Macht Platz für den Gendergap!

Texte zu verfassen ist generell eine schwierige Sache und niemand, der vor dieser Aufgabe steht, ist zu beneiden. Schon gar nicht in der heutigen Zeit. Wie gut hatten es doch Goethe, Schiller und Co. Die mussten sich nicht mit Dingen, wie Gendering auseinander setzen, sondern konnten einfach drauf los schreiben, was ihnen in den Sinn kam. Sie mussten sich keine Sorgen darüber machen, dass sie als diskriminierend abgestempelt werden, nur weil sie die Wörter so benutzten, wie sie es einmal gelernt hatten.
Heutzutage ist das alles anders. Verwendet man bspw. die Anrede „Schüler“ bei einer nicht-homogenen Masse, muss man um sein Leben fürchten. Überall lauern Diskriminierungsopfer, die nur darauf warten mit ihrer Bekehrungsstandpauke zu beginnen und mit erschütternden Fakten der Menschheit über einen herzufallen. Damit das aber nicht mehr, bzw. seltener vorkommt, hat man zunächst das sogenannte „Binnen-I“ erfunden. Dieses „I“ wird ohne Rücksicht auf Verluste einfach an die männliche Form eines Wortes angehangen – „SchülerIn“. Wie das klingt und ob es den Lesefluss, oder besser noch den Gedankenfluss beim Zuhören unterbricht und einen komplett aus dem Thema reißt, ist irrelevant. Hauptsache ist, niemand wird diskriminiert!
Aber wird hier wirklich niemand diskriminiert? Ist es nicht diskriminierend, dass man die Frau über Jahrhunderte nie erwähnt hat und auf einmal ins Rampenlicht schiebt? Das ist es nicht! Schließlich wurden Frauen seit Geschichtsbeginn nicht genannt und deshalb ist es auch gerechtfertigt, dass man phonologisch die männliche Form weg lässt und nur noch die weibliche hören kann. Bei „SchülerIn“ steckt ja schließlich die männliche Form mit drin, da soll man sich eben nicht so haben. Gut, dann habe ich mich da halt nicht so, aber es gibt ja bekannterweise nicht nur Männer und Frauen, sondern auch Menschen, die sich weder dem einen, noch dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Wo bleiben die beim „Binnen-I“? Richtig! Die werden nicht genannt und das ist Diskriminierung, wie wir ja gelernt haben. Aber keine Sorge, auch dafür hat man eine tolle Lösung gefunden. Den „Gendergap“! Hierbei handelt es sich um einen stinknormalen Unterstrich, der zwischen die männliche und die weibliche Form geschoben wird – „Schüler_in“. Diese formschöne Variante von dem altbekannten Wort „Schüler“ wird mit einer kleinen Pause gesprochen, man soll den Gap schließlich auch hören können, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt.
Das ist zwar alles aufwendiger, spricht sich schlechter und reißt einem den roten Faden ab, aber dafür ist es politisch korrekt und das ist ja schließlich die Hauptsache. Wir Frauen werden einfach hinten angehangen und alle anderen dazwischen gequetscht. Wenn das nicht revolutionär ist, dann weiß ich auch nicht weiter.
Wie würde Goethe heute so schön schreiben ?!?:
„Man kann nicht immer ein_e Held_in sein, aber man kann immer ein_e Mann_in sein.“
Auf vielfachen Wunsch veröffentlichen wir hier die  weiteren Siegergeschichten unseres Schreibwettbewerbs.

Josephine Becker

25. Januar 2011 | Veröffentlicht von ehemaliges Mitglied
Veröffentlicht unter Dies und das, Tellerrand
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