Dokumentarfilm, Deutschland 2013, 93 min
Regie: Marco Wilms
Rezension von Jamila Adeli
Der Dokumentarfilm Art War von Marco Wilms beschäftigt sich mit dem Arabischen Frühling aus dem Blickwinkel junger Künstler in Kairo – und damit aus einer anderen Perspektive als die gängigen Nachrichtenmedien. Im Mittelpunkt stehen die Bilder und Texte, die im Laufe der Revolution im öffentlichen Raum an die Mauern Kairos gezeichnet oder gesprüht werden: Märtyrerbilder junger Ägypter, die während der Unruhen ums Leben gekommen sind; poetische Verse und Kommentare, politische Botschaften in Form eines prägnanten Graffitis. Dass es nicht selbstverständlich ist, in Kairo einen visuellen Abdruck vom persönlichem Ausdruck in der urbanen Öffentlichkeit zu sehen, ist immer wieder Thema derzeitiger Debatten. Die Arbeit Impressions of Cairo (2010) der in Berlin lebenden Künstlerin Nadia Kaabi Linke zeigt diesen Umstand sehr anschaulich (http://www.nadiakaabilinke.com/work/2010/cairo/cairo.html).
Der Film ist ein gelungenes Beispiel, um die gesellschaftliche Wirkkraft von Bildern (hierunter zählen auch die Sprachbilder von Gedichten und Liedtexten) und deren Interaktion mit Individuen im öffentlichen Raum zu thematisieren. Er zeigt am Beispiel Kairos, wie unterschiedliche Medien künstlerisch dazu genutzt werden, um zunächst gegen das herrschende Regime und dann gegen den Verlauf der Revolution selbst zu protestieren. Bilder und Texte der Jugendkultur Ägyptens sind damit zum Spiegel gesellschaftlicher Transformationsprozesse geworden.
Interessant ist hierbei, wie sich die einzelnen Medienformate aufeinander beziehen und den Verlauf der Revolution auf verschiedenen narrativen Ebenen verbinden und kommentieren. Zum Beispiel wird ein militärkritisches Graffiti von anonymen Nationalisten durch malerische Veränderungen „entschärft“, die Aktion wird gefilmt, mit marschähnlicher Musik unterlegt und per youtube als „Gegenschlag“ gesendet. Marco Wilms portraitiert mit Art War einen öffentlichen Raum, in dem eine junge Generation ihre Ansichten sprichwörtlich auf Strassenwände projiziert und diesen damit als Ort der Meinungsbilder proklamiert. Die Werke der Revolutionskünstler, wie sie im Film genannt werden, zeigen, wie mit zeitgenössischer Kunst politische und soziale Auseinandersetzungen geführt werden können – worin die eigentliche Stärke des Films liegt.
Sie finden den Trailer zum Film online auf der Videoplattform Youtube unter: http://www.youtube.com/watch?v=GQkTBxXLLnM
Über das Atomreaktor-Projekt in Kudankulam im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu – wie auch über die Protestbewegung gegen den Reaktor – wurde in den deutschsprachigen Medien vergleichsweise wenig berichtet. Eigentlich war die Inbetriebnahme für dieses Frühjahr angekündigt, doch scheint es nicht ausgeschlossen, dass es zu zeitlichen Verzögerungen kommt – nicht zum ersten Mal, wie Krithika Ramalingam in einem sehr informativen Artikel für India Together berichtet (Erscheinungsdatum: 4. April 2013). Link zum Artikel: http://www.indiatogether.org/2013/apr/env-kudankula.htm.
Einen sehr lesenswerten Essay zum Thema „Der Widerstand gegen das Atomkraftwerk Kudankulam in Indien. Mediendynamiken und Repräsentation der Bewegung“ hat Silvan Heinze im Rahmen eines B.A.-Seminars zur Frage der „‚Zivilen‘ Nuklearenergie nach Fukushima: Indien und Deutschland im
Vergleich“ (WiSe 2012/13) verfasst. Den vollständigen Essay finden Sie hier: https://blogs.hu-berlin.de/mediaiaaw/wp-content/uploads/sites/24/2013/04/Silvan-Heinze_2013_Der-Widerstand-gegen-das-Atomkraftwerk-Kudankulam-in-Indien.pdf.
Ein weiterer Artikel zum Thema „‚Zivile‘ Nuklearenergie nach Fukushima: Die aktuelle Debatte in Indien“ von Nadja-Christina Schneider ist neu erschienen in:Südasien-Chronik/South Asia Chronicle, No. 2, 2012 (Online-Publikation der HU: edoc). (Den vollständigen Artikel finden Sie unter: http://edoc.hu-berlin.de/suedasien/band-2/8/PDF/8.pdf.)
Die Rückeroberung des öffentlichen Raums ist eines der verbindenden Elemente aller Bürgerbewegungen der letzten Vergangenheit in den Straßen von Kairo und Tunis bis hin zu Occupy in New York, Madrid und Tel Aviv. Gleichzeitig sind sie geprägt vom Einsatz digitaler Medien.
Doch wie physisch oder digital ist dieser öffentliche Raum tatsächlich verfasst? Wie greifen raumzeitliches Handeln und elektronische Kommunikation in den jüngsten Protestbewegungen ineinander? Welche Formen künstlerischen Handels haben sich daraus ergeben? Welche Auswirkungen hat dies auf die Arbeit von international agierenden (Kultur)Institutionen, die sich im Spannungsfeld zwischen digitalem und physischem Raum bewegen?
Am 22. und 23. April 2013 wird in einer Konferenz des Goethe-Institutes in Berlin diesen Fragen nachgegangen (http://www.goethe.de/ges/prj/rue/deindex.htm).
Interessante Beiträge finden sich auch im dazugehörigen „Magazin“:
http://www.goethe.de/ges/prj/rue/mag/deindex.htm.
Dort werden u.a. chinesische Mikroblogs und die Rolle von Social Media beim Wandel politischer Kommunikation diskutiert.
An Interview with Hisham Kassem
by AbdelRahman Mansour & Linda Herrera
Hisham Kassem is one of the most respected publishers and democracy advocates in Egypt. He spoke with Linda Herrera (Co-Editor of Jadaliyya’s On Media and Reporting page) and AbdelRahman Mansour (activist and new media journalist) about why he left his position as publisher at Al-Masry al-Youm, on media coverage of the revolution, on social media as a game changer, and his new media venture, Al Gomhouriya al-Gadida. The interview took place in Cairo at the future headquarters of Al-Gomhuriya al-Gadida on 27 June 2012.
Evidence from the Tunisian Revolution
von Anita Breuer, Todd Landman & Dorothea Farquhar
Das komplette Konferenzpapier finden Sie hier.
Dies ist ein Konferenzpapier zum Thema: „Soziale Medien als Ressource zur Protestmobilisierung in der tunesischen Revolution“, welches Anita Breuer und Kollegen vom Institute for Democracy and Conflict Resolution (IDCR) in Essex für die Fachtagung der europäische Medien- und Kommunikationswissenschaftler (ECREA) in Istanbul vorbereitet haben. Kernstück des Papiers ist die statistische Analyse einer Online-Befragung von 450 tunesischen Facebook-Nutzern, die im Frühjahr diesen Jahres durchgeführt wurde.
„One of the hallmarks of the Arab Spring uprisings has been the role of social media in articulating demands of the popular protesters and broadcasting dramatic events as they unfolded, but it is less clear whether social media acted as a catalyst for many of the movements in the region. Using evidence from the popular protests in Tunisia between December 2010 and January 2011, this paper argues that social media acted as an important resource for popular mobilization against the regime of President Zine El Abidine Ben Ali. Drawing on the insights from ‘resource mobilization theory’ (RMT), we show that social media (1) allowed a ‘digital elite’ to break the national media blackout through brokering information for mainstream media; (2) provided the basis for intergroup collaboration that facilitated a large ‘cycle of protest’ to develop; (3) overcame the collective action problem through reporting event magnitudes that raised the perception of success for potential free riders, and (4) led to an additional element of ‘emotional mobilization’ through depicting the worst atrocities associated with the regime’s response to the protests. These findings are based on expert interviews with Tunisian bloggers and digital activists conducted in October 2011 and a revealed preference survey conducted among a sample of Tunisian internet users between February and May 2012.“
08.03.2012 von Andreas Hepp
Den vollständigen Artikel finden Sie unter:
http://diskurs.dradio.de/2012/03/08/es-sind-die-menschen-auf-den-strasen/
In Hepps Artikel geht es um grenzübergreifende Kommunikation und die dadurch ausgelöste Revolution gesellschaftlicher Lebenswelten. In diesem Beitrag setzt er sich mit Politik und politischen Bewegungen in Zeiten globalisierter Kommunikation und mediatisierter Gesellschaften auseinander und stellt fest: Globalisiert bedeutet nicht grenzenlos.
„Meine bisherigen Argumente sollten deutlich gemacht haben, dass es bei der Occupy-Bewegung und anderen subpolitischen Bewegungen um mehr geht als um eine Facebook-Generation, die einen Planeten retten will, indem sie durch das Internet global mobilisiert. Politische Aktivität entsteht auch in Zeiten von Mediatisierung und Globalisierung nach wie vor insbesondere als lokale politische Aktivität. Allerdings ändert sich die Art und Weise, wie der Protest organisierbar und kommunizierbar wird ebenso wie der medienvermittelte Sinnhorizont, in dem er erfolgt. Es ist notwendig, hierauf den Blick zu lenken und dabei die „mediatisierte Welt“ der Politik insgesamt zu berücksichtigen. Erst in einem solchen Gesamtzusammenhang beginnt man zu verstehen, wie sich mit der Mediatisierung und Globalisierung Politik ändert.“