Was geht mich denn die Abholzung am Amazonas an?

Es ist eine provokante Frage, die Prof. Hostert gleich zu Beginn der Veranstaltung aufgreift, aber mithilfe der globalen, räumlichen Zusammenhänge, die er den StundentInnen in der Vorlesung näher bringt, ist sie nicht mehr schwer zu beantworten: Viel.

Mit Satellitenaufnahmen von 1973 bis 2000 zeigt er, was es bedeutet in einem vom Menschen gestalteten Zeitalter zu leben. Der Landnutzungswandel, der sich innerhalb weniger Jahre vollzieht, ist enorm. Prof. Hostert beschreibt die Situation mit klaren Worten: Alle Flächen, die genutzt werden können, werden auch genutzt. Dabei gibt es kaum Ausnahmen.

Das Problem hierbei sind die sogenannten Planetary Boundaries, welche die ökologischen Grenzen unseres Planeten zu beschreiben versuchen. Viele von den kritischen Werten sind schon lange überschritten, wie Artensterben oder die Klimaerwärmung, trotzdem muss versucht werden, die schädlichen Auswirkungen möglichst gering zu halten. Die Landnutzungsänderungen spielen in diesem System eine sehr zentrale Rolle, da sie mit den meisten anderen Faktoren auf die eine oder andere Weise verknüpft sind. Abholzungen bedeuten zum Beispiel die Zerstörung von Lebensraum für viele Tierarten, aber auch mehr Kohlendioxid in der Luft, was wiederum die Erderwärmung vorantreibt. Eine verantwortungsvolle Flächennutzung ist demnach unbedingt notwendig.

Dabei wird der Druck auf das bewirtschaftbare Land in den nächsten Jahren nur noch mehr steigen. Dies liegt unter anderem an der stetig wachsenden Weltbevölkerung – Prognosen für das Jahr 2100 sagen bis zu 13 Milliarden Menschen voraus. Auch die Biokraftstoffproduktion und vor allem der vermehrte Fleischkonsum stellen Probleme für die Landnutzung dar.

Mit dem steigenden Wohlstand aufstrebender Länder, ändern sich auch die Lebensgewohnheiten – der Konsum tierischer Produkte nimmt extrem zu. Allerdings braucht man für die gleiche Menge Kalorien etwa sieben Mal so viel Fläche für die Futtermittelproduktion als für den direkten Konsum der Pflanzen. Der Sojaanbau schießt in die Höhe und immer neue Flächen müssen gerodet werden, um der enormen Nachfrage gerecht zu werden. Dies geschieht auch oft durch illegale Abholzung.

Interessant hieran ist, dass der Fleischkonsum und die Entwaldung dabei global gesehen ein fast perfektes Spiegelbild ergeben: Wo Wald gerodet wird, wird die Fläche meist gar nicht in diesem Maße selbst gebraucht. Länder mit hohem Fleischkonsum dagegen nutzen auf diese Weise Millionen Hektar indirekt auf fremden Grund und Boden mit.
Land ist knapp. Und es wird eine immer begrenztere Ressource – die nicht nur ökologische Katastrophen, sondern auch gewaltsame Konflikte verursachen kann, wenn wir nicht beginnen, verantwortungsbewusst damit umzugehen. Hier besteht also nicht nur in der internationalen und nationalen Politik Handlungsbedarf, hier sind auch wir als KonsumentInnen gefragt, unseren Konsum von tierischen Produkten zu überdenken

[Sophia Dasch]

8. Mai 2015 | Veröffentlicht von nachhaltigkeitsbuero | Kein Kommentar »
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Zweiter Vortrag aus der Vorlesungsreihe „Humboldts Fußabdruck. Forschen für Nachhaltigkeit“

Auch der zweite Vortrag aus der Vorlesungsreihe „Humboldts Fußabdruck. Forschen für Nachhaltigkeit“ stammt aus der Geographie. Im Mittelpunkt stehen dabei die Arbeitsweisen der Fernerkundung und die Analyse und Auswertung von Satellitenbildern. Mithilfe dieser Methode sind Forschungen in schwer zugänglichen Gebieten möglich. Eine weit in die Vergangenheit zurückreichende und öffentliche Datenbank lässt zudem Vergleiche mit gegenwärtigen Verhältnissen zu. Was das Ganze mit Nachhaltigkeit zu tun hat, erklärt uns Professor Patrick Hostert am Beispiel eines Forschungsprojekts am Amazonas.

In einem Zeitalter, in dem der Mensch als dominanter Faktor auftritt und die Umwelt stärker denn je prägt und beeinflusst bleibt kaum unberührte Natur. Alle Flächen, die genutzt werden können, werden auch genutzt (mit Ausnahme von Naturschutzgebieten). Diese sogenannten Landnutzungsprozesse drohen bald eine irreversible Grenze zu überschreiten – die Verfügbarkeit von Boden wird knapp. Die Treiber dieses Phänomens sind die stark ansteigende Verstädterung und der zunehmende Wohlstand, der einen erhöhten Fleischkonsum und somit eine erweiterte Flächennutzung zur Folge hat.

Dieses Problem zeigt sich auch in den Regionen am Amazonas. Hier werden schützenswerte Regenwälder für den Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln abgeholzt, allem voran für Soja.
Das Forschungsprojekt von Professor Patrick Hostert und seinem Team erstreckt sich über ausgewählte Gebiete Brasiliens (Mato Grosso und Pará), die mithilfe der Daten aus dem Zeitraum von 1985 bis 2012 genauer betrachtet werden. Auf den Satellitenbildern wird das Ausmaß für uns sichtbar. Entlang der Hauptverkehrsachse, die in den Norden führt, wo die Häfen zur Verschiffung der Ware angesiedelt sind, erkennt man eine deutliche, fischgrätenartige Abholzung seit dem Boom im Jahre 2000. Warum diese Flächen nicht geschützt werden? Oft bestehen korrupte Verflechtungen zwischen der Politik und den Unternehmen in solchen Regionen. Außerdem bietet die exzessive Flächenbewirtschaftung Wohlstand und Gewinn, vor allem für Großunternehmer.

Die zunehmende Nachfrage von Ländern aus dem globalem Norden bestärkt diesen Prozess. Aus einer Karte, die die globalen Handelsbeziehungen für Nahrungs- und Futtermittel zeigt, ist ersichtlich, dass der immer steigende Fleischkonsum in den westlichen Ländern und Asien mit der exzessiven Landnutzung in Südamerika korrespondiert. Dazu kommt, dass sich das System der land deals in den vergangenen Jahren etabliert hat. Als land deals werden transnationale Verträge oder Beziehungen bezeichnet, die einem Land die Kontrolle über eine gekaufte oder gepachtete Fläche außerhalb seiner Grenzen verleiht. Allein die USA nutzten extern über 7 Millionen Hektar Fläche hauptsächlich in Südamerika und Afrika.

Das gibts uns zu erkennen, dass auch wir in den hochentwickelten Ländern mit unserem Verbrauch Einfluss auf die Rodung des Regenwalds haben. Fruchtbarer und ertragreicher Boden ist ein knappes Gut und wird in naher Zukunft mehr und mehr umkämpft sein. Durch unsere Nachfrage an Lebensmitteln steigt auch die Nachfrage an weiteren Nutzungsflächen.

Wir hinterlassen einen Fußabdruck und diesen gilt es zu verringern.

[Rebecca Geyer]

8. Mai 2015 | Veröffentlicht von nachhaltigkeitsbuero | Kein Kommentar »
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Vorlesungsstart: „Nachhaltigkeit – schillernder Begriff oder Paradigma für einen neuen Forschungsmodus“

Die erste Vorlesung innerhalb der Ringvorlesung „Humboldts Fußabdruck. Forschen für Nachhaltigkeit“ am Donnerstag, den 23. April, gab einen ersten Einblick in das weite Feld der Nachhaltigkeitsforschung und stellte besonders stark die Notwendigkeit für Analysen und Innovation in diesem Themengebiet heraus. Unter dem Titel „Nachhaltigkeit – schillernder Begriff oder Paradigma für einen neuen Forschungsmodus“ brachte Geographin Prof. Antje Bruns den Studierenden den Begriff Nachhaltigkeit, seine Verwendung und verschiedene wissenschaftliche Ansätze näher.

Globale Mega-Trends, wie demographischer Wandel und rapide Urbanisierung, treiben die steigende Ressourcennutzung massiv an. Gleichzeitig herrscht neben dem Druck auf die Natur durch Ressourcenausbeutung allerdings auch zunehmende soziale Spannungen durch globale Ungleichverteilung und Ungerechtigkeit. Nachhaltige Entwicklung ist für diesen Problemkomplex ein vielversprechendes Ziel. So sollen beispielsweise die Sustainable Development Goals der UN Armut bekämpfen und gleichzeitig die natürliche Lebensgrundlage der Menschen erhalten (https://sustainabledevelopment.un.org/topics/sustainabledevelopmentgoals).

Diese lebensermöglichende Basis durch Funktionen der Ökosysteme wird beispielsweise im Millennium Ecosystem Assessment analysiert (http://www.unesco.de/wissenschaft/biosphaerenreservate/biologische-vielfalt/mea.html). Der Bericht folgt dabei dem Konzept der Ökosystemdienstleistungen, wobei der Nutzen, den die Menschen aus den Ökosystemen ziehen, in verschiedenen Kategorien ermittelt wird. Dieser Ansatz kann beispielsweise auch ein höheres Bewusstsein für die Zerstörung von Ökosystemen schaffen, da den Ökosystemdienstleistungen monetäre Werte zugeschrieben werden können. So ist es möglich sich den tatsächlichen Kosten eines zerstörten oder degradierten Ökosystems zu nähern und mentale Wertsteigerung zu initiieren.

Ein Ansatz wie der von Ökosystemdienstleistungen ist dabei bei Herangehensweisen der „starken Nachhaltigkeit“ einzuordnen. Er geht von einer Unersetzbarkeit von Naturkapital aus und vertritt eine ökozentrische Sichtweise. Klassische Modelle wie das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit bzw. das Dreieck der Nachhaltigkeit berücksichtigen hingegen die Ebenen Ökologie, Ökonomie und Soziales gleichermaßen. Die Kritik, die sich diese Sichtweise stellen muss, ist jedoch, dass sie Substituierbarkeit der Elemente suggeriert. Die Degradierung der natürlichen Lebensgrundlage ist allerding in vielen Fällen schwerwiegend oder sogar irreversibel.

So ist es eine große Herausforderung für die Nachhaltigkeitsforschung, Wege hin zu sozialer Gerechtigkeit und Stabilität der Ökosysteme aufzuzeigen. Dazu müssen die komplexen Dynamiken in Mensch-Umwelt-System sowie die Interaktionen von globalen Prozessen in ökologischen und sozialen Dimensionen begriffen, analysiert und bewertet werden. Gleichzeitig stellen diese Prozesse auf verschiedenen Skalen sowie die Wechselwirkungen zwischen den Skalen eine große Aufgabe hinsichtlich der Nachfrage nach Prognosen und Projektionen für die Zukunft dar.

Wie verschiedene Disziplinen sich diesen Herausforderungen mit ihrer Fachexpertise, eventuell aber auch durch inter- und transdisziplinären Ansätze stellen, werden wir in Laufe der Vorlesungsreihe von den einzelnen RednerInnen erfahren.

[Constanze Werner]

30. April 2015 | Veröffentlicht von nachhaltigkeitsbuero | Kein Kommentar »
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