Archiv für September 2018

Originaldokument von Karl Marx wieder im Universitätsarchiv

Karl Marx gehört zweifellos zu den berühmtesten Studenten der Berliner Universität. Sein Studium der Jurisprudenz trat er 1836 an und besuchte acht Semester lang die Alma Mater Berolinensis, bevor er am 30. März 1841 sein Abgangszeugnis erhielt.

Dieses Zeugnis, zusammen mit weiteren Studienunterlagen, befand sich an der Humboldt-Universität zu Berlin, bevor 1952 die Originale auf Veranlassung des Rektors Friedrich dem Marx-Engels-Lenin-Institut (später Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED) in Berlin übergeben wurden. Zehn Jahre später kam das Konvolut zurück, die Originale waren durch Faksimiles ersetzt worden und befanden sich nunmehr im Besitz des 1963 gegründeten Zentralen Parteiarchivs. Das Institut war unter anderem für die historisch-kritische Herausgabe des Marx-Engels-Gesamtwerkes zuständig, das Archiv sammelte zahlreiche Memorabilien, die mit seinen Namensgebern und der Arbeiterbewegung allgemein in Verbindung standen, und verwaltete sie bis zur Auflösung nach 1989. Danach wanderten die Unterlagen ins zuständige Bundesarchiv (Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR), wo sie sich bis vor wenigen Wochen befanden.

Schon damals bedeutete die Herauslösung der Marx’schen Dokumente aus einem fadengehefteten Konvolut des Universitätsarchivs einen Bruch der archivischen Grundsätze. Nach 66 Jahren konnte dieser Bruch wieder behoben werden. Das restaurierte Abgangszeugnis ist aus dem Bundesarchiv ins Archiv der HU zurückgekehrt und gibt Auskunft über Karl Marx und seine Studien an der Berliner Universität.

Marx‘ Erinnerungen an seine Berliner Zeit sind eher spärlich: nicht auf Jura habe er den Fokus seines Interesses gerichtet, obwohl er einige rechtswissenschaftliche Veranstaltungen besuchte, sondern vor allem auf Philosophie und Geschichte. Aus seinen Studienunterlagen geht der Besuch vereinzelter Vorlesungen hervor – unter anderem zur Logik oder zur Allgemeinen Geographie -, doch muss sein Philosophie-Studium vorwiegend ein Selbststudium gewesen sein. Die Testate seiner Universitätsbesuche bescheinigten ihm größtenteils eine regelmäßige Teilnahme bzw. Belegung von Vorlesungsreihen. Lediglich bei Juristen mit stark rechtsphilosophischer Ausrichtung, Eduard Gans und Georg Andreas Gabler, erhielt er eine „vorzüglich fleißige“ bzw. „ausgezeichnet fleißige“ Teilnahme bestätigt.

Zwar waren diese Informationen bereits den Faksimiles zu entnehmen, doch können Kopien die Originale nicht ersetzen. Und es ist erfreulich, dass die Dokumentation des Studiums eines der bekanntesten deutschen Philosophen nun wieder dort aufbewahrt wird, wo sie hingehört.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/das-zeugnis-des-karl-marx-auf-der-suche-nach-den-wurzeln-des-revoluzzertums-31229196
http://www.fr.de/kultur/karl-marx-in-disziplinarischer-hinsicht-nichts-besonders-nachtheiliges-a-1579207
https://www.kulturradio.de/programm/schema/sendungen/kulturradio_am_vormittag/archiv/20180907_0905/wissen_0910.html

Kontakt:

Dr. Aleksandra Pawliczek

Humboldt-Universität zu Berlin

– Universitätsarchiv –

Tel. +49(0)30-2093 99747

 

Universitätsarchiv

Wagner-Régeny-Str. 5

12489 Berlin

archiv@ub.hu-berlin.de

19. September 2018 | Veröffentlicht von Dr. Ulrike Schenk | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Allgemein, Universitätsarchiv

Hochschulschriftensammmlung der UB der HU jetzt in großen Teilen online zu recherchieren

Hochschulschriftensammlung der UB – jetzt zu einem großen Teil online zu recherchieren

Die Universitätsbibliothek (UB) der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin beherbergt eine umfangreiche Sammlung von Hochschulschriften, beginnend mit dem 16. Jhd. bis 1998. Nun ist ein großer Teil dieser Sammlung das erste Mal online in Primus nachgewiesen und bestellbar.

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Dissertation aus der Sammlung

Hintergrund: Gegen Ende des zweiten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts entstand der Akademische Austauschverein, dem die Berliner Universität und ihre Bibliotheken angehörten, und der Tauschbeziehungen begründete, die bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts für die Erwerbung von Hochschulschriften von großer Bedeutung blieben. Pflichtexemplarregelungen zugunsten der Berliner Universität kamen später hinzu: 1838 für alle preußischen Schul- und Universitätsschriften, 1885 für alle deutschen Hochschulschriften. Aus diesen Quellen speiste sich die Sammlung, zu der neben Dissertationen, Habilitationsschriften und Schulprogrammen auch Rektoratsreden und andere akademische Gelegenheitsschriften zählen. Der Bestand beinhaltet nicht nur deutsche Hochschulschriften, sondern auch internationale Bestände aus z.B. Frankreich, den Niederlanden, den USA, der Schweiz sowie den skandinavischen Ländern.

Mit seinem Beschluss vom 15.9.1998 legte der Akademische Senat der HU fest, dass der „historisch gewachsene Bestand der Hochschulschriften der Universitätsbibliothek der HU ergänzt, bibliothekarisch und konservatorisch betreut sowie in den elektronischen Katalogen erschlossen und im Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV) verzeichnet [werden soll].“[1] Gleichzeitig legte er fest, dass die deutschen Dissertationen inklusive des Promotionsjahres 1998 zur Sammlung gehören. Ab diesem Zeitpunkt sammelt die HU nur noch die eigenen Hochschulschriften als Pflichtexemplar.

Die Pflege und Erschließung ist nach wie vor eine große Aufgabe. Der weitaus größte Teil dieser Sammlung ist zwar formal erschlossen – Autor, Titel, Ort usw. sind also erfasst -, allerdings nicht mehr den heutigen Nutzungserwartungen gemäß zu finden, sondern nur über verschiedene Zettelkataloge. Hinzu kommt: Wie damals üblich und modern, wurden die Katalogisate nach den „Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preußischen Bibliotheken“ – kurz „Preußischen Instruktionen“ (PI) erstellt. Diese heute fremdartig wirkende Verzeichnung will die UB nach und nach in die Neuzeit übertragen.

Die Sammlung ist in drei Katalogen verzeichnet, die folgende Zeitabschnitte abdecken:

  • Teil 1 umfasst den Zeitraum von den Anfängen im 16. Jahrhundert bis 1816 (ca. 53.500 Katalogkarten)
  • Teil 2 umfasst den Zeitraum von 1817 bis 1907 (ca. 176.000 Katalogkarten)
  • Teil 3 umfasst den Zeitraum von 1908 bis 1974 (ca. 610.000 Katalogkarten)
  • Teil 4 umfasst die Bestände von 1975 bis 1998 und ist seit Jahren im Online-Katalog bzw. Primus zu finden

Alle drei Teile des Zettelkatalogs sind schon lange über Mikrofiche-Lesegeräte zu konsultieren. Aber die Erfahrung zeigt, dass nur Spezialisten und Ahnenforscher sich diese Art der Suche und Inanspruchnahme zumuten.

Nun ist in einem ersten Schritt der dritte und umfangreichste Teil von 1908 bis 1974 digitalisiert, mit Hilfe von Schrifterkennungssoftware (OCR) soweit es ging erschlossen und in unser PRIMUS-Suchsystem eingespielt worden. Ab sofort kann es also passieren, dass Sie bei Ihrer Recherche auf Hochschulschriften stoßen, die wenig bekannt und häufig auch falsch geschrieben sind. Ein besonders unschönes Beispiel sehen Sie hier:

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Trefferanzeige in Primus

 

Der Vergleich mit der Originalkatalogkarte zeigt die Schwächen der Schrifterkennungssoftware:

Treffer_Scankatalog_karte
Katalogkarte im Zettelkatalog

 

Die Problematik der Arbeit mit OCR-Software ist hier besonders eindrücklich – und vielleicht verständlich angesichts der vielen Unterstreichungen, farbigen Zusätze, Absätze und Klammern auf der Katalogkarte. Das ist aber überhaupt nicht die Regel. Häufig sind nur einzelne Buchstaben falsch erkannt und übertragen worden, so dass die Chance, den Titel zu finden, recht hoch ist. Wichtig aber bleibt: Der gefundene Titel sollte geprüft werden, indem man sich in Primus unter den „Details“ die digitalisierte Katalogkarte selbst einmal anschaut.

Die Bestellung solcher Bestände, die im Forschungslesesaal des Grimm-Zentrums bereitgestellt werden, erfolgt dann nach dem üblichen Verfahren.

Ist eine solche Dissertation einmal gefunden und bestellt worden, wird sie nicht einfach zurückgestellt, sondern nach aktuellem Regelwerk im elektronischen Bibliothekskatalog erschlossen, so dass sie zukünftig schneller und zuverlässiger in Primus gefunden wird.

Wenn Sie Fragen zur Sammlung oder zum Sachverhalt haben, wenden Sie sich gerne an: christian.rueter@ub.hu-berlin.de

Und wen es interessiert, es gibt auch Literatur zum Thema:

  • Rudi Möbus, Der Bestand der Hochschulschriftensammlung der Universitätsbibliothek Berlin, in: Irmscher, Waltraud. Die Bestände der Universitätsbibliothek und ihrer Zweigstellen : Wissenschaftliches Kolloquium anläßlich des einhundertfünfzigjährigen Bestehens der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin am 20. Februar 1981; Diskussionsbeiträge. Hrsg. von Waltraud Irmscher, Berlin 1982 (Schriftenreihe der Universitätsbibliothek Berlin 40), S.71-74. (https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/5713/40.pdf)
  • Rudi Möbus, Die Arbeit mit Hochschulschriften in der Universitätsbibliothek Berlin in Vergangenheit und Gegenwart, in: Beiträge zur Arbeit der Universitätsbibliothek in Vergangenheit und Gegenwart, Berlin 1980, S. 83-97
  • Erich Stietz, Die Schulprogrammsammlung in der Universitäts-Bibliothek Berlin, in: Aus der Arbeit der Universitätsbibliothek, Berlin 1971 (Schriftenreihe der Universitätsbibliothek Berlin 7), S. 23-33 (https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/5678)

 

[1] Siehe dazu das „Beschlussprotokoll der 90. Sitzung des Akademischen Senates (…) der Humboldt-Universität zu Berlin vom 15.9.1998“, TOP 5. Grundlage dafür ist die Beschlussvorlage Nr. 111/98. Zitat Seite 5.

3. September 2018 | Veröffentlicht von Christian Rüter | Kein Kommentar »
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