Archiv für Kategorie Vörträge

Konferenzbericht: International Young Researchers‘ Workshop „Reworking Space Re-Narrating Belonging“

by Alexa Altmann

The cross-sectional department Gender and Media Studies for the South Asian Region held an international young researchers’ conference “Reworking Space, Re-Narrating Belonging: Transregional Perspectives on Contemporary Media, Gender and Visibility Practices” on February 8th and 9th at the Institute for Asian and African Studies, Humboldt-Universität zu Berlin. The event was conceptualised and organised by Alexa Altmann and sought to involve young researchers, working on innovative projects regarding the reconceptualisation of spaces and modes of belonging, in an engaging dialogue across institutions and disciplines.

13 PhD candidate and post-doctoral panellists from 10 international institutions, amongst others, the University of Illinois, Jawaharlal Nehru University, Utrecht University and Northwestern University, presented and discussed their research projects, which revolved around intertwined mediations and remediations of practices of space, belonging and gender by a multitude of emerging transregional actors.

They addressed contemporary contestations and negotiations of situatedness and ascription in complex and transforming realities shaped by, among other things, violent conflict, voluntary and forced mobilities and immobilities, emerging visibilities, translocal interconnectedness, urbanisation, and social aspirations and inequalities.

Professor Marwan M. Kraidy, Founding Director of the Center for Advanced Research in Global Communication at the Annenberg School for Communication, University of Pennsylvania, delivered the conference’s keynote address titled “Igniting the Caliphate: How ‘Islamic State’ Uses Fire to Articulate Space, Belonging and Gender” and chaired the event’s first panel on translocal networks, self-making and new modes of situatedness and relatedness.

The second panel examined practices of spatial reworking through re-narration, performance and reframing and was chaired by Max Arne Kramer, a PhD graduate of the cross-sectional department Gender and Media Studies for the South Asian Region. While the final panel, chaired by Nadja-Christina Schneider, Professor in Gender and Media Studies for the South Asian Region at IAAW, centralised gendered spaces and new urban (im)mobilities and visibilities.

The heterogeneity and vibrant transregional diversity of the presented research projects enriched the thought-provoking discussions on theorizing spaces and modes of belonging in contemporary practices of mediation and its methodological challenges and opportunities.

 

Exemplary for this thematic range were, for instance, Salma Siddique’s (Humboldt-Universität zu Berlin) presentation “You Are My Love Charger: Media Technology and the Dera Sacha Sauda Community, Alexa Altmann’s talk “Desert (Be)Longings: Space Bending and Identity Play in Contemporary Israeli Pop Culture or Paul Michael Leonardo Atienza’s (University of Illinois) research “Waiting for the Promise: Visibilizing Zones of Desire through Digital Media in Contemporary Gay Manila”.

Students of the Q-Team seminar taught by Dhanya Fee Kirchhof presented their findings in mediaethnographic fieldwork projects during the lunch break.

The conference concluded with a participant-roundtable in which imminent and future networking strategies were planed and discussed. The network is particularly interested in organising international follow-up events and engaging in trans-institutional co-teaching.

The event stood out on account of the participants’ and the audience’s committed intensive and critical discussions and involved exchange.
The strong interest and attendance of IAAW students additionally speaks for the importance of strengthening the visibility of young, emergent scholars.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Studying Gender Inequality in India from the ‚Outside‘– Reflections on Representation and Methodology

Vortrag von Anna Oechslen im Rahmen des Workshops „Reflections on the Digital: Neoliberalism, Free Speech and Resistance“, am Tata Institute for Social Sciences, Mumbai, 1.-2. September 2016

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Digitale Medien bieten sozialen Bewegungen ganz neue Möglichkeiten, sich auch Regionen übergreifend zu vernetzen, sich Gehör zu verschaffen und dominanten Versionen der Wirklichkeit ihre eigenen Interpretationen entgegenzusetzen. Andererseits müssen Aktivist_innen neue Wege finden, mit den neoliberalen Strukturen etwa sozialer Netzwerke umzugehen. Darüber diskutierten Studierende, Promovierende und Lehrende aus Berlin, Leipzig und Mumbai Anfang September bei einem zweitägigen Workshop am Tata Institute for Social Sciences, (TISS) in Mumbai. Die Beiträge rückten verschiedene Aspekte des Themas ins Blickfeld, darunter das Zusammenwirken von Protesten im Internet und auf der Straße, Repräsentationen von Frauenkörpern in digitalen Räumen und Studierendenbewegungen in Deutschland und Indien. Im letzten Teil des Workshops diskutierten die Teilnehmer_innen die aufgeworfenen Fragen mit Interessierten von außerhalb auf Twitter (die Diskussion ist online abrufbar unter https://storify.com/fritzititzi/transdigi).

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Anna Oechslen beschäftigte sich in ihrem Beitrag mit den Spannungen, die sich daraus ergeben, von Deutschland aus über Gender-Ungleichheiten in Indien zu forschen. Als Zugang zum Thema dienten dabei der Diskurs über Frauen und Sicherheit im urbanen Indien und die Aktivistinnen von ‚Pinjra Tod‘, die in Delhi gegen Gender-Diskriminierung auf dem Campus kämpfen. Durch das Internet als Informationsquelle ist es leichter geworden, auch über große Distanzen hinweg ethnografische Forschung zu betreiben. Gleichzeitig ist gerade das Thema Frauenrechte durch koloniale Diskurse und problematische Repräsentationen der ‚Third World Woman‘ aufgeladen; zur räumlichen Distanz tritt also eine Verwobenheit mit globalen Asymmetrien in der Wissensproduktion. Anhand ihrer eigenen Erfahrungen während der Forschung zu ihrer Masterarbeit zeigte Anna Oechslen, wo sie mit diesen Spannungen konfrontiert wurde und wie sie versuchte, ihnen zu begegnen. Die anschließende Diskussion machte deutlich, dass man nicht unbedingt in einem anderen Land sein muss, um diesen Problemen zu begegnen: Teilnehmer_innen berichteten etwa von ihren Erfahrungen aus der journalistischen Praxis und der Forschung zu ländlichen Räumen Indiens.

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Trouble Shooting Lab: „Diversity Encounters: Intersectional and post-colonial perspectives“

Seonyoung Seo und Sebastian Sons

Im Rahmen der von der Humboldt-Universität zu Berlin in Zusammenarbeit mit der University of Singapore vom 24.-26. Mai 2016 organisierten Konferenz „Diversity Encounters: Intersectional and post-colonial perspectives“ präsentierte Sebastian Sons, Doktorand bei Frau Prof. Dr. Nadja-Christina Schneider, gemeinsam mit der Doktorandin Seonyoung Seo von der Universität aus Singapur Teile seiner Forschungsergebnisse. Beide nahmen an den so genannten „Trouble Shooting Labs“ teil, in denen jeweils ein Doktorand aus Deutschland sowie aus Singapur in intensiven Vorarbeiten Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Forschungsprojekte erarbeiteten und diskutierten. Vor allem methodische Herangehensweisen, theoriebezogene und empirische Herausforderungen und Erfahrungen wurden evaluiert. Während sich Sebastian in seiner Dissertation mit den Mediendiskursen um pakistanische Arbeitsmigrant_innen nach Saudi-Arabien beschäftigt, forscht Seonyoung zu nepalesischen Migrant_innen in Südkorea. In beiden Projekten nehmen der Zugang zu Eliten und der öffentliche Diskurs über das Phänomen Migration eine signifikante Bedeutung ein, wenngleich sich die methodische Herangehensweise und die lokalen Gegebenheiten doch deutlich voneinander unterscheiden. Beide Studien widmen sich der zeitgenössischen Diskussion um Arbeitsmigration, die in den Projekten als historisch bedeutsame Form der Mobilität und der transkulturellen Verknüpfung in Asien und dem Nahen und Mittleren Osten definiert wird. Basierend auf dieser Ausgangsthese analysieren beide Wissenschaftler die Auswirkungen der Migrationssysteme in den Aufnahmeländern Korea und Saudi-Arabien sowie in den Entsendeländern Nepal und Pakistan.

Daraus ergaben sich in der Diskussion einige signifikante Überschneidungen und Unterschiede in der Forschungsarbeit: Beide Projekte widmen sich Fragen nach Identitätskonstruktionen von Diasporagesellschaften, transnationalen und transkulturellen Netzwerken zwischen Empfänger- und Entsendeländern sowie dem Einfluss von Migration auf die jeweiligen Heimatländer. Während Sebastian die strategischen Ansätze, die Inhalte sowie die Debatten der jeweiligen Medienakteure über Migration wie Vertreter der Zivilgesellschaft und Journalisten analysiert, vertieft sich Seonyoung in ihrer Arbeit mehr darauf, die Selbstdefinition der nepalesischen Migrant_innen in Korea herauszuarbeiten und beschäftigt sich mit deren multiplen transnationalen Zugehörigkeiten, ihren unterschiedlichen kulturellen Affinitäten und ihren daraus erwachsenen hybriden Identitäten. Damit tragen beide Wissenschaftler zur akademischen Diskussion um sozialen Wandel in Zeiten der Globalisierung bei, in denen die Auffassung des Containerdenkens in nationalstaatlichen Kontexten zunehmend obsolet geworden ist.

Für beide Nachwuchswissenschaftler entwickelte sich aus den vorbereitenden Gesprächen und der gemeinsamen Präsentation eine intensive und konstruktive Diskussion, in der wesentliche Forschungsparallelen bei Fragen der Netzwerkbildung, Interviewführung und Öffentlichkeit trotz der verschiedenen regionalen Kontexte festgestellt wurden. Seonyoung und Sebastian empfanden die Mitwirkung am Trouble Shooting Lab als eine neue Forschungserfahrung, um die Kontakte mit anderen Wissenschaftlern zu intensivieren, neue Perspektiven zu erlangen und sich über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der täglichen Arbeit auszutauschen.

30. Juni 2016 | Veröffentlicht von Alexa Altmann | Kein Kommentar »
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Towards a New Relationship? Discourses on South Asian Labor Migrants in Saudi Media

Sebastian Sons
Präsentation des Dissertationsprojekts an der Forman Christian University, Lahore, 09. Februar 2016

Dr. Saeed Shafqat (li.), Sebastian Sons © privat
Dr. Saeed Shafqat (li.), Sebastian Sons © privat

Während seiner Feldforschungsreise nach Pakistan von Januar bis März 2016 im Rahmen seines Promotionsprojektes mit dem Arbeitstitel „Pakistanische Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien: Sozialer Wandel in mediatisierten transkulturellen Lebenswelten“ erhielt Sebastian Sons auf Einladung von Dr. Saeed Shafqat, Direktor des Centre for Public Policy and Governance (CPPG) an Forman Christian University, die Möglichkeit, vorläufige Forschungsergebnisse seiner bisherigen Arbeit vorzustellen.

Vor Studierenden sowie Lehrenden der Universität erläuterte er seine Forschungsmotivation, seinen theoretischen Hintergrund und die Methodik seiner Forschungsarbeit. Er analysierte die sich zunehmend verändernden Mediendiskurse in Saudi-Arabien, die sich vor dem Hintergrund des gravierenden sozialen Wandels vollziehen und ging in diesem Zusammenhang auf die sozioökonomischen, politischen und kulturellen Herausforderungen ein, mit denen sich die saudische Gesellschaft konfrontiert sieht. Dementsprechend kann die zunehmend pluralisierte Mediendebatte um südasiatische und vor allem pakistanische Arbeitsmigranten vor diesem Hintergrund als Indikator für wachsende Medienpluralität in einem autoritativen Mediensystem verstanden werden.

Nach dieser Einführung diskutierten die Teilnehmenden vor allem Fragen zur saudischen Medienlandschaft im Allgemeinen, eine mögliche Modifizierung des pakistanisch-saudischen politischen Verhältnisses sowie die daraus entstehenden Auswirkungen für die Arbeitsmigranten vor Ort und die Rücküberweisungen nach Pakistan. Es zeigte sich, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer einen kritischen Blick auf die Entwicklungen in Saudi-Arabien warfen, die dazu führen könnten, dass sich die Zahl der pakistanischen Arbeitsmigranten deutlich reduzieren könnte, was gleichsam weitreichende Auswirkungen für die pakistanische Wirtschaft und Gesellschaft hätte. Dementsprechend teilten die Anwesenden die Meinung des Referenten, dass die Zunahme an Mediendiskursen über Arbeitsmigration in der pakistanischen Öffentlichkeit auch vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen gesehen werden müsse.

Des Weiteren wurden die kulturellen, religiösen und politischen Einflüsse des Königreichs auf die pakistanische Politik und Gesellschaft diskutiert, die im Allgemeinen als destabilisierend und indoktrinierend bewertet wurden, wenngleich die religiöse und wirtschaftliche Bedeutung Saudi-Arabiens für Pakistan in den vergangenen Jahrzehnten ebenso betont wurde. Dennoch lasse sich eine Kursänderung von Seiten pakistanischer Politik konstatieren, da die Regierung vermehrt darauf dränge, die pakistanischen Einkommensquellen zu diversifizieren und sich von Saudi-Arabien zu emanzipieren, indem sich neuen Märkten wie China und Iran zugewendet werde. Dennoch bleibe Saudi-Arabien für die Mehrheit der pakistanischen Arbeitsmigranten das bevorzugte Aufnahmeland, da es neben den Arbeits- und Einnahmeperspektiven auch eine religiöse Anziehungskraft aufgrund der heiligen islamischen Stätten Mekka und Medina anbiete.

11. Februar 2016 | Veröffentlicht von Alexa Altmann | Kein Kommentar »
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From Segregation to Integration? Discourses on South Asian Labor Migrants in Saudi Media

Präsentation des Dissertationsprojekts von Sebastian Sons an der Lahore School of Economics and Sciences am 29. Januar 2016

Im Rahmen der regelmäßig stattfinden Economic Brown Bag-Seminare, die durch die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der renommierten Lahore School of Economics and Sciences (LUMS) in Pakistan durchgeführt werden, präsentierte Sebastian Sons am 29. Januar 2016 einige Zwischenergebnisse seines Promotionsprojekts mit dem Arbeitstitel „Pakistanische Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien: Sozialer Wandel in mediatisierten transkulturellen Lebenswelten“.

Sebastian Sons befindet sich derzeit auf einer Forschungsreise in Pakistan, um vor Ort mit relevanten Medienakteuren aktuelle Diskurse und Öffentlichkeitsdebatten über Arbeitsmigration nach Saudi-Arabien zu diskutieren und empirisches Material zu sammeln.

Diesbezüglich widmete er sich in seiner Präsentation den unterschiedlichen Perspektiven saudischer Mediendiskurse über südasiatische und vor allem pakistanische Arbeitsmigration. Er erläuterte, dass sich insbesondere seit 2013 in saudischen arabisch- sowie englischsprachigen Medienformaten eine diskursive Öffentlichkeit zu dem Thema Arbeitsmigration entwickelt habe, welche vor allem von zwei Strömungen gekennzeichnet ist: Zum einen wird von einer Gruppe saudischer Medienakteure gefordert, den nationalen Arbeitsmarkt zunehmend zu nationalisieren und saudische Arbeitskräfte zu integrieren, um einerseits die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitsmigranten zu reduzieren und die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Damit einher gehen auch Forderungen nach einer Verschärfung des Ausweiserechts für sich illegal im Land befindliche Arbeitsmigranten und eine zunehmende Befürchtung einer kulturellen Überfremdung. Andererseits haben sich neben diesem Diskurs kontroverse und vielschichtige Stimmen herausgebildet, die in der besseren Integration von südasiatischen Arbeitsmigranten eine Möglichkeit sehen, die nationale Einheit zu stabilisieren und neue wirtschaftliche Perspektiven erkennen. Forderungen, langjährigen Gastarbeitern die saudische Staatsbürgerschaft zu gewähren, werden dabei ebenso laut, wie selbstkritische Reflexionen über den oftmals inhumanen Umgang mit Arbeitsmigranten. In diesem Zusammenhang wird die Reform oder die Abschaffung des umstrittenen Kafala-Systems gefordert, welches dem saudischen Bürgen fast vollständige Kontrolle über die Persönlichkeitsrechte des Angestellten beschert. Des Weiteren entwickelte sich eine kritische Debatte hinsichtlich der korrupten und intransparenten Strukturen innerhalb Saudi-Arabiens, welche illegale Arbeitsverhältnisse förderten und zur Intransparenz des saudischen Arbeitsmarktes beitrügen. Diese vielschichtigen Debatten werden in der Außenperspektive nicht wahrgenommen und können als Indikator für den zunehmenden sozialen und sozioökonomischen Wandel in der saudischen Gesellschaft gesehen werden.

Im Anschluss an die Präsentation entwickelte sich eine lebhafte und kontroverse Diskussion über die Bedeutung der Arbeitsmigration für die pakistanische Wirtschaft, die Probleme und Herausforderungen, die durch private Rekrutierungsagenturen, ideologisch-religiöse Indoktrinierung der Arbeitsmigranten im Aufnahmeland und die grassierende Korruption bei der Vermittlung von Arbeitsmigranten nach Saudi-Arabien entstehen. Die Auswirkungen auf Pakistan sind demnach nicht nur im wirtschaftlichen, sondern vor allem im kulturellen und politischen Bereich zu suchen und stehen im Zusammenhang mit dem engen aber ambivalenten politischen wie kulturellen Verhältnis zu Saudi-Arabien. Dennoch findet eine offene und kritische Diskussion über dieses Phänomen in der pakistanischen Öffentlichkeit kaum statt. Umso interessierter waren die Teilenehmer an den geschilderten Eindrücken des Referenten und seiner weiter führenden Forschung.

Sebastian Sons ist während seiner Forschungsreise an der LUMS affiliiert, die eine institutionelle Partnerschaft mit der Humboldt-Universität zu Berlin unterhält.

Mobility, Memory and Loss: Boat Tours on the Dal-Lake in Kashmir

Max Arne Kramer,
AK Crossasia Vortragsreihe WS 2015/16, Asien-Orient-Institut Abteilung für Ethnologie, Universität Tübingen, Schloss Hohentübingen, 26. November 2015.

 

Der Vortrag „Mobility, Memory and Loss in Kashmir: Boat Tours on the Dal-Lake“ fand im Rahmen der Crossasia Vortragsreihe statt, die sich vorwiegend aus einer anthropologischen Perspektive mit gesellschaftlichen Transformationsprozessen in Zentral- und Südasien beschäftigt.
In vielen rezenten, unabhängigen Filmpraktiken über das zwischen Indien und Pakistan umkämpfte Territorium des Kaschmirtals geht es um die Vermittlung von Alltagserfahrung einer militärisch besetzten Region. Trotz veränderter Vorzeichen seit dem Ausbruch der ‚Kaschmirischen Intifada‘ (2008 bis heute) – eines weitestgehend gewaltlosen, populären Aufstands von Jugendlichen im Kaschmirtal – kam es vor allem durch digitale Medien zu neuen Sichtbarkeiten der Konfliktregion. Gleichzeitig wurden von verschiedenen Akteuren aber auch Versuche unternommen, diese neue Qualität des Konflikts wieder in bekannte Wahrnehmungsschemata einzuhegen. Insbesondere die Verbindungen zwischen staatlichen Verantwortlichen, der Hindi-Filmindustrie und touristischen Agenturen im Tal förderte die Renaissance bereits etablierter Repräsentationen einer touristischen Normalität. Die parallel stattfindenden, weitestgehend gewaltlosen Massenproteste seit 2008 wurden dabei von Seiten des Staats mit einer Politik der starken Hand erwidert, die gerade keine Normalität des Alltags zuließ. Die Bootstour auf dem berühmten Dal-See habe ich als eine visuelle Trope, die in fast allen Filmen über das Kaschmirtal auftaucht, in das Zentrum der Sequenzanalysen gesetzt. Dabei versuchte ich aufzuzeigen, wie über die Integration der Bootstour in die Erfahrungen des Konfliktalltags unabhängig produzierte Dokumentarfilme das offiziell geförderte, touristische Bild der Normalität problematisieren und es vor dem Hintergrund einer militärisch ausgerichteten status-quo Politik kontextualisieren. Anhand der Praxis zweier Filmemacherinnen, Uzma Falak und Iffat Fatima, wurden einige Filmsequenzen zu den umkämpften Sichtbarkeiten des Konflikts an der Schnittstelle touristischer, militärischer und gegenderter (Im-)Mobilitäten analysiert. Es wurde im Abschluss der Veranstaltung gemeinsam mit den Student_innen in Tübingen über einige Filmausschnitte diskutiert. Dabei fiel mir auf, wie wenig der Kaschmirkonflikt selbst im regionalwissenschaftlichen Umfeld bekannt ist.

11. Dezember 2015 | Veröffentlicht von Alexa Altmann | Kein Kommentar »
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