Ein Beitrag von Aleksandra Piotrowska
Es war einmal ein Mann, der Vögel liebte. Zunächst beobachtete er sie aus sicherer Entfernung; er hatte keine Angst vor ihnen, aber fühlte sich unwohl in der Nähe der ihm fremden Vogelwelt. Mit der Zeit lernte er immer mehr über die Vögel. Bald wusste er schon, aus welchem Stoff sie ihre Nester bauten, wohin sie im Winter flogen und aus welcher Richtung sie im Frühling wieder zurückkamen. Der Mann zählte, wie viele Vogelarten es im Wald gab und lernte, wie man sie voneinander unterscheidet. Schließlich erlernte er auch die Sprache der Vögel.
Der Mann lebte jedoch in seltsamen Zeiten. An die Macht kam gerade ein Zauberer, der von vielen geliebt und geschätzt wurde. Er beherrschte seine Magie ausgezeichnet: Wenn er sprach, hörte das Publikum zu; wenn er sang, sangen sie ihm zu; und wenn er schwieg, klatschten sie. Wohin er auch ging, umgaben ihn Worte und Musik, und wo es Worte und Musik gab, da gab es auch andere Menschen.
Der Mann hätte vielleicht auch geklatscht und gesungen, wenn er ausschließlich die Sprache der Menschen hätte sprechen können. Er konnte aber auch die Sprache der Vögel.
Eines Tages sagte der Zauberer: „Die Vögel sind böse. Sie verstehen unsere Sprache nicht und werden uns wohl auch nie verstehen“. Die Menschen hörten zu. Dann nahmen sie ihre Gewehre und begannen, die Vögel zu erschießen. Sie fielen zu Boden wie Regentropfen, einer nach dem anderen, Dutzende, Hunderte. Der Zauberer und die Menschen sangen dabei.
Nur einer sang nicht. Der Mann stand im Wald und weinte, als seine Freunde getötet wurden. Zunächst versuchte er, die fallenden Vögel zu fangen, aber er hatte nur zwei Hände. Bald gab es auch niemanden mehr zu retten.
Als er da im Wald stand, weinend und trauernd, hörte er plötzlich eine schöne Stimme. Sie sprach von Hoffnung, aber auch von einer Gefahr. Sie war süß und anziehend und der Mann folgte ihr neugierig. Die Vögel fielen nicht mehr. Die Schüsse hörten auf. Dazwischen bemerkte der Mann, dass er nicht der einzige war, der der Stimme folgte. Es gab mehrere Menschen, die von überall herkamen, sie klatschten und sangen, sie jubelten und fühlten sich im gemeinsamen Sieg, Glauben und Ziel vereinigt.
Der Mann lächelte. Endlich hatte er einen Grund zum Singen.
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