Archiv für Kategorie NI and beyond

Vær så snill, klem meg

Beitrag und Fotos von Karla Kabot

så snill, klem meg. Oder haben wir uns ausgeklemmt? Ich klammere nicht, viel. Lovet. Jeg skal bare klemme deg for en kort tid for jeg drå hjem. Etterpå skal jeg tenke på deg, litt.

Unnskyld, kannst du das gerade bitte einfach ausklammern? Es ist mir etwas peinlich, mich dir so verletzlich gezeigt zu haben. Det er bare det at jeg er så opptat med deg, og jeg kan ikke tenke på ikke noen annen. Das lässt mich ganz wuschig werden.

Oh du min vakre virvar, som jeg har mistet deg.

Norwegen 2022

Opera-huset, 15.08.2022

Auf der Suche nach
einem Zuhause in Orten und
Worten sammle ich Bilder und
Wortfetzen. Auf Deutsch zu schreiben,
fühlt sich zu sehr nach Berlin an, meine
englischen Texte waren nie ganz ich selbst und
auf Norwegisch zu schreiben, gleicht einem Wechselbad aus Sprachlosigkeit und Entdeckerinnenfreude.

The Barcode, 20.08.2022

Silent disco | Karaoke | yellowroots | BLA im Blå | wandern | im See schwimmen |im Fjord schwimmen
Second Hand shoppen in Grünerløkka | Feta für 6 Euro | verspiegelte Sportsonnenbrillen | Läufer:innen-Armeen

Astrup Fearnley Museet, 22.08.2022
5. Oktober 2022 | Veröffentlicht von ehemaliges Mitglied | Kein Kommentar »
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Sag´s mir bitte Finnisch – Kommunikation quer durch Europa

Ein Beitrag von Hannah Zeppen, Praktikantin am Finnland-Institut

Wie schnell Finnland einen in seinen Bann ziehen kann – nur ein Jahr und schon hin und weg. Zumindest war es bei mir so, 2019 zog es mich aus meiner Heimat am Niederrhein in die Nähe von Helsinki. Ich wusste erst nur: Ich will in den Norden. Heute bin ich unglaublich glücklich, dass es Finnland geworden ist. Ich habe mich in die Bescheidenheit und Zurückhaltung verliebt sowie in die gelebte Gleichheit und Toleranz, die ich im Denken der Finn*innen zu identifizieren glaubte. Sich auf das Wesentliche zu beschränken, das dann aber gut durchdacht – das ist eine Einstellung, die ich sehr genossen habe.

Nichts ist im Überfluss vorhanden, aber alles von guter Qualität – Freundschaften, Komplimente, Einladungen… Bei meinen finnischen Freund*innen konnte ich mir sicher sein, dass sie wirklich Zeit mit mir verbringen wollten und sie ihre Meinung nicht hinter Worthülsen verstecken würden. Ich war ganz in einem Element, das ich vorher gar nicht so sehr als Teil von mir wahrgenommen habe: der offenen und super direkten Kommunikation. Ich musste feststellen, dass ich nichts mehr liebe, als einfach zu sagen, was Sache ist, ohne die lokale Etikette und soziale Normen ständig im Kopf behalten zu müssen. Manch einer würde sagen, ich wäre faul – ich würde behaupten, irgendwo in mir schlummert einfach ein wenig nordisches Blut.

Obwohl meine Finnisch-Kenntnisse am Ende meiner Zeit dort doch zu wünschen übrigließen, habe ich also Finnisch kommunizieren können. Was mich fasziniert hat, ist das Unterliegende in der Sprache, der Ton und die Art und Weise, die unabhängig von Grammatik und Vokabular prägend sind. Noch nie ist mir so stark bewusstgeworden, wie ich den Kontakt zu meinen Mitmenschen gerne gestalten möchte.

Dann bin ich umgezogen. Nach Finnland folgte Bayern und dann studienbedingt ein Jahr in der Bretagne in Frankreich. Mich trennten erst 1.500, dann 2.200 Kilometer Luftlinie von Helsinki.

In meiner Zeit in Frankreich hat sich dann langsam ein Vermissen eingestellt, auf das ich nicht vorbereitet war. Plötzlich hätte jedes „vielleicht“ ein „nie“ bedeuten können und jedes „ja, ich schau nach“ ein „auf gar keinen Fall“. Ich stand mit meiner finnischen Art zu kommunizieren plötzlich vor vielen Problemen und Missverständnissen, obwohl ich doch die französische Sprache viel besser beherrsche – fast fließend.

Mein Studium hat mir allerdings nicht nur im Privaten die Kulturunterschiede in Europa aufgezeigt, sondern mich auch fachlich mit Edward T. Hall bekannt gemacht, dem Begründer der Fachrichtung der Interkulturellen Kommunikation in den anthropologischen Wissenschaften [1]. Der U.S.-Amerikaner setzte damals verschiedene Dimensionen und Vergleichskriterien fest, mit deren Hilfe man Unterschiede in der Kommunikation kulturspezifisch besser benennen konnte. Noch heute finden sie in vielen Bereichen Anwendung und, auch mir haben sie geholfen, in Worte zu fassen, warum interkulturelle Kommunikation oft eine Herausforderung ist.

Besondere Relevanz für mich hatte dabei die Dimension der Kontextorientierung, in der ich schwarz auf weiß nachlesen konnte, was ich damals empfunden habe. Kulturen, die sich stark am Kontext orientieren (wie man sie in den Ländern im Süden Europas und somit auch Frankreich findet), sehen die Verantwortung in Gesprächen sehr oft bei dem/der Empfänger*in des Gesagten. Es wird erwartet, dass auch Ungesagtes verstanden wird und man sich trotz der vielen Metaphern und impliziten Formulierungen zurechtfindet.

Im Norden wird diese Dynamik umgedreht. Der Sendende hat hier die Verantwortung, in präziser und expliziter Sprache sein Anliegen darzulegen. Das Gesagte gilt – unabhängig von der Beziehung der Sprecher und der Umgebung. Die finnische Kommunikation ist folglich für Menschen wie mich herrlich unkompliziert und deswegen bequem – auch wenn sie anders sozialisierten Personen ungewöhnlich direkt oder sogar unhöflich vorkommt.

Jedem, der diese Erfahrungen mit mir teilt, lege ich sehr ans Herz, sich die Dimensionen der interkulturellen Kommunikation doch einmal anzuschauen und im gleichen Atemzug vielleicht auch die Kulturdimensionen nach Geert Hofstede [2] zu wiederholen (wahrscheinlich zwei Klassiker, um die kein Geisteswissenschaftler wirklich herumkommt).

Ich für meinen Teil habe daraus mehr über mich gelernt als über die Menschen in Finnland. Wahrscheinlich wird es mich auch in Zukunft wieder in dieses schöne Land ziehen, in dem ich so direkt sein kann, wie ich will. Und sollte dieser Text auf finnische Kritik stoßen – dann weiß ich wenigstens, woran ich bin.

[1] https://www.ikud.de/glossar/edward-t-hall.html

[2] https://geerthofstede.com/culture-geert-hofstede-gert-jan-hofstede/6d-model-of-national-culture/

Wenn ihr mehr über das Finnland-Institut erfahren wollt: https://finnland-institut.de/

4. Oktober 2022 | Veröffentlicht von ehemaliges Mitglied | Kein Kommentar »
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Das Leben nach dem „Studentliv“

Ein Beitrag von Samuel Kaila, Praktikant am Finnland-Institut

Wann hast Du zum letzten Mal einen rite de passage erlebt? Vielleicht morgens im Zug auf dem Weg zur Arbeit, bei der Geburtstagsfeier, als Du 18 wurdest, oder bei einer Hochzeit eines nahen Angehörigen? Für mich war die letzte rite-de-passage-Erfahrung ein Praktikum, das mich weit weg von meinem Zuhause führte. Rite de passage bedeutet einen Übergangsritus und wird oft als Prozess beschrieben, in dem sich äußerlich alles verändert, du aber innerlich dieselbe Person bleibst. In diesem Prozess trennt das Individuum sich vom Vergangenen, tritt von einer Phase in eine neue und endet in einem neuen Status in der Gemeinschaft. Rite de passage – Übergangsritus – ist ein bekannter wissenschaftlicher Begriff, an den beispielsweise der Ethnologe Arnold van Gennep[i] und der Anthropologe Victor Turner[ii][iii] sich anlehnen.

Im Moment des Übergangsritus macht man oft unterschiedliche Phasen durch, denn um anzukommen, muss man natürlich erst loslassen. Die Trennung ist oft ein schwieriger Moment, weil der Status quo, die derzeitige und gut bekannte Lage, zerstört wird. Um beim Beispiel meines Praktikums zu bleiben: Mit ihm enden für mich 4–6 Jahre zielstrebigen Studiums. Ich werde fast alle gewohnten Orte verlieren, auch die Mensa!, und meine bisherigen Umgebungen, Abläufe und Gewohnheiten gehen zu Ende. So ein Moment der Trennung übt auf Menschen oft emotionalen Einfluss aus; nach meiner Meinung ist dies sogar auf jedem Bahnhof und an jedem Flughafen sichtbar. An diesen Orten wird deutlich, wie viel man leiden muss, um auf der anderen Seite anzukommen.

Nach dem Sich-Lösen findet eine liminale Phase statt, eine Periode der Ambiguität oder Mehrdeutigkeit, in der man auf einer inneren Reise ist. „So uferlos. Die kalte See“, singt Till Lindemann und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Während der liminalen Phase bist du in den Augen der anderen nicht mehr, was du früher warst, sondern schwimmst in einem unbestimmten Bereich des sozialen Lebens. Ein Praktikum scheint mir auch eine liminale Phase zu sein; man kann von seinen Leistungen noch kein Leben finanzieren, hat noch nicht die volle Verantwortung für seine Arbeit und ist überhaupt noch nicht vollwertiger Arbeitnehmer. Auf jeden Fall ist die Liminalität – der Zustand der Mehrdeutigkeit – nichts besonders Schlimmes und ist noch dazu wichtig, um das eigentliche Ziel zu erreichen. Während dieser Phase hast du die Möglichkeit, noch zu lernen und kleine Fehler zu machen, die dich nicht gleich deine Zukunft kosten. Aber dieser Zustand sollte nicht ewig andauern. Ein Praktikum sollte zum Beispiel nur so lange dauern, wie es für dich von Vorteil ist. Niemand soll ohne ausreichende Entlohnung arbeiten und im Limbo des sozialen Lebens bleiben.

Normalweise kommt alles zu einem (guten?) Ende; die Schiffe mit der lang erwarteten Fracht legen im Hafen an, die letzten Gläser auf der Feier werden geleert, und hoffentlich endet auch dein spannendes Praktikum an dem Punkt, wo alles, was du lernen kannst, gelernt ist. Nach dem freien Fall, wenn die Füße auf dem festen Boden der Zukunft stehen, beginnt eine stabilere Phase. Die Integration in das „neue“ Leben schreitet voran und du wirst ein souveräner Akteur der Gemeinschaft. Normalweise bringen solche Veränderungen mehr Verantwortung mit sich, die es zu übernehmen gilt. Im besten Falle ist das Individuum in den Augen der Gemeinschaft „größer“ geworden und kann deswegen auch mehr Verantwortung tragen. Aber nur die Zukunft kann zeigen, ob du wirklich bereit bist, sie zu überzunehmen.

[i] Gennep, A. v(1960). The rites of passage. University of Chicago Press : Routledge & Kegan Paul

[ii] Turner, V. (1974). Dramas, Fields, and Metaphors: Symbolic Action in Human Society

[iii] Turner, V. & Abrahams, R. D. (1969). The Ritual Process: Structure and Anti-Structure.

4. Juli 2022 | Veröffentlicht von ehemaliges Mitglied | Kein Kommentar »
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Et (skandinavistisk) liv etter NI?

Ein Beitrag von Lea Bauer

Ob mir von Anfang an bewusst war, dass die Skandinavistik für mich hauptsächlich ein Interessensstudium sein würde? Rückblickend würde ich sagen: Ich denke schon, da ich mich für einen Kombinationsstudiengang entschied, um noch ein weiteres „Standbein“ zu haben. Doch sowohl das Leben in der Hauptstadt als auch das Studium selbst eröffneten mir überraschend viele Möglichkeiten, praktische und gleichzeitig studienbezogene skandinavistische Erfahrungen zu sammeln. Wenn auch meine Nebenjobs entweder mit keinem meiner Studiengänge etwas zu tun hatten (Arbeit für eine NGO, Regalverräumung in einer Drogerie) oder mit meinem Zweitfach Bibliotheks- und Informationswissenschaft (studentische Hilfskraft in der Universitätsbibliothek, Arbeit in einer firmeneigenen One-Person-Library), so habe ich hingegen tolle Praktika durchführen können, bei denen ich sogar meine beiden Studienfächer miteinander verbinden konnte.

Berlin bietet für Skandinavistikstudent*innen einige Möglichkeiten, sich beruflich zu erproben oder dort sogar einen Berufseinstieg zu finden. Sei es im Rahmen des Nordeuropa-Instituts selbst, in spezialisierten Buchhandlungen, Kulturinstituten, Verlagen, den Nordischen Botschaften, Museen oder Sprachschulen – die Liste ist lang. Ich persönlich hatte das Glück, mein erstes Praktikum im Finnland-Institut in Berlin direkt in Universitätsnähe absolvieren zu können. Durch die institutseigene Bibliothek kam mir die dort gesammelte Erfahrung für beide Studiengänge zugute. Ebenso wertvolle Eindrücke und Kenntnisse konnte ich bei meinem zweiten Praktikum, einem Auslandspraktikum im Goethe-Institut in Helsinki (ebenfalls mit eigener Bibliothek), gewinnen. Mein Fazit nach beiden Praktikumseinsätzen in Bezug auf meine berufliche Zukunft lautete: Am liebsten in einer Bibliothek, am liebsten im nordeuropäischen Ausland.

Zu dieser Kombination kam es bisher leider nicht. Die Entscheidung für eine Auswanderung sollte nicht übers Bein gebrochen werden und bedarf einiger Vorbereitung und nicht zuletzt auch finanzieller Absicherung. Auch Familie und Freunde in Deutschland spielen dabei vielleicht eine Rolle. Für mein Wunschziel Finnland waren außerdem nicht genug Sprachkenntnisse vorhanden, um auf dem dortigen Arbeitsmarkt nennenswerte Chancen auf eine Arbeit in einer Bibliothek zu haben. Wie ist das Ganze also nun ausgegangen?

Nach Abschluss meines Masterstudiums zog ich aus privaten Gründen nach Sachsen, wo ich seitdem immerhin meiner ersten Prämisse nachkommen konnte: Ich arbeite in einer wissenschaftlichen Bibliothek im Öffentlichen Dienst. Dort hatte ich bisher jedoch bis auf eine Handvoll Bücher auf Norwegisch, Schwedisch oder Dänisch (immerhin!) keinerlei Bezug zu Skandinavien. Dazu hätte ich in meiner derzeitigen Umgebung auch kaum eine Möglichkeit, selbst wenn ich den bibliothekarischen Bereich verlassen würde. Ich habe die Skandinavistik also vorübergehend zurücklassen und aus meinem Berufsleben streichen müssen. Trotzdem hat mir meine bisherige Erfahrung gezeigt, dass es auch in Deutschland nicht unmöglich ist, einer Arbeit mit Skandinavien-Bezug nachzugehen und dass die Skandinavistik dementsprechend auch nicht ausschließlich „nur“ ein Interessensstudium sein muss. Perspektivisch hoffe ich weiterhin, in naher Zukunft wieder beide Studienfächer miteinander vereinen zu können, wo auch immer mich das am Ende hinführen mag.

24. Juni 2022 | Veröffentlicht von ehemaliges Mitglied | Kein Kommentar »
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