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Edition TOPOI stellt das Citable und den dEbook-Viewer vor

Am Montag, den 18. April 2016 stellte die Edition TOPOI des Exzellenzclusters TOPOI (HU und FU Berlin) auf der Kick-Off-Veranstaltung zum „Wissenschaftlichen Publizieren+“ nicht nur eine ergänzende Note zur Berlin Declaration on Open Access in the Sciences and Humanities vor, sondern auch ihre neu entwickelten Publikationswerkzeuge, zum einen das „Digitally Enhanced Book“ (dEbook) und zum anderen das sogenannte „Citable“ als Beschreibungsformat für Forschungsdatenpublikationen.

Bei dem dEbook handelt es sich um ein Werkzeug zur Verknüpfung von publizierten Texten mit Forschungsdaten, bei dem Autorinnen und Autoren ihre Publikationen mit online verfügbaren Zusatzmaterialien wie Datenbanken, Graphiken oder 3D-Modellen vernetzen und präsentieren können. Dabei werden die Referenzobjekte allerdings nicht selbst in die Publikation integriert, sondern lediglich die zu Grunde liegenden Metadaten in einer Textdatei (.dEbook) erfasst und somit für das Sammeln, Senden und Teilen system- und softwareunabhängig bereitgestellt.

Die entsprechende Webapplikation trägt den etwas irreführenden Namen „dEbook-Viewer“, obwohl es sich nicht nur um ein Rezeptions-Tool handelt, sondern auch der Erstellung von Verknüpfungen und Annotationen dient. Auf diese Weise wird nicht nur ein interaktives Lesen und Recherchieren mit den integrierten Wörterbüchern, Lexika sowie Text- und Bildrecherche-Tools ermöglicht, sondern auch die aktive Anreicherung von Publikationen, die im PDF-Format vorliegen, durch Verlinken und Annotieren. Die Publikationen der Edition TOPOI stehen somit, nicht zuletzt da sie konsequent Open Access angeboten werden, als Digitally Enhanced Book zur Verfügung.

 

dEbook
dEbook-Viewer der Edition TOPOI

 

Entsprechend der Forderung des Exzellenzclusters TOPOI, dass Gedächtnis- und Bildungsinstitutionen ihre Digitalisate offen, maschinenlesbar und dauerhaft zitierfähig online zur Verfügung stellen, entwickelte die Edition TOPOI das Citable als ein Format zur Beschreibung von digitalen Forschungsdaten als eigenständige Publikationen. Das Citable integriert technische und beschreibende Metadaten sowie Lizenzinformationen mit dem jeweiligen persistenten Identifikator im JSON-Format, womit eine einfache Nachnutzung bzw. Weiterbearbeitung etwa durch Modifikationen und weitere Anreicherungen ermöglicht werden soll.

Während die ebenfalls im Cluster entwickelten Viewer-Technologien bereits deutlich erkennbare Mehrwerte durch umfangreiche Funktionalitäten bieten, beispielsweise bei der Betrachtung von 3D-Modellen, werden auf der Webseite der Edition TOPOI allerdings nur wenige Details des neuen Beschreibungsformates präsentiert. Es bleiben vor allem Fragen etwa hinsichtlich des Metadatenschemas, der technischen Umsetzung einer Versionierung, der Einbindung in Nachweissysteme sowie der Langzeitarchivierung bzw. -verfügbarkeit offen, so dass man gespannt sein darf auf die weiteren Entwicklungen.

 

Citable
Citable-Modell der Edition TOPOI

Die Zukunft der E-Books liegt in den Wurzeln des Digitalen.

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

In der Sendung Kultur heute des Deutschlandfunks wurde gestern ein Interview mit Elke Heinemann zum Thema E-Books ausgestrahlt, die unlängst ein „Kriminalrondo“ als, wenn man so will, Hybrid-Enhanced-E-Book herausgebracht hat. Das weckt natürlich unser Interesse, wenn auch eher aus medientheoretischer Sicht. Im Interview nennt sie einige der Funktionalitäten:

„Man nennt es auch ein „Hands E-Book“ […]. Es gibt es auch gedruckt als Künstlerbuch, weil es unter anderem Fotogramme der Berliner Fotografin Manuela Höfer enthält. Aber als Künstlerbuch ist es deshalb interessant, weil der Leser beispielsweise die Möglichkeit hat, selber die Reihenfolge zu bestimmen, dort einzusteigen, wo er selber lesen möchte oder auch hören möchte. Es hat auch eine Audioschiene. Das gab es, als die Texte entstanden sind, alles noch nicht. Man hätte damals nur eine Art Objekt bauen können, in einem Kunstbuchverlag vielleicht, aber da sind natürlich auch die Absatzmöglichkeiten sehr schlecht.“

In der Titelbeschreibung auf der Seite des Verlags wird das Format genauer beschrieben:

„Das enhanced e|Book präsentiert ein Gesamtkunstwerk aus Prosa, Lyrik und Fotografie; es enthält Audioaufnahmen der Texte, 13 Fotogramme der Künstlerin Manuela Höfer und ein interaktives Inhaltsverzeichnis.“

https://youtu.be/JrzjAx01eWk

Im Interview betont die Autorin zudem, dass die E-Book-Formen, die man aktuell gemeinhin darunter versteht, früher oder später von Online-Texten abgelöst werden:

„Es ist sowieso so, dass die Experten der Szene glauben, die E-Books sind ein temporäres Phänomen. Irgendwann lesen wir alle digital, beziehungsweise wir lesen digitale Texte direkt im Internet. Das ist ja die Entwicklung, die beispielsweise auch durch Sascha Lobos „Sobooks“ vorgegeben wird.“

Der Trend zeigt aber eigentlich, wie wundersam die mediale Schleife ist, die sich hier zieht: Elemente, die im WWW schon längst etabliert sind (Hypertextualität, Multimedialität) und die sich noch viel länger in den Narrativstrukturen von Computerspielen, vor allem so genannten Adventures und RPGs, finden (selbst wählbare Pfade durch die Narration, umfassende Interaktivität) werden auf literarische Textformen angewendet und dies in einer Form, die sie idealerweise – analog zum Buch – in geschlossenen und daher als Einzelobjekte verkaufbaren Einheiten fasst. Das E-Book ist seit je mehr oder weniger ein unzureichender Versuch, die medienkulturelle Praxis des gedruckten Buches in die mit hohen Zukunftserwartungen ausgerüsteten digitalen Geschäftsfelder zu bringen. Das gelingt bislang bestenfalls teilweise. Die Vorteile der klassischen E-Book-Formate gegenüber den gedruckten Formaten bleiben in der Regel auf das entfallende Gewicht und eine einfache Adaptivität begrenzt (vgl. dazu auch Kaden, 2008). Dazu kommen künstliche Hürden vor allem in Form von Kopierschutzmaßnahmen.

Der Schritt, diese Formate mit Erweiterungen zu versehen ist angesichts der Möglichkeiten des Digitalen naheliegend, aber keineswegs ein Zeichen von Modernität. Dass wir digitale Texte im Internet lesen ist nämlich eine Grundidee des WWW selbst. Es entspräche also einer Rückkehr zu den Wurzeln Anfang der 1990er Jahre. Redet man dagegen über die Möglichkeiten von sinnvollen Enhancements und neuen Formen der Narrativität, dann empfiehlt es sich vermutlich, die Idee des linear erzählendes Buches gänzlich zu verwerfen und von webnativen Erzählformen und -möglichkeiten auszugehen. Der Vergleich, den Elke Heinmann betont, liefe dabei ins Lehre.

„E-Books und haptische Bücher sollte man wie Kinofilme und Fernsehfilme betrachen: Beide Medien haben eine gemeinsame Wurzel und durch die technischen Möglichkeiten haben sich dazu Parallelwelten entwickelt.“

Zutreffender wäre vielleicht zu sagen, dass sich digitale Narrationen von Narrationen, die der Darstellungslogik des Buchformats folgen, so unterscheiden, wie Computerspiele von Filmen. Der Schlüssel tatsächlich digitalgemäßer und entsprechend erweiterter Erzählungen läge in der interaktiven Teilhabe- und Gestaltungsmöglichkeit des Handlungsverlaufs, was zwangsläufig die Frage nach der Abgrenzung des Formats – vermutlich nach dem Grad der Interaktivität und Steuerungsmöglichkeit zu differenzieren – sowie auch der Autorschaft aufwirft. Ab welchem Komplexitätsgrad der Erweiterung sind die Entwickler und Mediengestalter narrationsprägend?

Und selbst für einfache digitale Fließtexte – also nicht-enhanced-E-Books – die direkt online gelesen werden, ist die Bezeichung „Book“ eine etwas unglücklich gewählte Metapher. Spätestens wenn sie born digital sind, sie also nicht auf einer Buchvorlage beruhen, wäre es weitaus stimmiger einfach von digitalen Texten zu sprechen.

 

Weiterführend:

Ben Kaden (2008) Das ewig alte Medium. In: BUB 60 (2008) 7-8, S. 562-563.

Elke Heinemann, Maja Ellmenreich (2015) „E-Books sind literarische Parallelwelt“. In: Deutschlandfunk, 14.10.2015.

15. Oktober 2015 | Veröffentlicht von Ben Kaden | 1 Kommentar »
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Breaking Book. Wie Amazon das Lesen „enhanced“

Eine Anmerkung von Ben Kaden. (@bkaden) zu
Casey  Newton: THE EVERYTHING BOOK: READING IN THE AGE OF AMAZON. In: The Verge, 17.12.2014

In der vergangenen Woche publizierte der SPIEGEL eine Titelgeschichte zur Zukunft des Lesens (eine ausführliche Auseinandersetzung damit findet sich im LIBREAS-Tumblr). Heute findet sich ein weiterer Beitrag zum Thema auf der Seite The Verge, wobei Beitrag und Seite ziemlich deutlich die Differenz der Welten zwischen SPIEGEL und dem Vox-Media-Journalismus aufzeigen. Die so genannte Longform ist, wenn man sie im Digitalen angemessen abbildet, keineswegs eine Angelegenheit der Vergangenheit und The Verge zeigt wenigstens formal einen ziemlich medienadäquaten Ansatz.

Die Stärke von Casey Newtons Artikel zu sich entwickelnden digitalen Leseformen gegenüber dem SPIEGEL-Text liegt inhaltlich zunächst schon einmal darin, dass sich der Technikjournalist hauptsächlich auf einen Hauptakteur und dessen Leselabore und Buchmarktideen konzentriert. Und zwar auf einen, wenigstens in den USA und für viele bedauerlicherweise, Platzhirschen. Inhaltlich schürft er zwar nicht sonderlich tiefer als seine SPIEGEL-Kollegen. Aber er schürft weitaus aufgeräumter.

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Ist das Buch ein Statusmedium? Und was bedeutet das für E-Publikationen?

Vor einigen Tagen erschien in der International New York Times ein kurzer Bericht darüber, dass sich E-Books auf dem europäischen Buchmarkt vor allem im Vergleich zu den Buchmärkten der USA und in Großbritannien nur in geringem Maße durchgesetzt haben. (Heyman, 2014) In Deutschland liegt der Marktanteil elektronischer Bücher ebenso wie in Italien derzeit laut Artikel bei unter vier Prozent. Interessant ist dabei, dass auch dort, wo eine nur zögerliche Etablierung des Mediums zu beobachten ist, doch von Land zu Land unterschiedliche Gründe vorliegen. Der im Artikel zitierte Rüdiger Wischenbart erläutert, dass beispielsweise in Schweden eine sehr gute Versorgung mit E-Books seitens der öffentlichen Bibliotheken dazu führt, dass E-Books ausgeliehen und nicht gekauft werden. Für andere europäische Länder betont er als Ursache neben der Frage der Preisgestaltung die soziokulturelle Konnotation von Print:

“When you read a book, you define yourself as being part of a cultural elite, and that elite is very conservative,” he said. “They don’t want their high status to be undermined by some new gadget.” (Heyman, 2014)

Eine Anschlussthese, dass dieser Status fast zwangsläufig besonders intensiv unter Absolventen geisteswissenschaftlicher Studiengänge und damit unter den GeisteswissenschaftlerInnen verbreitet ist, dürfte sehr nahe liegen. Unterstützt wird dies von der oft außerordentlich hohen Qualität von Printausgaben zum Beispiel bei Kunstkatalogen, die, wie auch der Kunstwissenschaftler Horst Bredekamp vergangenen Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion betonte, gerade durch digitale Gestaltungs- und Entwurfsverfahren möglich wird. Print entfaltet sich erstaunlicherweise direkt wegen der digitalen Technologien so vielgestaltig wie vielleicht niemals zuvor in der Druckgeschichte.

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Warum der allgemeine E-Book-Markt für Fu-PusH relevant ist

„Apropos gemeinsames Nachdenken: Wir glauben, dass verhärtete Fronten generell keine gute Idee sind und dass die gegensätzlichen Pole von technikfeindlichen Ebook-Verächtern auf der einen und den sämtliche Verlagsmauern niederreißenden Digitaljüngern auf der anderen Seite zugespitzt und konstruiert sind. Verlage und Papierbücher (vor allem die sorgsam gestalteten und hergestellten) wird es glücklicherweise noch sehr, sehr lange geben, genau wie spannende Digitalveröffentlichungen.“

meinen die beiden CulturBooks-Verleger Zoë Beck und Jan Karsten in einer Positionierung im buchreport.blog (Die (un-)sichtbaren Ebooks, 17.11.2014).

Wenngleich sich die Aussage genauso wie das Programm des Verlags auf Literatur und den so genannten Publikumsmarkt bezieht, ist eine Beobachtung entsprechend Trends für uns schon deshalb interessant, weil die sehr auf Monographien gerichteten Geisteswissenschaften häufig direkt an der Schnittstelle zu diesem Markt publizieren. Es gibt eine ganze Reihe von WissenschaftlerInnen besonders im kunst- und kulturwissenschaftlichen Spektrum die in Publikumsverlagen publizieren und direkt mit einem dezidiert öffentlichen Lesepublikum in Verbindung stehen.

Wenn wir also über zukünftige Publikationsmodelle in den Geisteswissenschaften nachdenken, dann gilt es unbedingt die Dimension zu berücksichtigen, die man einmal als Suhrkamp-Kultur bezeichnete. Elektronische Publikationen in diesem Bereich dürften vorerst und auch perspektivisch weniger von aus der Wissenschaftsinfrastruktur und der Open-Access- bzw. Open-Science-Bewegung angeregten enhanced oder offenen Dokumentenstrukturen geprägt sein.

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18. November 2014 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
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