Archiv für Schlagwort Digitalität

Wie digital archivieren? Wolfgang Ernst befasst sich in der ZfBB mit der Memorisierung des Web.

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden).

Eine zentrale Frage für alle, die sich mit konkreten Lösungen für kulturelle Überlieferungen befassen und damit insbesondere „Gedächtnisinstitutionen wie Archiv und Bibliothek“ (Wolfgang Ernst), lautet: Wie sammeln und archivieren wir digitale Inhalte möglichst lange und möglichst verfügbar? Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliografie (ZfBB) widmet sich nun dieser Herausforderung unter der Überschrift „Webarchivierung in Bibliotheken“.

In seinem Beitrag Memorisierung des »Web« – Von der emphatischen Archivierung zur Zwischenarchivierung der Gegenwart analysiert der Medientheoretiker Wolfgang Ernst vor allem aus der Perspektive von Zeitlichkeit und Flüchtigkeit:

„Das Vertrauen auf die Strahlkraft des Wissens in Archiven und Bibliotheken, das seit Zeiten der Schriftträger und des Buchdrucks das abendländische Bewusstsein prägt, unterliegt einer doppelten Transformation, die radikaler nicht sein kann. Einmal wandeln sich litterae in binär kodierte Datenworte (Bits); zudem transformiert ihre Substanz von dauerhafter Fixierung (Tinte und Druckschwärze) in flüchtige Ladungen und Impulse – von der der Inschrift zum Datenstrom.“

Und eigentlich geht es auch um das Konzept von Geschichtlichkeit, das für unsere Kultur und vor allem auch die Geisteswissenschaften prägend war und ist und das nun vielleicht gefährdet ist. Denn:

„Das vertraute Konzept von historischer Zeit bedeutet Computern nichts.“

Was freilich implizierte, dass Computer so etwas wie Bedeutung kennen könnten. Solange sie allerdings im Erbe der Kommunikationstheorie nach Claude Shannon operieren, ist das nicht zu erwarten. Sinnvoller wäre folglich, zu fragen, ob wir das Konzept der historischen Zeit im Digitalen verankern wollen? Bejahen wir das, muss man entsprechende informatische Strategien angehen. Das ist selbstredend eine Kulturaufgabe ersten Ranges. Gedächtnisinstitutionen allein sind, wie aus dem Text Ernsts immer wieder hervorgeht, bereits damit vollausgelastet, die Ansprüche der digitalen Gegenwart anzunehmen, die ihrer Tradition doch erheblich entgegenstrebt. …weiterlesen »

Digitale Schrift und digitales Schreiben

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Wer sich mit der Zukunft des Publizierens in den Geisteswissenschaften befasst, die mutmaßlich grundlegend digital sein wird, befasst sich unvermeidlich auch mit den Beschaffenheiten digitaler Dokumente und digitalen Textes. Daher ist die Auseinandersetzung mit Text- und Schrifttheorien für Fu-PusH auch sehr relevant. Ein interessantes Beispiel für die Beschäftigung mit der Digitalisierung des Schreibprozesses und damit auch digitaler Autorschaft stammt von dem Medientheoretiker Mark Poster, der 1990 in seinem Buch The mode of information. Poststructuralism and Social Context. (Chicago: University of Chicago Press, 1990) schrieb:

Zitat Mark Poster - 1990
Zitat Mark Poster – 1990

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7. Januar 2015 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Literaturbericht

Materialität, Digitalität und die Frage nach dem Status des Dokuments

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Über Twitter verbreitet sich momentan der Call for Papers eines Symposiums des Digital Humanities Incubator (DHI) der School of Culture and Communication, University of Melbourne mit dem Titel „Digital Densities: examining relations between material cultures and digital data“. Der Themenkomplex klingt für die Auseinandersetzung mit den Fragen zukünftiger Publikationsformen in den Geisteswissenschaften augenblicklich hoch interessant. Der Veranstaltungsort ist jedoch eben Melbourne und die damit verbundenen Reisekosten verhindern leider eine teilnehmende Beobachtung. Einen Hinweis darauf wollen wir dennoch hier hinterlassen.

Die Beschreibung zum Call verweist auf einen Aspekt, den die Digitalisierung der Kommunikationsstrukturen und, wenn man so will, die digitale Laboratorisierung bestimmter Teile geisteswissenschaftlicher Forschung fast im Sinne eines neuen Gegenstandsbewusstseins nach sich ziehen. Das Digitale führt in (oder erzwingt sogar) eine Neubewertung des Materialen, schließt einen bereits an sich gegebenen „Material Turn“ an, bei dem die Vielfalt der Relationen zwischen einem Objekt in der Vielfalt seiner Bedeutungs- und Interpretationsgehalte, sozialer Funktionen und eben der materialen Beschaffenheit in den Mittelpunkt rückt. Diese Frage nach dem materiellen Status digitaler Objekte (und damit buchstäblich ihrer Gegenständlichkeit) ist nun auch der Ausgangspunkt des Symposiums:

„The ‘material turn’ in Humanities research has seen a celebration of the physicality of things and a revaluing of the weight of experience, including in the case of digital data.”

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Das Vermaschen der Worte: Über Lexpionage und die Frage der passenden Benennung

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Wer im Gegenwartsdiskurs aktiv unterwegs ist, stößt mehr als gelegentlich auf die Herausforderung, für ein neues Phänomen eine treffende Benennung zu finden. „Enhanced Publication“ ist ein Vorzeigebeispiel.

Der Kanadier Paul McFedries trägt seit 1996 auf der Seite Wordspy.com Neuworte zusammen. Diese Tätigkeit nennt Lexpionage. Dank der Laufzeit von der mittleren Frühphase der Popularisierung des WWW bis zur heutigen digitalen Allseitsdurchdringung kann man anhand seiner Sammlung sehr schön die kulturelle Entwicklung unter dem Einfluss des Internets rekonstruieren. Das erste Wort bei Wordspy.com war allerdings wenig technisch dafür sehr passend: Logophilia (frühester Nachweis: Michel Foucault, 1970, Wordspy.com, 02.01.1996) Neun Tage später wies die Seite dann auf den Ausdruck Netspeak hin:

„The words, idioms, and pecularities of spelling and grammar that are characteristic of online documents and communication.“ (ebd. 11.01.1996)

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23. Oktober 2014 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Terminologisches