Archiv für August 2015

Open Access, Wissenschaftskultur und Forschungsdaten. Zu einem Beitrag bei derStandard.at.

In der Tageszeitung Der Standard erschien unlängst ein weiterer Beitrag über Open Access, diesmal aus österreichischer Sicht und erwartungsgemäß eher allgemein gehalten. Wer sich mit der Debatte etwas auskennt, findet daher sicher wenige neue Einsichten und stattdessen mehr Erinnerungen an heißere Phasen der Debatte, denn sogar sowohl Roland Reuß mit seiner Warnung vor dem Zwang zu Open Access wie auch Uwe Jochum mit seiner These, dass digitale Daten nur mit unkalkulierbaren, in jedem Fall äußerst hohen Kosten langzeiterhalten werden können, finden sich in dem Artikel wieder.

Aus Sicht von Fu-PusH sind zwei andere Aspekte notierenswert. So bestätigt Bernhard Haslhofer unsere Erfahrung, dass es beim Open Access keine alle Fachkulturen integrierende Generallösung geben kann und auch überhaupt Formen digital vermittelteter Wissenschaftskommunikation in der einen Disziplin der Normal- und in einer anderen ein Sonderfall sind:

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Wie digital archivieren? Wolfgang Ernst befasst sich in der ZfBB mit der Memorisierung des Web.

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden).

Eine zentrale Frage für alle, die sich mit konkreten Lösungen für kulturelle Überlieferungen befassen und damit insbesondere „Gedächtnisinstitutionen wie Archiv und Bibliothek“ (Wolfgang Ernst), lautet: Wie sammeln und archivieren wir digitale Inhalte möglichst lange und möglichst verfügbar? Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliografie (ZfBB) widmet sich nun dieser Herausforderung unter der Überschrift „Webarchivierung in Bibliotheken“.

In seinem Beitrag Memorisierung des »Web« – Von der emphatischen Archivierung zur Zwischenarchivierung der Gegenwart analysiert der Medientheoretiker Wolfgang Ernst vor allem aus der Perspektive von Zeitlichkeit und Flüchtigkeit:

„Das Vertrauen auf die Strahlkraft des Wissens in Archiven und Bibliotheken, das seit Zeiten der Schriftträger und des Buchdrucks das abendländische Bewusstsein prägt, unterliegt einer doppelten Transformation, die radikaler nicht sein kann. Einmal wandeln sich litterae in binär kodierte Datenworte (Bits); zudem transformiert ihre Substanz von dauerhafter Fixierung (Tinte und Druckschwärze) in flüchtige Ladungen und Impulse – von der der Inschrift zum Datenstrom.“

Und eigentlich geht es auch um das Konzept von Geschichtlichkeit, das für unsere Kultur und vor allem auch die Geisteswissenschaften prägend war und ist und das nun vielleicht gefährdet ist. Denn:

„Das vertraute Konzept von historischer Zeit bedeutet Computern nichts.“

Was freilich implizierte, dass Computer so etwas wie Bedeutung kennen könnten. Solange sie allerdings im Erbe der Kommunikationstheorie nach Claude Shannon operieren, ist das nicht zu erwarten. Sinnvoller wäre folglich, zu fragen, ob wir das Konzept der historischen Zeit im Digitalen verankern wollen? Bejahen wir das, muss man entsprechende informatische Strategien angehen. Das ist selbstredend eine Kulturaufgabe ersten Ranges. Gedächtnisinstitutionen allein sind, wie aus dem Text Ernsts immer wieder hervorgeht, bereits damit vollausgelastet, die Ansprüche der digitalen Gegenwart anzunehmen, die ihrer Tradition doch erheblich entgegenstrebt. …weiterlesen »

Eine Zwischenstandsmeldung im August

Es gibt zwei kleine Zwischenmeldungen in die allgemeine Sommerfrische hinein. Einerseits haben wir für Fu-PusH mittlerweile eine Begleitwebseite angelegt, die uns unter anderem als Testfall für Beispielumsetzungen von Enhancements für digitale Publikationen dient. Man erreicht sie über den Klick auf den Screenshot oder diesen Link.

Screenshot Fu-PusH-Materialsammlung
Fu-PusH-Materialsammlung unter www2.hu-berlin.de/fupush

Weiterhin entdeckten wir mit großer Freude, dass das Projekt in einem Aufsatz von Johannes Fournier für die Open-Access-Zeitschrift Ärchäologische Informationen erwähnt wurde. In dem bereits vor knapp einem halben Jahr als Early-View-Fassung publizierten Text zu den Perspektiven und Positionen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in den Bereichen Open Access und Open Data liest man:

„In DFG-geförderten Projekten kann schließlich auch erprobt und ausgelotet werden, wie die wissenschaftliche Praxis auf Veränderungen bezüglich der Darstellung von Forschungsergebnissen reagiert und welche Potenziale neue Formen der Wissenschaftskommunikation öffnen. In diesem Sinne untersucht das ebenfalls im Programm „Elektronische Publikationen“ geförderte Vorhaben „Future Publications in the Humanities“ an der UB der Humboldt-Universität mit speziellem Fokus auf die Bedürfnisse geisteswissenschaftlicher Forschung und in enger Rückkopplung an die Fachwissenschaften, welche Mehrwerte eine Veröffentlichung in Form einer sog. „enhanced publication“ generiert […]. Dazu gehört auch die Frage, welche infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen oder auszugestalten sind, um das volle Potenzial solcher Mehrwerte überhaupt ausschöpfen zu können.“ (S. 5)
Es wird noch ein wenig dauern, bis wir eine fixe Antwort auf diese Frage kommunizieren können. Bisher jedoch zeigt sich in den Erhebungen, dass es große theoretische bis utopische Vorstellungen für digitale Publikationsstrukturen gibt, denen auf der praktischen Seite eher niedrigschwellige, manchmal auch nur mäßig spektakuläre Alltagslösungen gegenüber stehen. Die Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens auch in den Geisteswissenschaften wird fraglos digital geprägt sein und bestimmte Mehrwerte umfassen. Das Hauptanliegen der WissenschaftlerInnen ist allerdings zugleich, dass dieses Publizieren verlässlich, kreditierbar und zeitstabil nachvollziehbar erfolgt. Spätestens wenn es um die Steuerung und Verwaltung der Reputation mittels Publikation geht, sind allzu komplexe Experimente nicht mehr das, was man sich wünscht. Weitere und detailliertere Ausführungen dazu folgen in den kommenden Monaten und unter der oben angegebenen Seite wird sich sicher sukzessive ein wachsender Bestand an Beispielen und Materialien finden.

Quelle
Johannes Fournier (2015): Open Access und Open Data. Positionen und Perspektiven der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). In: Archäologische Informationen, Early View. Online publiziert 20. Febr. 2015. (PDF-Download)
5. August 2015 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
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