Archiv für Schlagwort Archivtheorie

Über (digitale) Hilfswissenschaften, Bibliothekswissenschaft und Digital Humanities.

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlicht in ihrer heutigen Ausgabe auf der Seite zum Thema Forschung und Lehre ein Interview mit dem Archivwissenschaftler Eckhart Henning über die „prekäre Lage der historischen Archivwissenschaften“. Aus der Perspektive von Fu-PusH ist das Thema aus mehreren Gründen interessant. So gibt es durchaus die Position, dass sich das nach wie vor im Fokus aller Zukunftsdiskussionen zu den Geisteswissenschaften unweigerlich einfindende Feld der Digital Humanities zumindest in der Tradition der Hilfswissenschaften verortet. (vgl. Wettlaufer, 2014) Von den Auxilia Historica zu lernen, kann hier also durchaus sinnvoll sein. Weiterhin stellt sich die Frage der Auswahl, Erschließung und Vermittlung potentiell für die Geisteswissenschaften relevanter Objekte in den etablierten Kulturspeichern ganz generell. Hier könnte man neben der Archivwissenschaft durchaus auch die Bibliothekswissenschaft in der Rolle einer solchen Hilfsdisziplin sehen und diskutieren – nicht unbedingt zum Gewinn der Fächer. (vgl. u.a. Stäcker, 2005, S.36) Schließlich stellt sich damit verknüpft und immergrün die Frage, wie man mit digitalen Materialien hinsichtlich einer angestrebten Langzeitverfügbarkeit verfährt.

Zu allen drei Aspekten finden sich im Interview einige interessante Aussagen. So legt Eckart Henning dar, dass die historischen Hilfswissenschaften mit ihrem Analyseansatz „den Naturwissenschaften oft näher als den Geisteswissenschaften“ sind. Das ergibt sich vermutlich bereits deshalb, weil ihre Funktion einen bestimmten Analysebedarf adressiert, der offenbar nicht ohne weiteres direkt in geisteswissenschaftliche Forschungsprozesse integrierbar ist. Die Hilfswissenschaften komplementieren die dort eingesetzten Methodologien hinsichtlich eines bestimmten Bedarfs. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass …weiterlesen »

Wie digital archivieren? Wolfgang Ernst befasst sich in der ZfBB mit der Memorisierung des Web.

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden).

Eine zentrale Frage für alle, die sich mit konkreten Lösungen für kulturelle Überlieferungen befassen und damit insbesondere „Gedächtnisinstitutionen wie Archiv und Bibliothek“ (Wolfgang Ernst), lautet: Wie sammeln und archivieren wir digitale Inhalte möglichst lange und möglichst verfügbar? Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliografie (ZfBB) widmet sich nun dieser Herausforderung unter der Überschrift „Webarchivierung in Bibliotheken“.

In seinem Beitrag Memorisierung des »Web« – Von der emphatischen Archivierung zur Zwischenarchivierung der Gegenwart analysiert der Medientheoretiker Wolfgang Ernst vor allem aus der Perspektive von Zeitlichkeit und Flüchtigkeit:

„Das Vertrauen auf die Strahlkraft des Wissens in Archiven und Bibliotheken, das seit Zeiten der Schriftträger und des Buchdrucks das abendländische Bewusstsein prägt, unterliegt einer doppelten Transformation, die radikaler nicht sein kann. Einmal wandeln sich litterae in binär kodierte Datenworte (Bits); zudem transformiert ihre Substanz von dauerhafter Fixierung (Tinte und Druckschwärze) in flüchtige Ladungen und Impulse – von der der Inschrift zum Datenstrom.“

Und eigentlich geht es auch um das Konzept von Geschichtlichkeit, das für unsere Kultur und vor allem auch die Geisteswissenschaften prägend war und ist und das nun vielleicht gefährdet ist. Denn:

„Das vertraute Konzept von historischer Zeit bedeutet Computern nichts.“

Was freilich implizierte, dass Computer so etwas wie Bedeutung kennen könnten. Solange sie allerdings im Erbe der Kommunikationstheorie nach Claude Shannon operieren, ist das nicht zu erwarten. Sinnvoller wäre folglich, zu fragen, ob wir das Konzept der historischen Zeit im Digitalen verankern wollen? Bejahen wir das, muss man entsprechende informatische Strategien angehen. Das ist selbstredend eine Kulturaufgabe ersten Ranges. Gedächtnisinstitutionen allein sind, wie aus dem Text Ernsts immer wieder hervorgeht, bereits damit vollausgelastet, die Ansprüche der digitalen Gegenwart anzunehmen, die ihrer Tradition doch erheblich entgegenstrebt. …weiterlesen »