Ein traditioneller "Scholarly Makerspace" - Das Grimmzentrum der Humboldt-Universität zu Berlin / Ansicht der Fassade gesehen aus der Planckstraße

Was sind Scholarly Makerspaces? – eine erste Überlegung

Das FuReSH-Projekt verfolgt eine Idee, die wir als Scholarly Makerspaces bezeichnen. In unserem Antrag hatten wir uns diese Beschreibung überlegt:

Der Grundidee des international bekannten Ansatzes der „Makerspaces“ in öffentlichen Bibliotheken folgend sind Scholarly Makerspaces digitale Arbeitsumgebungen in [wissenschaftlichen] Bibliotheken, die digitale Ressourcen und Werkzeuge zusammenführen und zur Verfügung stellen, nach Möglichkeit und Bedarf die Nutzung begleiten bzw. die Angebote von Drittanbietern lokal vermitteln. Sie sind sowohl lokal auf Workstations wie auch plattformbasiert denkbar. (Antrag FuReSH)

Es wird also deutlich, dass es bei den Scholarly Makerspaces nicht primär darum geht, Hardware wie Lasercutter oder 3D-Drucker anzubieten. Sie unterscheiden sich daher beispielsweise vom Makerspace-Angebot der SLUB, dessen Ziel ein “offener Kreativraum für Menschen, die ihre Ideen und Do-It-Yourself-Projekte realisieren möchten” ist. Unser Ansatzpunkt ist vielmehr rein digital und baut auf der Idee auf, Software, Algorithmen und digitale Werkzeuge als eine Art (virtuelle) Laborausstattung der Digitalen Geisteswissenschaften zu verstehen. (Beispielsweise Voyant-Tools, Eintrag zu Voyant-Tools in der Wikipedia)

Dahinter stehen vor allem zwei Beobachtungen.

Erstens sehen wir, dass zwar sehr viel Bewegung in diesen Bereichen in den Digital Humanities spürbar ist, die Vermittlungsstufe in lokale Forschung und Lehre aber noch nicht systematisch genug erfolgt.

Zweitens sind wir aus einer bibliothekswissenschaftlichen Sicht ständig mit der Frage befasst, was eine (post)digitale wissenschaftliche Bibliothek eigentlich sein kann. Für die traditionelle geisteswissenschaftliche Arbeit stellte sie in vielen Fällen Material und nicht selten auch den Reflexions- und Arbeitsraum, also eigentlich buchstäblich schon immer einen „Scholarly Makerspace“, bereit. Diese Rolle bleibt der Bibliothek auch dauerhaft. In dem Maße jedoch, in dem digitale Verarbeitungsschritte grundlegender Bestandteil dieser nun postdigitalen geisteswissenschaftlichen Forschung werden, reicht es nicht mehr aus, allein Materialien bereitzustellen. Gerade für Forschende, die nicht unmittelbar in konkrete Digital-Humanities-Projekte eingebunden sind, entsteht hierbei häufig eine Vermittlungslücke. Ähnliches gilt für die Einbindung von digitalen Forschungsaspekten in die allgemeine Lehre.

Ein traditioneller "Scholarly Makerspace" - Das Grimmzentrum der Humboldt-Universität zu Berlin / Ansicht der Fassade gesehen aus der Planckstraße
Auch eine Art traditioneller „Scholarly Makerspace“ – das Grimmzentrum der Humboldt-Universität zu Berlin. (Foto: Ben Kaden)

Hinter Scholarly Makerspaces steht die Idee, gerade für diese allgemeineren Zielgruppen Möglichkeiten zu schaffen, sowohl explorativ als auch mit konkreten Forschungsfragen über die Bibliothek vermittelt Zugang zu Werkzeugen, Tutorials und Materialien zu erhalten.

Der Ansatz findet bei spezialisierteren Fragestellungen sicher seine Grenzen. Für solche Fälle können jedoch von den Bibliotheken bzw. den Betreibenden der Scholarly Makerspaces, beispielsweise in Zusammenarbeit mit DARIAH und CLARIN Ansprechpersonen benannt werden.

Wenngleich die Idee der Scholarly Makerspaces von den Digitalen Geisteswissenschaften ausgeht, soll und wird sie prinzipiell auch für andere disziplinäre Felder adaptierbar sein.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Scholarly Makerspaces als niedrigschwellige Angebote eine Brücke zwischen den Entwicklungen in den Digital Humanities und den geisteswissenschaftlicher Forschung und Lehre an den Hochschulen bauen helfen. Werkzeuge werden nachgewiesen und, sofern in stabilen Versionen verfügbar, auch direkt angeboten bzw. vermittelt. Digitale oder digitalisierte Bestände der Einrichtungen können bereits als Forschungsmaterial durch die Bibliothek bereitgestellt werden. Für anspruchsvolle Forschungsfragen werden Schnittstellen und Kontaktpunkte zu Digital-Humanities-Expertinnen und -Experten bereitgestellt. Die Bibliothek bietet zudem virtuelle Sandboxen und einfache Online-Tools, mit denen sich vor allem explorativ und als Lerneffekt einfache Analysen durchführen lassen. Diese werden mit entsprechenden didaktischen Materialien begleitet. Für weiterführenden Schulungsbedarf gibt es ebenfalls Kontaktpunkte zu den einschlägigen Digital-Humanities-Angeboten der deutschsprachigen und internationalen Wissenschaftslandschaft.

Weiterführend: Degkwitz, Andreas: The interactive library as a virtual working space. In: LIBER Quartely, 27.1 (2017). https://www.liberquarterly.eu/articles/10.18352/lq.10214/