Ein Kommentar zum Vortragsthema „Humanökologie – Mensch und Umwelt ” von Prof. Dr. Liliane Rueß
Populationen verschiedenster Spezies besiedeln die Erde seit Jahrmillionen. Die mittlerweile große Population der Menschen ist erst seit einem Wimpernschlag der Erdgeschichte vertreten, setzt sich jedoch als Ausnahmespezies über einige Regeln der Natur hinweg und gestaltet sich den Erdball neu. Auf einige Veränderungen wird in diesem Kommentar eingegangen.
Eine Population ist eine Gruppe von Individuen der gleichen Art, die in einem Ökosystem auftreten und leben. Jede Spezies auf der Erde besiedelt ein bestimmtes Ökosystem in einer ökologischen Nische unter Artgenossen. Doch die Population der Menschen muss sich an keine Nischen mehr anpassen. Barrieren wie Meere oder Gebirge haben wir dank der Technik überwunden und erreichen alle Orte des Planeten in kürzester Zeit. Natürliche Selektion gibt es kaum noch, ebenfalls aufgrund der fortschreitenden Entwicklung der Technik und Medizin.
Unsere Population wächst schnell. Die naturgegebenen Grenzen dieses Wachstums sind die terrestrischen Flächen unseres Planeten. D.h. die Kontinente und die darauf wachsenden Pflanzen geben vor, wie viele Menschen hier leben und davon ernährt werden können. Bei einer Weltbevölkerungszahl von 7,3 Milliarden Menschen ist das Limit noch nicht erreicht. Eine größer werdende Menge an Menschen bedeutet vermehrte Siedlungen und größere Städte. Dies bedingt die Erweiterung der Landwirtschaft um Anbauflächen. Welche Folgen hat diese Ausbreitung für die anderen Organismen auf der Erde?
Die Fragmentierung von Lebensräumen beispielsweise, die durch Straßenbau oder dichter werdende Siedlungsräume geschehen, führen für große Wirbeltiere wie Raubkatzen oder Wild zu Problemen. Der Verlust der genetischen Vielfalt durch zu geringe Populationszahlen oder Konkurrenzkämpfe auf zu kleinen Territorien sind die Folge. Um dem entgegen zu wirken, werden den Tieren Grünbrücken angeboten, um deren Wanderung über Autobahnen zu ermöglichen. Somit werden Populationen vereint, die einzeln zu klein wären um sich über längere Zeiträume zu erhalten. Die Minimale überlebensfähige Populationsgröße beschreibt die kleinste Anzahl an Individuen einer Population, die es ermöglicht auch noch in 1000 Jahren zu einer Wahrscheinlichkeit von 99 % zu bestehen. Bei vielen Arten ist der Bestand schon stark geschrumpft und diese Wahrscheinlichkeit gesunken. Wenn die Individuenzahlen für bedrohte Arten wieder stiegen, stellt sich die Frage ob sich die Populationen trotzdem halten können. Denn jede Spezies hat einen bestimmten Minimallebensraum, der sich aus dem Produkt von Flächenbedarf und Individuenzahl ergibt. Durch Habitatverkleinerung und die Zerstörung von Lebensräumen können Minimallebensräume für minimale überlebensfähige Populationsgrößen nicht mehr gewährleistet werden.
Die durch den Menschen verursachte Einschleppung invasiver Arten in fremde Ökosysteme ist auch ein Grund von Artensterben. Invasive Pflanzenarten beispielsweise, die in Ökosysteme eingeführt werden, in denen sie konkurrenzfrei wachsen können, verdrängen heimische Arten. Des Weiteren bilden sie neuen Lebensraum für, die in ihrem Ökosystem vorkommenden Insekten und anderen Tiere, welche wiederum die heimischen Arten verdrängen. Die menschenbedingte Erwärmung des Klimas der Erde verursacht weitere Veränderungen. Schwesterarten, wie der Grizzlybär und der Eisbär können sich aufgrund von schmelzenden Eismassen, die bisher eine natürliche Barriere darstellten, begegnen und kreuzen. Auf diese Weise entstehen Hybride, die keiner der beiden Arten zugeordnet werden können.
Naturschutzgebiete stellen einen sicheren Lebensraum für gefährdete Arten da. In kleineren Schutzprogrammen ist die Artenvielfalt oft erhöht. In großen Schutzgebieten, die mehrere Habitate vereinen, sind umfangreichere Populationen geschützt, die Biodiversität im Vergleich jedoch geringer. D.h. ein Wechsel aus kleinen und großen Naturschutzgebieten auf der Landkarte kann vielen Arten helfen, sich zu erholen.
Möchte man eine bedrohte Art schützen, muss man auch ihren Lebensraum und alle Teile der Nahrungskette bewahren, in der sie involviert ist. Um eine Population aufrecht zu erhalten, genügt es nicht einzelne Individuen zu schützen, sondern eine minimale Anzahl von Individuen in ihrem Lebensraum stabil zu etablieren. Es stellt sich die Frage, wie viel Platz, welchen Populationen dieser Erde zusteht oder ausreicht. Gibt es für den Menschen, als Ausnahmespezies, ein Recht auf mehr Lebensraum? Und können Naturschutzgebiete eine ausreichende Lösung darstellen?
[Fanni Thrum]