Sebastian Sons
Präsentation des Dissertationsprojekts an der Forman Christian University, Lahore, 09. Februar 2016
Dr. Saeed Shafqat (li.), Sebastian Sons © privat
Während seiner Feldforschungsreise nach Pakistan von Januar bis März 2016 im Rahmen seines Promotionsprojektes mit dem Arbeitstitel „Pakistanische Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien: Sozialer Wandel in mediatisierten transkulturellen Lebenswelten“ erhielt Sebastian Sons auf Einladung von Dr. Saeed Shafqat, Direktor des Centre for Public Policy and Governance (CPPG) an Forman Christian University, die Möglichkeit, vorläufige Forschungsergebnisse seiner bisherigen Arbeit vorzustellen.
Vor Studierenden sowie Lehrenden der Universität erläuterte er seine Forschungsmotivation, seinen theoretischen Hintergrund und die Methodik seiner Forschungsarbeit. Er analysierte die sich zunehmend verändernden Mediendiskurse in Saudi-Arabien, die sich vor dem Hintergrund des gravierenden sozialen Wandels vollziehen und ging in diesem Zusammenhang auf die sozioökonomischen, politischen und kulturellen Herausforderungen ein, mit denen sich die saudische Gesellschaft konfrontiert sieht. Dementsprechend kann die zunehmend pluralisierte Mediendebatte um südasiatische und vor allem pakistanische Arbeitsmigranten vor diesem Hintergrund als Indikator für wachsende Medienpluralität in einem autoritativen Mediensystem verstanden werden.
Nach dieser Einführung diskutierten die Teilnehmenden vor allem Fragen zur saudischen Medienlandschaft im Allgemeinen, eine mögliche Modifizierung des pakistanisch-saudischen politischen Verhältnisses sowie die daraus entstehenden Auswirkungen für die Arbeitsmigranten vor Ort und die Rücküberweisungen nach Pakistan. Es zeigte sich, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer einen kritischen Blick auf die Entwicklungen in Saudi-Arabien warfen, die dazu führen könnten, dass sich die Zahl der pakistanischen Arbeitsmigranten deutlich reduzieren könnte, was gleichsam weitreichende Auswirkungen für die pakistanische Wirtschaft und Gesellschaft hätte. Dementsprechend teilten die Anwesenden die Meinung des Referenten, dass die Zunahme an Mediendiskursen über Arbeitsmigration in der pakistanischen Öffentlichkeit auch vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen gesehen werden müsse.
Des Weiteren wurden die kulturellen, religiösen und politischen Einflüsse des Königreichs auf die pakistanische Politik und Gesellschaft diskutiert, die im Allgemeinen als destabilisierend und indoktrinierend bewertet wurden, wenngleich die religiöse und wirtschaftliche Bedeutung Saudi-Arabiens für Pakistan in den vergangenen Jahrzehnten ebenso betont wurde. Dennoch lasse sich eine Kursänderung von Seiten pakistanischer Politik konstatieren, da die Regierung vermehrt darauf dränge, die pakistanischen Einkommensquellen zu diversifizieren und sich von Saudi-Arabien zu emanzipieren, indem sich neuen Märkten wie China und Iran zugewendet werde. Dennoch bleibe Saudi-Arabien für die Mehrheit der pakistanischen Arbeitsmigranten das bevorzugte Aufnahmeland, da es neben den Arbeits- und Einnahmeperspektiven auch eine religiöse Anziehungskraft aufgrund der heiligen islamischen Stätten Mekka und Medina anbiete.
Präsentation des Dissertationsprojekts von Sebastian Sons an der Lahore School of Economics and Sciences am 29. Januar 2016
Im Rahmen der regelmäßig stattfinden Economic Brown Bag-Seminare, die durch die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der renommierten Lahore School of Economics and Sciences (LUMS) in Pakistan durchgeführt werden, präsentierte Sebastian Sons am 29. Januar 2016 einige Zwischenergebnisse seines Promotionsprojekts mit dem Arbeitstitel „Pakistanische Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien: Sozialer Wandel in mediatisierten transkulturellen Lebenswelten“.
Sebastian Sons befindet sich derzeit auf einer Forschungsreise in Pakistan, um vor Ort mit relevanten Medienakteuren aktuelle Diskurse und Öffentlichkeitsdebatten über Arbeitsmigration nach Saudi-Arabien zu diskutieren und empirisches Material zu sammeln.
Diesbezüglich widmete er sich in seiner Präsentation den unterschiedlichen Perspektiven saudischer Mediendiskurse über südasiatische und vor allem pakistanische Arbeitsmigration. Er erläuterte, dass sich insbesondere seit 2013 in saudischen arabisch- sowie englischsprachigen Medienformaten eine diskursive Öffentlichkeit zu dem Thema Arbeitsmigration entwickelt habe, welche vor allem von zwei Strömungen gekennzeichnet ist: Zum einen wird von einer Gruppe saudischer Medienakteure gefordert, den nationalen Arbeitsmarkt zunehmend zu nationalisieren und saudische Arbeitskräfte zu integrieren, um einerseits die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitsmigranten zu reduzieren und die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Damit einher gehen auch Forderungen nach einer Verschärfung des Ausweiserechts für sich illegal im Land befindliche Arbeitsmigranten und eine zunehmende Befürchtung einer kulturellen Überfremdung. Andererseits haben sich neben diesem Diskurs kontroverse und vielschichtige Stimmen herausgebildet, die in der besseren Integration von südasiatischen Arbeitsmigranten eine Möglichkeit sehen, die nationale Einheit zu stabilisieren und neue wirtschaftliche Perspektiven erkennen. Forderungen, langjährigen Gastarbeitern die saudische Staatsbürgerschaft zu gewähren, werden dabei ebenso laut, wie selbstkritische Reflexionen über den oftmals inhumanen Umgang mit Arbeitsmigranten. In diesem Zusammenhang wird die Reform oder die Abschaffung des umstrittenen Kafala-Systems gefordert, welches dem saudischen Bürgen fast vollständige Kontrolle über die Persönlichkeitsrechte des Angestellten beschert. Des Weiteren entwickelte sich eine kritische Debatte hinsichtlich der korrupten und intransparenten Strukturen innerhalb Saudi-Arabiens, welche illegale Arbeitsverhältnisse förderten und zur Intransparenz des saudischen Arbeitsmarktes beitrügen. Diese vielschichtigen Debatten werden in der Außenperspektive nicht wahrgenommen und können als Indikator für den zunehmenden sozialen und sozioökonomischen Wandel in der saudischen Gesellschaft gesehen werden.
Im Anschluss an die Präsentation entwickelte sich eine lebhafte und kontroverse Diskussion über die Bedeutung der Arbeitsmigration für die pakistanische Wirtschaft, die Probleme und Herausforderungen, die durch private Rekrutierungsagenturen, ideologisch-religiöse Indoktrinierung der Arbeitsmigranten im Aufnahmeland und die grassierende Korruption bei der Vermittlung von Arbeitsmigranten nach Saudi-Arabien entstehen. Die Auswirkungen auf Pakistan sind demnach nicht nur im wirtschaftlichen, sondern vor allem im kulturellen und politischen Bereich zu suchen und stehen im Zusammenhang mit dem engen aber ambivalenten politischen wie kulturellen Verhältnis zu Saudi-Arabien. Dennoch findet eine offene und kritische Diskussion über dieses Phänomen in der pakistanischen Öffentlichkeit kaum statt. Umso interessierter waren die Teilenehmer an den geschilderten Eindrücken des Referenten und seiner weiter führenden Forschung.
Sebastian Sons ist während seiner Forschungsreise an der LUMS affiliiert, die eine institutionelle Partnerschaft mit der Humboldt-Universität zu Berlin unterhält.
Heidelberg, 15.-16.01.2016
Max Arne Kramer
Der kürzlich abgehaltenen Workshop „Imagining Futures and Forms of Resistance in Kashmir“, organisiert durch Dr. Karin Polit von der ethnologischen Abteilung des Südasien Instituts, Heidelberg, fokussierte auf den Alltag der im Konflikt aufgewachsenen Jugend des Kaschmirtals. Am Abend des ersten Tages hielt die Psychologin Lubna Rafiqi einen Vortrag über verschiedene kulturelle Artikulationen einer oft als ‚verloren’ bezeichneten Generation junger Kashmiris, die sich an der ‚Kashmiri-Intifada‘ (2010 bis heute) beteiligten. Verschiedene Formen dieser neuen kulturellen Aktivitäten, darunter Rap, Theater, Film, Literatur und Poesie, wurden vorgestellt und in Beziehung gesetzt zu Online-Aktivismus, der Arbeit mit sozialen Netzwerken und spontanen Straßenprotesten. Rafiqi hat zusammen mit FreundInnen und KollegInnen aus dem Kaschmirtal mit ‚Mool Sustainability Research and Training Center’ eine alternative Bildungseinrichtung gegründet.
‚Mool‘ beschäftigt sich insbesondere mit Fragen der Massenarbeitslosigkeit oft gut gebildeter junger Menschen und der Schwierigkeit, innerhalb des Tals eine nachhaltige Bildungspolitik zu betreiben. Rafiqi betonte, dass das Leben von jungen Menschen im Konflikt auf kurze Zeit eingerichtet sei. Es ähnele mehr einem ‚Überleben‘ als einer aktiven Lebensgestaltung. In der Folge wurden die Forschungsprojekte von Dr. Karin Polit, Sarah Ewald und Max Kramer kurz vorgestellt und dann ausführlich besprochen. Ein Schwerpunkt der Gespräche und Projekte bezog sich im Zusammenhang mit dem Mool-Projekt auf die Frage der ‚Arbeit‘ als emanzipatorische Praxis. Viele kaschmirische Jugendliche, die gut ausgebildet sind, sehen innerhalb des Tals keine Zukunftsaussichten und leiden, wie Rafiqi betont, oft unter psychischen Erkrankungen, die in direktem Zusammenhang mit der physischen und kulturellen Besatzung des Kaschmirtals stehen.
A Transmedia Project
by
Annika Mayer & Roberta Mandoki (Heidelberg University)
The project „Elderscapes. Ageing in Urban South Asia“ offers an insight into contemporary everyday life of older people from the middle class in urban South Asia. South Asia’s cities are growing rapidly, and longevity is rising simultaneously leading to urban and social change. In this process, perspectives of older people, but also their needs and potentials have to be considered. The project focuses on the social commitment of older persons, their everyday life and social bonding, on their memories as well as perspectives on what it means to grow old in a city.
Interweaving multiple media types like video, text, sound and images this transmedia project contributes both to contemporary visual anthropology and anthropological research on ageing.
http://www.asia-europe.uni-heidelberg.de/de/aktuelles/nachrichten/detail/m/website-and-project-launch-elderscapes.html