Social Media

Mit Instagram gegen Umweltzerstörung und

Social Media als Quelle der Bildung

Ein Beitrag zum Thema Umweltbewusstsein und die Nutzung sozialer Medien 2022

Von Cathleen Storbeck[1]

Social media like Instagram has become a significant tool for climate change and environmental activism. Environmental organizations are increasingly using social media to make their voices heard on environmental issues and to draw attention to global problems. The common goal is to reach many people in a short time, to educate and to encourage direct action.

Umweltthemen wie die Abholzung des Regenwaldes, Schutz der Artenvielfalt oder Wasserknappheit stehen immer wieder im Mittelpunkt öffentlicher Diskurse, wobei Massenmedien die mit Abstand am häufigsten genutzte Quelle für Informationen sind (Schulz 2003). Durch die klassische Umweltkommunikation über Medien wie Zeitungen oder Fernsehen werden vor allem junge Zielgruppen gegenwärtig nur noch schwer erreicht. Da ein großer Anteil des Alltags der jungen Menschen heutzutage im Internet stattfindet, muss auch die Umweltkommunikation sich dieser Entwicklung anpassen. Über Social Media wie Instagram sind neue Möglichkeiten für Umweltakteur*innen entstanden, um jungen Zielgruppen Themen wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und einen umweltgerechten Lebensstil näherzubringen. Der Instagram- Hashtag #climatechange hat mehr als 6,3 Mio. Beiträge (Stand Februar 2022). Unter dem Hashtag findet man Beiträge mit Inhalten wie: „The World is a fine place and worth fighting for” (Quelle: Greenpeace International) oder „The earth can’t afford to wait for everyone to care” (Quelle: climatesavemovement). Besorgnis über die globale Umwelt- und Klimakrise wird somit auf Social Media zum Ausdruck gebracht.

Wer Social Media Plattformen wie Instagram nutzt und sich für umweltbewusste Themen interessiert, wird wohlmöglich früher oder später auf Instagram-Profile wie greenpeace.de oder fridaysforfuture aufmerksam. Sei es durch die aktive Suche, thematisch gefolgter Hashtags oder einen Klick auf geteilte Beiträge von anderen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace erreicht mit ihrem deutschen Instagram Account aktuell 378.000 Follower*innen. Bei Ihren Beiträgen setzen sie auf visuelle Kommunikation und prägnante Inhalte.

Screenshot des Instagram-Accounts von Greenpeace, 2022.

Einer der letzten Beiträge von Greenpeace macht auf die Zerstörung des zweitgrößten Regenwaldes der Welt aufmerksam. Der Regenwald des Kongobeckens ist durch den Anbau von Kautschukplantagen stark bedroht. Er wird nach und nach abgeholzt und zerstört somit die Heimat der dort lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen. Die Zerstörung dieser Heimat ist nicht das einzige Problem was daraus resultiert. Greenpeace zufolge speichern Regenwälder jedes Jahr mehrere Milliarden Tonnen CO2. Dadurch sind Sie essenziell für ein stabiles Klima. Die Message wird schnell klar: Regenwaldschutz ist Klimaschutz.

Um sich dafür einzusetzen, hat Greenpeace eine Petition zum Schutz der Wälder und der Artenvielfalt gegründet, welche man, nachdem man einem Link folgt, direkt unterschreiben kann. Diese Art von Beiträgen machen nicht nur auf weltweite Umweltprobleme aufmerksam, sondern animieren, sich aktiv für den Umweltschutz einzusetzen. Man kann die Beiträge ebenfalls direkt mit seinen Freund*innen teilen und somit mehr Menschen darauf aufmerksam machen.  Unter dem Beitrag gesetzte Hashtags sprechen die Probleme und die Nutzer*innen direkt an: #wälderweltweit #forestareawesome #klimaschutz #klimakrise #naturelovers.

Der Trend zum grünen Aktivismus im Internet erreicht immer mehr Menschen; vor allem die jüngeren Generationen nutzen soziale Medien zum Kommunikationsaustausch und als eine neue Form von Bildung. Sie teilen Informationen von Umweltproblemen und diskutieren über mögliche Lösungen. Das Internet ist zu einem Bereich sozialen Handelns geworden und fungiert als ein wichtiger Treiber sozialen und kulturellen Wandels (Koch 2014).

Aber was genau steckt hinter dem Online-Aktivismus und dessen Teilnehmer*innen? Um dieser Frage näher zu kommen, wurde im Rahmen des Q- Teams: „Vorstellungen von Natur und Klima in religiösen, spirituellen und sozialen Bewegungen“ der Frage nachgegangen, welchen Einfluss soziale Medien wie Instagram auf das eigene Umweltengagement haben und wie mit umweltpolitischen Inhalten umgegangen wird.

Die Social Media Plattform Instagram wurde im Jahr 2010 gegründet und hat heute über eine Milliarden Nutzer*innen (Bundesamt 2021). Instagram kann als eine Mischung aus Microblog und audiovisueller Plattform verstanden werden. Die Nutzer*innen können ihre erstellten Beiträge mit Freund*innen oder einer breiteren Öffentlichkeit teilen. Somit gehört Instagram zu den so genannten Media Sharing Networks (Hand 2016). Das Zielpublikum sind vor allem junge Leute, die zur Generation der Digital Natives gehören. Instagram hebt sich von anderen sozialen Netzwerken wie zum Beispiel Facebook darin ab, dass Texte sich nicht ohne ein visuelles Element hochladen lassen. Des Weiteren kann Instagram nur als App auf dem Smartphone als mobile Version genutzt werden. Die Desktop Version auf dem PC ist stark in ihren Funktionen eingegrenzt und somit ist die mobile Version unumgänglich.

Bei der qualitativen Forschung im Internet gelangt man schnell zu den Methoden der Ethnographie. Die Auseinandersetzung mit kulturanthropologischer Feldforschung war für mich als Agrarwissenschaftlerin eine ganz neue Erfahrung. Aus meiner Fachrichtung heraus hatte ich noch keinerlei Kontakt mit Methoden aus diesem Fachgebiet. Durch das Q-Team bot sich mir damit einerseits die Möglichkeit, mich den Problemstellungen des zu untersuchenden Feldes mit meinem fachlichen Hintergrund als Agrarwissenschaftlerin zu nähern und andererseits, mich in einen neuen Wissenschaftsbereich einzuarbeiten, um mein ökologisches und interdisziplinäres Wissen zu vertiefen. Einen methodischen Rahmen für diese Feldforschung bietet das „Ethnografieren im Internet“. Gertrud Koch fasst prägnant zusammen:

„Gemessen an der Vielfalt und der Intensität, mit der das Internet im Alltag präsent ist, werden die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten in der ethnografischen Forschung noch zu selten als eigenständiger Gegenstand und auch in ihrer Einwirkung auf das jeweils untersuchte Forschungsfeld berücksichtigt. Dabei ist das Internet zu einem Bereich sozialen Handelns geworden, der in vielen kulturanthropologischen Forschungsgebieten als ein wichtiger Treiber sozialen und kulturellen Wandels fungiert.“ (Gertrud Koch 2013:367)

Seit Mitte der 1990er Jahren wurden mehrfach und unabhängig voneinander Begriffe wie zum Beispiel Netnography oder Virtual Ethnography und Konzepte zum ethnographischen Forschen im Internet entwickelt (Janowitz 2009). Der Begriff Netnography wurde erstmalig vom kanadischen Marketingprofessor Robert Kozinets geprägt und versteht sich als qualitative, interpretative Forschungsmethode, die traditionelle, ethnographische Forschungstechniken der Anthropologie auf die Studie von Online-Kulturen und Communities anwendet (Kozinets and Gambetti 2021).

Im Zusammenhang mit der Globalisierung und der damit zunehmenden Bedeutung von Medien wurde auch der ethnografische Zugang zum Feld in den 1980er Jahren durch George E. Marcus neu definiert. Um den globalen Kräften gerecht zu werden, entwickelte er die multi-sited ethnography mit der Annahme, dass

„any ethnography of a cultural formation in the world system is also an ethnography of the system, and therefore cannot be understood only in terms of the conventional single site mise-en-scène of ethnographic research[…].“ (George Marcus 1995)

Man konzentriert sich somit bei der Erforschung menschlicher Kulturen und Gruppierungen nicht mehr auf einen Ort oder Region, sondern vielmehr auf die transnationale Vernetzung. Diese Erkenntnis ist gerade auch im Bereich Ethnografieren im Internet von großer Bedeutung:

„In anthropological work within the field of cultural studies of science and technology, the tendency toward multi-sited research is most prevalent in the following topical areas: the study of issues concerning reproduction and reproductive technologie […]; studies of new modes of electronic communication such as the Internet; and studies concerned with environmentalism and toxic disasters.” (George Marcus 1995)

Beim Betreten des virtuellen Raumes ist die Präsenz der Forscher*in eine andere als im realen Leben. Aber dies entmutige nicht, sondern wurde vielmehr als ein schon bestehendes Element der gegenwärtigen Forschung genutzt. Die Protagonisten führen ihr Handeln in diesem virtuellen Raum aus und somit sollte dieser Ort genutzt werden.

Eine der Herausforderungen war es, wie man als Forschende mit dem fehlenden persönlichen Gegenüber sein umgeht. Im persönlichen Interview verarbeitet man untern anderem aus den sichtbaren Emotionen des Gegenübers Informationen.

Die methodische Herangehensweise war zunächst die Suche nach Nutzer*innen auf Instagram, welche sich für umweltpolitische Themen interessieren. Es wurden zwei Nutzerinnen herausgesucht und jeweils zu einem virtuellen Chat-Interview eingeladen. Es wurden vorab Leitfragen erarbeitet, welche inhaltlich einen Überblick über die aktive und passive Teilnahme am Geschehen beantworten sollten.

Screenshot eines Chat-Interview auf Instagram, Cathleen Storbeck, Berlin, Dezember 2021

Die erste Frage im Interview lautete: „Informierst du dich auf Instagram über Umweltthemen?“ und sollte somit zunächst einen Bezug zum Interviewthema schaffen. Darauffolgend kamen Fragen, die die bewusste Wahrnehmung von umweltpolitischen Beträgen und dessen Reflektion erörtern sollten, überleitend zur aktiven und passiven Teilnahme am Geschehen.

Eine Herausforderung in einem virtuellen Interview ist die Wahrnehmung von Emotionen. Um sich dieser Herausforderung zu stellen, wurden ebenfalls Fragen zu Gefühlzuständen gestellt. Eine Frage davon lautetet: „Hast du schon mal bemerkt, dass dabei in dir ein bestimmtes Gefühl ausgelöst wird, wenn du einen Beitrag mit einer umweltpolitischen Message teilst?“ Die Antwort umfasste mehrere beschreibende Gefühlszustände, wie „geschockt“, „Wut“ oder „Enttäuschung“. Das auch in einem virtuellen Raum viele Emotionen stecken können und auch wahrgenommen werden können, wurde somit ersichtlich.

Emotionen, die im Bezug zu umweltpolitischen Themen entstehen sind keine Seltenheit mehr und können sogar einem neuartigen Phänomen zugeordnet werden. Nach neuesten Erkenntnissen werden diese Emotionen zur so genannten Klimaangst zugeordnet und vor allem bei denjenigen beobachtet, welche sich intensiv mit der Klimakrise und dessen Folgen beschäftigen (vgl. psychologistsforfuture.org).

Aus dieser Angst heraus kann aber auch ein positiver Aktionismus entstehen, welcher aus einer eigenen Apathie gegenüber dem Klimawandel entsteht. Die wohl gängigste und bekannteste Form davon sind Demonstrationen auf der Straße. Diesen Aktionismus kann man auch bei Nutzer*innen in der virtuellen Welt wiederfinden. Durch soziale Netzwerke wie Instagram kann man mit einem Fokus auf visuelle Kommunikation, prägnante Inhalte teilen und wenn nötig Emotionen vermitteln oder auslösen.

Den Interviewpartnerinnen wurden Fragen zu ihren eigenen Aktivitäten auf Instagram gestellt und zu den Aktivitäten von Freund*innen und Bekannten. Es ergab sich bei einer Interviewpartnerin die Frage, wie ihre Wahrnehmungen und Gefühle sind, wenn umweltpolitische Beiträge von anderen geteilt werden. Ihre Antwort lautete:

„Wenn die Freunde wirklich für das Thema stehen und oft engagiert sind, dann finde ich das gut und supporte es auch. Aber wenn es nur so alibimäßig geteilt wird, z.B. von Models, die aber auch viele Jobs annehmen und durch die halbe Welt düsen, dann ist das einfach mehr Marketing als echt. Es muss für mich einfach authentisch sein, damit ich das gut finde. Sonst ist es nur cringe.“

Aus der Antwort heraus ergaben sich viele weitere spannende Punkte, an die man hätte weiter anknüpfen können, dies hätte aber den Umfang des Interviews überschritten. In dieser Antwort sind einige eingedeutschte englische Wörter herauszulesen, welche in einem angehängten Glossar näher beschrieben werden.

Zum Thema Verantwortungsbewusstsein wurden die Interviewpartnerinnen ebenfalls befragt: „Hast du manchmal das Gefühl der Verantwortung, über umweltpolitische Themen im Internet aufmerksam zu machen und würdest du sozusagen ein schlechtes Gefühl haben, wenn du es nicht tun würdest?“ Die erste Antwort war kurz und knapp: „Nein. Null, ist nicht meine Verantwortung, Menschen zu belehren.“ und die zweite Antwort lautete:

„Hm… ne und ja ich glaube schon, dass ich eine bestimmte Verantwortung habe, aber die habe ich nicht allein. Jede Person sollte seine Reichweite nutzen, um auf umweltpolitische Themen aufmerksam zu machen. Es betrifft uns ja alle.“

Diese Aussagen könnte man so interpretieren, dass es vor allem eine individuelle Sache ist, über umweltpolitische Themen aufmerksam zu machen.

Zusammenfassend lässt sich aus den Interviews schließen, dass soziale Medien wie Instagram ein Instrument sein können, welches das Umweltengagement anregt. Allerdings ist ein Misstrauen gegenüber den Beiträgen stets vorhanden. Die visuellen und prägnanten Informationen können als Vorteil aber auch als Nachteil gesehen werden. Demgegenüber enthalten wissenschaftliche Beiträge mehr Informationen und seriöse Quellen.

Quellen

CLIMATESAVEMOVEMENT[Instagram] (2022): Instagram-Account von Climatesavemovement, veröffentlicht am 02.02.2022, online unter: https://www.instagram.com/p/CZdOKkHqPz9/ (letzter Zugriff 21.02.2022).

FRIDAYS FOR FUTURE, International [Instagram] (2022): Instagram-Account von Fridays For Future International Deutschland, online unter: https://www.instagram.com/fridaysforfuture/?hl=de (letzter Zugriff 21.02.2022).

GREENPEACE Deutschland [Instagram] (2022): Instagram-Account von Greenpeace Deutschland, veröffentlicht am 02.02.2022, online unter: https://www.instagram.com/p/CZeInIqNQzp/ (letzter Zugriff 21.02.2022).

GREENPEACE International [Instagram] (2022): Instagram-Account von Greenpeace International, eröffentlicht am 30.12.2021, online unter: https://www.instagram.com/p/CYF1NEUFKFN/ (letzter Zugriff 21.02.2022).

HAND, Martin (2016): „Visuality in Social Media: Researching Images, Circulations and Practices“. In L. Sloan & A. Quan-Haase, The SAGE Handbook of Social Media Research Methods, S. 215-231.

JANNOWITZ, Klaus. M. (2009): Netnographie –  Ethnographische Methoden im Internet und posttraditionelle Vergemeinschaftungen. In Peter Ohly (Hrsg.), Tagungsband zur Wissensorganisation ’09 „Wissen – Wissenschaft – Organisation“, 12. Tagung der Deutschen ISKO International Society for Knowledge Organization), 19. – 21.10.2009, Bonn, S. 1-9.

KOCH, Gertraud (2014): Ethnographieren im Internet. In: Bischoff, Christine / Oehme-Jüngling, Karoline / Leimgruber, Walter: Methoden der Kulturanthropologie. Bern: Haupt Verlag, S. 367-382.

KOZINETS, Robert V., Rosella Gambetti (2021): Netnography Unlimited: Understanding Technoculture Using Qualitative Social Media Research. Milton: Taylor & Francis Group.

MARCUS, George E. (1995): Ethnography in/of the World System: The Emergence of Multi-Sited Ethnography. Annual Review of Anthropology, 24, S. 95-117.

SCHULZ, Winfried (2003): Mediennutzung und Umweltbewusstsein: Dependenz- und Priming-Effekte. Publizistik, Vol.48 (4), Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschafte, S. 387-413.

STATISTISCHES BUNDESAMT (2021): Statistiken zu Instagram, Zitiert nach de.statista.com. Veröffentlicht von L. Rabe, 12.07.2021, online unter: https://de.statista.com/themen/2506/instagram/#topicHeader__wrapper (letzter Zugriff: 21.02.2022).

PSYCHOLOGISTS FOR FUTURE [Blog] (2021): Klimaangst. Anmerkungen zu einem aktuellen Schlagwort der Klimakrise, online unter: https://www.psychologistsforfuture.org/klimaangst/ (letzter Zugriff: 21.02.2022).

Glossar

hashtag: Ein mit Doppelkreuz versehenes Schlagwort, das dazu dient, bestimmte Inhalte oder Themen in sozialen Netzwerken auffindbar zu machen

cringe: Bedeutet übersetzt schaudern und wird als eine Gefühlsbeschreibung des Fremdschämens benutzt  feed: Sind fortlaufende Beiträge in sozialen Medien


[1] Cathleen Storbeck studiert Agrarwissenschaften an der Humboldt Universität zu Berlin.

21. Februar 2022 | Veröffentlicht von Dr. Inga Scharf
Veröffentlicht unter Allgemein

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