Archiv für Kategorie Enhanced Publications

Edition TOPOI stellt das Citable und den dEbook-Viewer vor

Am Montag, den 18. April 2016 stellte die Edition TOPOI des Exzellenzclusters TOPOI (HU und FU Berlin) auf der Kick-Off-Veranstaltung zum „Wissenschaftlichen Publizieren+“ nicht nur eine ergänzende Note zur Berlin Declaration on Open Access in the Sciences and Humanities vor, sondern auch ihre neu entwickelten Publikationswerkzeuge, zum einen das „Digitally Enhanced Book“ (dEbook) und zum anderen das sogenannte „Citable“ als Beschreibungsformat für Forschungsdatenpublikationen.

Bei dem dEbook handelt es sich um ein Werkzeug zur Verknüpfung von publizierten Texten mit Forschungsdaten, bei dem Autorinnen und Autoren ihre Publikationen mit online verfügbaren Zusatzmaterialien wie Datenbanken, Graphiken oder 3D-Modellen vernetzen und präsentieren können. Dabei werden die Referenzobjekte allerdings nicht selbst in die Publikation integriert, sondern lediglich die zu Grunde liegenden Metadaten in einer Textdatei (.dEbook) erfasst und somit für das Sammeln, Senden und Teilen system- und softwareunabhängig bereitgestellt.

Die entsprechende Webapplikation trägt den etwas irreführenden Namen „dEbook-Viewer“, obwohl es sich nicht nur um ein Rezeptions-Tool handelt, sondern auch der Erstellung von Verknüpfungen und Annotationen dient. Auf diese Weise wird nicht nur ein interaktives Lesen und Recherchieren mit den integrierten Wörterbüchern, Lexika sowie Text- und Bildrecherche-Tools ermöglicht, sondern auch die aktive Anreicherung von Publikationen, die im PDF-Format vorliegen, durch Verlinken und Annotieren. Die Publikationen der Edition TOPOI stehen somit, nicht zuletzt da sie konsequent Open Access angeboten werden, als Digitally Enhanced Book zur Verfügung.

 

dEbook
dEbook-Viewer der Edition TOPOI

 

Entsprechend der Forderung des Exzellenzclusters TOPOI, dass Gedächtnis- und Bildungsinstitutionen ihre Digitalisate offen, maschinenlesbar und dauerhaft zitierfähig online zur Verfügung stellen, entwickelte die Edition TOPOI das Citable als ein Format zur Beschreibung von digitalen Forschungsdaten als eigenständige Publikationen. Das Citable integriert technische und beschreibende Metadaten sowie Lizenzinformationen mit dem jeweiligen persistenten Identifikator im JSON-Format, womit eine einfache Nachnutzung bzw. Weiterbearbeitung etwa durch Modifikationen und weitere Anreicherungen ermöglicht werden soll.

Während die ebenfalls im Cluster entwickelten Viewer-Technologien bereits deutlich erkennbare Mehrwerte durch umfangreiche Funktionalitäten bieten, beispielsweise bei der Betrachtung von 3D-Modellen, werden auf der Webseite der Edition TOPOI allerdings nur wenige Details des neuen Beschreibungsformates präsentiert. Es bleiben vor allem Fragen etwa hinsichtlich des Metadatenschemas, der technischen Umsetzung einer Versionierung, der Einbindung in Nachweissysteme sowie der Langzeitarchivierung bzw. -verfügbarkeit offen, so dass man gespannt sein darf auf die weiteren Entwicklungen.

 

Citable
Citable-Modell der Edition TOPOI

Workshopbericht Enhanced Publications, in der CZ#141

Jetzt, da das Fu-PusH-Projekt auf sein Ende zusteuert, fällt auf, dass wir erstaunlich selten Gelegenheiten hatten, etwas in unsere Pressemappe zu legen. Eine Ursache ist sicherlich, dass sich einerseits unsere Aktivitäten im Kreis einer bestimmten Fachöffentlichkeit entfalteten sowie, dass wir andererseits vieles von dem, was uns aus dem laufenden Projekt heraus als wichtig für die Öffentlichkeit erschien, direkt in diesem Blog und in unserer Materialsammlung (und ein wenig bei Github) publiziert haben. Unser Anspruch an transparente Wissenschaft und ihre Kommunikation wurde damit bereits erfüllt.

Umso mehr freuen wir uns, dass wir mit dem Bericht zu unserem Workshop zu Enhanced Publications und Bibliotheken, den Maja Stark in der Zeitschrift des Exzellenzclusters Bild Wissen Gestaltung der Humboldt-Universität zu Berlin, CZ#, veröffentlichte, nun doch einen externen Blick auf unserer Projekt dokumentieren können.

Nichts ist für die Ewigkeit: Enhanced Publications. (Maja Stark in CZ#141, S. 10)
Nichts ist für die Ewigkeit: Enhanced Publications. (Maja Stark in CZ#141, S. 10 – PDF-Download)
29. März 2016 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Enhanced Publications, Veranstaltungen

Eine kurze Nachlese zum Fu-PusH-Workshop Enhanced Publications und Bibliotheken vom 16.03.2016

Am 16.März veranstaltete das Fu-PusH-Projekt einen Workshop zum Themenkomplex Enhanced Publications und Bibliotheken im Grimmzentrum. Dieser bestätigte im Ergebnis eine ganze Reihe der Einsichten aus den Erhebungen des Projektes (mehr dazu u.a. in unseren Dossiers), erweiterte aber zudem unsere Perspektive gerade auch um die Situation bei den Publikumsverlagen und entsprechenden erweiterten Publikationen (dort auch bekannt als Enriched (E-)Books). Die dort relevanten Erweiterungen sind vor allem Multimedialität und Social-Reading-Funktionen. Die Zukunft dürfte in diesem Bereich möglicherweise weniger nah am Ausgangspunkt Buch zu suchen sein und mehr im Bereich der Applications.

Erweiterte Publikationen sind in diesem Kontext konsequent als Hybride zwischen Buch, von dem mutmaßlich das Element Text mit seinem Narrationsfunktion und die Nutzungsform des Lesens übernommen werden, und Software als Umsetzungsform zu verstehen. Interessant ist nun, was mit den unterschiedlichen Akteuren und Aufgabenbereichen der Branche geschieht. Guido Stemme vom Mainzer bureau23 betonte, dass im Herstellungsworkflow solcher Publikationen Programmierer im Prinzip die Rollen übernehmen, die in der Druckkultur in den Händen von Setzern, Druckern und Buchbindern lagen. Die Formgebung von Enhanced Publications bzw. Enhanced E-Books unterscheidet sich abstrakt erst einmal wenig von anderer Softwareentwicklung, weshalb sich dafür auch der Scrum-Ansatz naheliegend eignet, den die Entwicklungsteams für Digitale Publikationen an der Universitätsbibliothek Göttingen verfolgen wie Daniel Beucke erläuterte. Jeder der vier Vorträge sowie die Diskussion ingesamt führte unvermeidlich zu der Kernerkenntnis des Workshops, dass neue, also erweiterte Publikationsformen, nur mit entsprechend angemessenen und in der Regel ebenfalls neu zu entwickelnden und zu implementierenden Herstellungsworkflows realisiert werden können. Neue Publikationsformen brauchen neue Entwicklungsmethoden – kann als Merksatz gelten. …weiterlesen »

Fu-PusH Dossier: Enhanced Publications

In den Fu-PusH-Dossiers werden die im Projekt erhobenen Forschungsdaten ausgewertet und zusammengefasst. Die Datengrundlage des vorliegenden Dossiers umfasst 113 Statements, die mit Enhanced Publication aus dem Gesamtbestand der Aussagen im Statement Finder gefiltert wurden.
 

Kernaussagen

  • Erweiterte Publikationen bzw. Enhanced Publications stellen eine Stufe des digitalen Publizierens dar, die sich nicht mehr am Printparadigma orientiert.
  • Es gibt unterschiedliche Auffassungen von den konstituierenden Merkmalen einer Enhanced Publication.
  • Zu den zentralen funktionalen Erweiterungen zählen (a) Modularität, (b) Multimedialität, (c) Interaktivität sowie (d) Semantische Strukturierung.
  • Im engeren Verständnis sind Enhanced Publications so genannte Compound Objects, also modulare Publikationsobjekte, die zu einem Gesamtobjekt verknüpft werden.
  • Ein großes Potential für Enhanced Publishing in den Geisteswissenschaften wird im Umgang mit Forschungsdaten als eigenständige Publikationsobjekte gesehen.
  • Digitale Editionen werden als Hauptanwendungsfelder für erweitere Funktionalitäten in den Geisteswissenschaften angesehen.
  • Das Konzept einer Prozesspublikation, die Aspekte der Prä- bzw. Postpublikationsphase transparenter macht, findet viel Beachtung, wird aber kaum umgesetzt.
  • Beispiele und Akzeptanz erweiterter Publikationen in den Fachgemeinschaften werden nur sehr eingeschränkt beobachtet.
  • Ob sich die Einstellungsmuster zu Enhanced Publications bei nachfolgenden Wissenschaftsgenerationen ändern könnte, wird widersprüchlich bewertet.
  • Notwendig für die Umsetzung und Etablierung von Enhanced Publications sind Standards, Produktions- und Hostingmöglichkeiten sowie eine weitgehende Automatisierung der für die Produktion notwendigen Prozesse.
  • Die Langzeitarchivierung- und verfügbarkeit gelten als zentrale Herausforderung für Enhanced Publications.

 

Auswertung

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Webpublikation des Jahresberichts 2014 der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin

Ein Bestandteil des Fu-PusH-Projektes ist die Arbeit mit „Experimentellen Publikationsszenarien“ (AP 4). Die Bezeichnung „experimentell“ meint dabei freilich nicht zwingend eine Leistungsschau des technisch Machbaren. Das Projekt fühlt sich durchaus dem Anspruch verpflichtet, Mehrwerte sinnvoll umsetzen, was bedeutet, dass die gegebenen Ressourcen und die Ansprüche eines zeitgemäßen User Experience Design (UXD) in eine mitunter sogar eher unauffällige Balance gebracht werden.

Für eines der Publikationsszenarien nahmen wir den bislang als PDF veröffentlichen Jahresbericht der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin als Ausgangspunkt, um zu ermitteln, welche Mehrwerte sich für eine Darstellung der vorliegenden Inhalte mit dem für solchen Publikationen zur Verfügung stehenden Realisierungsmöglichkeiten umsetzen lassen. Das Ziel war eine den Charakter der Vorlage möglichst wahrenden, zugleich aber neue Funktionen integrierende Webpublikation.

 

PDF Ansicht UB Jahresbericht 2014
PDF-Format UB Jahresbericht 2014

 

Diese Funktionen umfassen eine webtypische und intuitive Navigation, die adaptive Darstellbarkeit auf mobilen Anzeigegeräten sowie die Einbettung von Audio- und Videodateien. Im Ergebnis steht nun eine Alternativfassung des Jahresberichtes 2014 anhand derer die Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin prüfen kann, inwieweit eine solche digitale Fassung als Ergänzung oder sogar als Ersatz für die PDF-Fassung infrage kommt.

 

Webpublikation UB Jahresbericht 2014
Webpublikation UB Jahresbericht 2014

Webpublikation des Jahresberichtes 2014 der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin: UB der HUB / Projekt Fu-PusH, 2015. URL: https://info.ub.hu-berlin.de/annualreports/2014/

Idee: Andreas Degkwitz
Konzeption: Ben Kaden, Michael Kleineberg
Technische Umsetzung: Martin Walk in Kooperation mit Katja Krause

Verwendete / getestete Technologie: Aesop Story Engine

12. November 2015 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
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Die Zukunft der E-Books liegt in den Wurzeln des Digitalen.

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

In der Sendung Kultur heute des Deutschlandfunks wurde gestern ein Interview mit Elke Heinemann zum Thema E-Books ausgestrahlt, die unlängst ein „Kriminalrondo“ als, wenn man so will, Hybrid-Enhanced-E-Book herausgebracht hat. Das weckt natürlich unser Interesse, wenn auch eher aus medientheoretischer Sicht. Im Interview nennt sie einige der Funktionalitäten:

„Man nennt es auch ein „Hands E-Book“ […]. Es gibt es auch gedruckt als Künstlerbuch, weil es unter anderem Fotogramme der Berliner Fotografin Manuela Höfer enthält. Aber als Künstlerbuch ist es deshalb interessant, weil der Leser beispielsweise die Möglichkeit hat, selber die Reihenfolge zu bestimmen, dort einzusteigen, wo er selber lesen möchte oder auch hören möchte. Es hat auch eine Audioschiene. Das gab es, als die Texte entstanden sind, alles noch nicht. Man hätte damals nur eine Art Objekt bauen können, in einem Kunstbuchverlag vielleicht, aber da sind natürlich auch die Absatzmöglichkeiten sehr schlecht.“

In der Titelbeschreibung auf der Seite des Verlags wird das Format genauer beschrieben:

„Das enhanced e|Book präsentiert ein Gesamtkunstwerk aus Prosa, Lyrik und Fotografie; es enthält Audioaufnahmen der Texte, 13 Fotogramme der Künstlerin Manuela Höfer und ein interaktives Inhaltsverzeichnis.“

https://youtu.be/JrzjAx01eWk

Im Interview betont die Autorin zudem, dass die E-Book-Formen, die man aktuell gemeinhin darunter versteht, früher oder später von Online-Texten abgelöst werden:

„Es ist sowieso so, dass die Experten der Szene glauben, die E-Books sind ein temporäres Phänomen. Irgendwann lesen wir alle digital, beziehungsweise wir lesen digitale Texte direkt im Internet. Das ist ja die Entwicklung, die beispielsweise auch durch Sascha Lobos „Sobooks“ vorgegeben wird.“

Der Trend zeigt aber eigentlich, wie wundersam die mediale Schleife ist, die sich hier zieht: Elemente, die im WWW schon längst etabliert sind (Hypertextualität, Multimedialität) und die sich noch viel länger in den Narrativstrukturen von Computerspielen, vor allem so genannten Adventures und RPGs, finden (selbst wählbare Pfade durch die Narration, umfassende Interaktivität) werden auf literarische Textformen angewendet und dies in einer Form, die sie idealerweise – analog zum Buch – in geschlossenen und daher als Einzelobjekte verkaufbaren Einheiten fasst. Das E-Book ist seit je mehr oder weniger ein unzureichender Versuch, die medienkulturelle Praxis des gedruckten Buches in die mit hohen Zukunftserwartungen ausgerüsteten digitalen Geschäftsfelder zu bringen. Das gelingt bislang bestenfalls teilweise. Die Vorteile der klassischen E-Book-Formate gegenüber den gedruckten Formaten bleiben in der Regel auf das entfallende Gewicht und eine einfache Adaptivität begrenzt (vgl. dazu auch Kaden, 2008). Dazu kommen künstliche Hürden vor allem in Form von Kopierschutzmaßnahmen.

Der Schritt, diese Formate mit Erweiterungen zu versehen ist angesichts der Möglichkeiten des Digitalen naheliegend, aber keineswegs ein Zeichen von Modernität. Dass wir digitale Texte im Internet lesen ist nämlich eine Grundidee des WWW selbst. Es entspräche also einer Rückkehr zu den Wurzeln Anfang der 1990er Jahre. Redet man dagegen über die Möglichkeiten von sinnvollen Enhancements und neuen Formen der Narrativität, dann empfiehlt es sich vermutlich, die Idee des linear erzählendes Buches gänzlich zu verwerfen und von webnativen Erzählformen und -möglichkeiten auszugehen. Der Vergleich, den Elke Heinmann betont, liefe dabei ins Lehre.

„E-Books und haptische Bücher sollte man wie Kinofilme und Fernsehfilme betrachen: Beide Medien haben eine gemeinsame Wurzel und durch die technischen Möglichkeiten haben sich dazu Parallelwelten entwickelt.“

Zutreffender wäre vielleicht zu sagen, dass sich digitale Narrationen von Narrationen, die der Darstellungslogik des Buchformats folgen, so unterscheiden, wie Computerspiele von Filmen. Der Schlüssel tatsächlich digitalgemäßer und entsprechend erweiterter Erzählungen läge in der interaktiven Teilhabe- und Gestaltungsmöglichkeit des Handlungsverlaufs, was zwangsläufig die Frage nach der Abgrenzung des Formats – vermutlich nach dem Grad der Interaktivität und Steuerungsmöglichkeit zu differenzieren – sowie auch der Autorschaft aufwirft. Ab welchem Komplexitätsgrad der Erweiterung sind die Entwickler und Mediengestalter narrationsprägend?

Und selbst für einfache digitale Fließtexte – also nicht-enhanced-E-Books – die direkt online gelesen werden, ist die Bezeichung „Book“ eine etwas unglücklich gewählte Metapher. Spätestens wenn sie born digital sind, sie also nicht auf einer Buchvorlage beruhen, wäre es weitaus stimmiger einfach von digitalen Texten zu sprechen.

 

Weiterführend:

Ben Kaden (2008) Das ewig alte Medium. In: BUB 60 (2008) 7-8, S. 562-563.

Elke Heinemann, Maja Ellmenreich (2015) „E-Books sind literarische Parallelwelt“. In: Deutschlandfunk, 14.10.2015.

15. Oktober 2015 | Veröffentlicht von Ben Kaden | 1 Kommentar »
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Gibt es Schnittmengen zwischen digitalem Journalismus und digitaler Wissenschaftskommunikation?

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Die Beobachtung von Trends im Bereich der Enhanced Publikationen im Rahmen des Fu-PusH-Projektes zeigt, dass es für das erweiterte Publizieren im Web derzeit einen besonders heißlaufenden Innovationsinkubator gibt. Dieser befindet sich nicht im Feld der Wissenschaft sondern im Onlinejournalismus. Das NiemanLab, stabil zu empfehlender Anlaufpunkt zu Entwicklungen in diesem Bereich, veröffentlichte daher gestern einen Beitrag, in dem Ideen des Facebook-CEOs Mark Zuckerberg zur Zukunft einer Facebook-moderierten journalistischen Arbeit zusammengefasst werden.

Auffällig ist an dieser Entwicklung, dass die Einbindung und Dissemination von journalistischen Inhalten (man kann beim Digital Journalism wohl nicht mehr wirklich von Presse und vermutlich auch nicht mehr von Artikeln sprechen) in diesem Szenario nicht mehr als Erweiterung verstanden werden kann. Vielmehr wird das Soziale Netzwerk direkt zur Publikationsplattform. Inwieweit die Inhaltsobjekte unanabhängig genug sind, um auch außerhalb von Facebook vernetzt zu werden. Eindeutig lässt sich jedoch auch hier ein Anspruch an Granularisierung, also das Zergliedern von Inhaltselementen bzw. Teilen einer Story in separat publizier- und vielleicht kombinierbare Einheiten feststellen. Zuckerberg:

„There’s an important place for news organizations that can deliver smaller bits of news faster and more frequently in pieces.“

Die zweite aus Sicht der Publikationserweiterungen relevante Entwicklung zeichnet sich im Bereich multimedialer Inhalte bzw. „rich content“ ab:

„On richness, we’re seeing more and more rich content online. Instead of just text and photos, we’re now seeing more and more videos. This will continue into the future and we’ll see more immersive content like VR. For now though, making sure news organizations are delivering increasingly rich content is important and it’s what people want.“

Inwieweit sich gerade aus der Prognose einer zunehmenden Bedeutung von Prinzipien der virtuellen Realität – ein Ansatz an dem sich vor einigen Jahren aus einer anderen Warte der Hype um Second Life abarbeitete – auch in die Wissenschaft einbringen werden, muss man genauso abwarten, wie die Klärung, ob und wie weit man in solchen Zusammenhängen überhaupt noch von Publikationen sprechen kann. Die virtuellen Forschungsumgebungen wurden jedenfalls vorerst weitgehend als zu mächtig, teuer und unpraktisch für die alltägliche Forschungsarbeit zugunsten einzelner und weniger aufwendiger digitaler Werkzeuge als Entwicklungshorizont für die digitale Wissenschaft zurückgestellt.

Geht man jedoch zum Beispiel im Feld der Digital Humanities davon aus, dass sich einzelne Elemente (z.B. 3D-Simulationen) sinnvoll und leicht zugänglich so granularisieren lassen, dass sie entweder als Laborsimulationen oder als Forschungsdokument in den Prozess der wissenschaftlichen Kommunikation eingebunden werden können, ist es keinesfalls abwegig, auch derartige Elemente für zukünftige Publikationsszenarien in den Geisteswissenschaften in Betracht zu ziehen.

Was multimediale Inhalte betrifft, stellt das Urheberrecht bekanntlich nach wie vor eine ganz zentrale Hürde für eine stärkere Verbreitung dar. Im Idealfall produzieren die WissenschaftlerInnen derartige Inhalte natürlich selber, wie es beispielsweise bei der Visuellen Anthropologie ja schon lange geschieht. Erforderlich wäre hierfür jedoch eine einschlägige Medienkompetenz, die in den Methodenkanon der meisten Fächer erst noch integriert werden müsste. Darüber, ob visual storytelling überhaupt eine Option zur Kommunikation von Forschungsresultaten bzw. zur Gestaltung von Forschungsnarrativen sein kann oder sollte, müssen sich zudem die entsprechenden Fachgemeinschaften überhaupt erst einmal verständigen und dann passende Formate entwickeln.

Insofern bestehen durchaus deutliche Unterschiede zwischen dem webbasierten Publizieren im Journalismus und digital vermittelter wissenschaftlicher Kommunikation. Das sollte die am Thema wissenschaftlichen Publizieren Interessierten allerdings nicht davon abhalten, die Entwicklungen im digitalen Journalismus, die meist mit deutlich höheren Entwicklungs- und Experimentierbudgets ausgestattet sind, im Blick zu behalten. Die genannten Grundprinzipien – Granularisierung z.B. zu Nanopublikationen, multimediale Anreicherungen und partiell auch Simulationen – und auch der Wunsch nach Beschleunigung der Vermittlung weisen durchaus eine gewisse Deckung mit den Ansprüchen wissenschaftlichen Publizierens auf. Und nicht zuletzt vom Datenjournalismus kann die Wissenschaft hinsichtlich des Aspektes der Visualisierung und Forschungsdatenpublikation sehr viel lernen.

NiemanLab / Laura Hazard Owen: Mark Zuckerberg has thoughts on the future of news on Facebook. In: niemanlab.org, 30.06.2015

 

Die Empfehlungen der BBAW zur Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens

Eine Anmerkung von Ben Kaden (@bkaden)

Im Deutschlandfunk konnte man unlängst einen Dialog hören, der alle, die sich permanent im Bereich digitaler Wissenschaftskommunikation und z.B. auch den Digital Humanities bewegen, noch einmal daran erinnern könnte, dass zwischen dem, was für sie selbstverständlich scheint und dem, was wissenschaftsgesellschaftlicher Mainstream ist, eine deutliche Lücke besteht. Benedikt Schulz unterhielt sich mit dem Wissenschaftssoziologen Peter Weingart über Open Access und führte zum Ende des knappen Interviews noch einmal eine Grundfrage an:

„Vielleicht mal mit Blick in die Zukunft: Wird denn digitale Publikation das wissenschaftliche Arbeiten an sich verändern?“

Für uns ist das ja eher ein Blick in die jüngere Vergangenheit, denn die Veränderung ist längst da und an vielen Stellen führte sie zu neuen Quasi-Standards. Peter Weingart betont dies ja auch in seiner Antwort:

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Apps als Brücke zwischen Print und Digital. Das Beispiel Mosaik Magic.

Bisweilen entdeckt man gute Hinweise auf Möglichkeiten erweiterter Publikationen auch an eher nicht primär im Focus stehenden Stellen. So berichtete unlängst der Tagesspiegel über digitale Erweiterung der Comic-Zeitschrift Mosaik und teasert

„Unter dem Slogan „Das magische Auge“ führt der Mosaik-Verlag jetzt vor, wie sich klassische Print-Produkte elektronisch erweitern lassen“.

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Christian Heise über digitales Publizieren in den Geisteswissenschaften. Ein exemplarisches Experteninterview

Audiodatei abrufbar unter:

10.5281/zenodo.15569

Transkriptionsprotokoll abrufbar unter:

10.5281/zenodo.15575

 

Das Gespräch mit Christian Heise, Politik- und Kulturwissenschaftler am Centre for Digital Cultures (CDC) an der Leuphana Universität Lüneburg sowie Vorstandsmitglied der Open Knowledge Foundation, führte Michael Kleineberg am 15. Januar 2015 im Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin.

Christian Heise hat unmittelbar vor Beginn des Gespräches einer Veröffentlichung sowohl der Audiodatei als auch des Transkriptionsprotokolls zugestimmt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden personenbezogen Passagen der Aufzeichnung zum Teil unkenntlich gemacht (Stille bei fortlaufender Audiodatei) und entsprechende Auslassungen im Protokoll als solche gekennzeichnet.

Diese exemplarische Veröffentlichung ist im Rahmen der projektbezogenen Experteninterviews ein Einzelfall und soll vor allem einer transparenteren Methodik dienen. Allen anderen GesprächspartnerInnen wurde ausdrücklich zugesichert, dass die Audioaufzeichnungen unter keinen Umständen veröffentlicht und die Transkriptionsprotokolle lediglich in Auszügen und streng anonymisiert Eingang in Publikationen finden werden.

Das Fu-PusH-Team bedankt sich bei Christian Heise für die Bereitschaft zur Veröffentlichung!