Der Nachlass und die Bibliothek des Philosophen Wolfgang Heise werden im Lesesaal des Grimm-Zentrums anhaltend gefragt. Zum 8. Oktober 2025 erinnern wir an seinen hundertsten Geburtstag.
Wolfgang Heise begann 1946 sein Studium an der Humboldt-Universität, wo er später Professor für Philosophie wurde. Während der NS-Zeit hatte die Familie Heises vielfach unter den Repressionen des Regimes zu leiden, da seine Mutter jüdischer Abstammung war und Zwangsarbeit leisten musste und sein Vater als Kommunist unter Berufsverbot stand. Heise wurde 1944 zur Zwangsarbeit verpflichtet. Diese einschneidenden Erfahrungen waren für Heise Motivation, am gesellschaftlichen Aufbau in der DDR mitzuwirken. In seiner fortschreitenden universitären Laufbahn wurde er kurzzeitig Prorektor der Philosophischen Fakultät. Er verlor dieses Amt, als er für Robert Havemann eintrat. Im Folgenden wechselte er in den Fachbereich Ästhetik und Kulturtheorie.
Heise, der in einem zunehmend rigiden und destruktiven sozialen Umfeld seine wissenschaftliche und persönliche Integrität wahrte, wurde als Persönlichkeit hochgeachtet. Er war ein ungewöhnlicher Lehrer, dessen Vorlesungen sehr eindrucksvoll gewesen sein müssen und deren Einfluss bis heute nachwirkt. Zu seinem Umfeld und seinen Schülern gehören viele bekannte Persönlichkeiten wie Heiner Müller, Christa Wolf, Volker Braun, Rudolf Bahro, Wolf Biermann oder Roland Paris.
Sein Werk, das sich umfassend der historischen wie zeitgenössischen Ästhetik widmete, übt auf Forschende eine kaum verminderte Anziehungskraft aus, wozu nun das wissenschaftsgeschichtliche Interesse an seinem Wirken als mit bedeutendster Philosoph und Kulturhistoriker der DDR tritt.
Die Vorlesungen im Nachlass Wolfgang Heises werden nach und nach von Michael Schilar, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der BBAW und früherer Student Heises, ediert.
Seine im zeitgenössischen Kontext ungewöhnlich gut ausgestattete Studienbibliothek wurde von der Universität erworben und wird, wie auch sein Nachlass, weiterhin regelmäßig im Forschungslesesaal des Grimm-Zentrums genutzt.
Dr. Yong-Mi Rauch

Die Studienbibliothek Wolfgang Heises ist im Forschungslesesaal aufgestellt.
Foto: Yong-Mi Rauch
