Archiv für Januar 2015

Eric Steinhauer über einen Aufsatz zur Zukunft des geisteswissenschaftlichen Buches

Die Januarausgabe von Merkur – Zeitschrift für europäisches Denken ist etwas, was im Fu-PusH-Büro ebenso wie beispielsweise auch noch die #1 der Zeitschrift Grundlagenforschung auf dem To-Read-Stapel liegt. Wir beklagen uns natürlich nicht über das, was man Publikationsflut oder Information Overload nennt, denn wer in einer Disziplin sozialisiert wurde, die permanent über die Unmöglichkeit, das Publizierte möglichst zeitnah in eine einfache und handhabbare Form für die zeitnahe Benutzung als Bibliotheksbestand reflektiert, weiß, dass solche Überschwemmungseffekte keine Neuigkeit darstellen.

Betrüblich ist einzig, dass man viele Diskursbeiträge, die hochrelevant sind und die man eigentlich würdigen möchte, nicht zureichend würdigen kann. Plötzlich ist ein Monat vorüber und die nächsten Neuerscheinungen liegen auf dem Tisch und wollen gesichert, oft auch gelesen und hin und wieder auch wenigstens referiert werden.

Für einen Aufsatz aus dem Jahresauftaktschwerpunkt „Die Gegenwart des Digitalen“ hilft uns glücklicherweise Eric Steinhauer in seinem Weblog Skriptorium aus. Er hat nämlich den für Fu-PusH äußerst einschlägigen Aufsatz Die Gefährdung des geisteswissenschaftlichen Buches. Die USA, Frankreich und Deutschland im Vergleich. von Caspar Hirschi und Carlos Spoerhase nicht nur gelesen sondern referiert ihn auch gleich in etwa so, wie wir es gern längst getan hätten. Dabei kommt er zu folgender Einschätzung:

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Was das NYTimes-Chronicle-Tool über „Digital Humanities“ in der New York Times verrät

Das Jahr 2014 wird man vielleicht als das Jahr notieren, in dem in der öffentlichen Berichterstattung das Thema „Big Data“ fast mit den „Humanities“ gleichzog. Jedenfalls im Artikelaufkommen der New York Times.

Sichtbar wird das mit NYT Chronicle-Tool der nytlabs, das sich ganz gut zum Nachzeichnen von Themenkarrieren im Artikelaufkommen der Zeitung eignet. Ausgezählt lag „Big Data“ 2014 bei 226 Artikeln, die Humanities kamen auf 241 Artikel. Für die „Digital Humanities“ kommt man nur auf äußerst kleine Zahl (n=7). Die Ergebnisaussage zeigt dann auch gleich die derzeitigen Grenzen des Werkzeugs auf: Während die graphische Darstellung sieben Artikel vermerkt, werden die „Digital Humanities“ in der Ergebnisanzeige offenbar mit den Humanities zusammengewürfelt und stehen bei ebenfalls 241.

Schaut man sich die verlinkten Beiträge an, sieht man, dass die tatsächlichen Ergebnisse nicht gerade präzise und nach Relevanz aufgeschlüsselt vorliegen. Man muss den Umweg über die Standardsuche gehen, um auf die sieben Artikel im Publikationszeitraum 2014 bei der New York Times zu stoßen. Das ist ein bisschen schade, wäre doch die Möglichkeit, die Visualisierung als die Volltextsuche ergänzendes Navigationswerkzeug nutzen zu können, sehr nahliegend. Der Labs-Ansatz mit Werkzeugen zur Visualisierung, Kontextualisierung und Kuratierung (zum Beispiel mit dem Compendium-Tool) von Pressedaten veranschaulicht ja gerade, wie Datenjournalismus auch auf eine (Inter)Aktivierung der Leser hinführt, die perspektivisch mehr als mit der begrenzten Funktionalität der Leserkommentare auf die diskursive, also über Journalismus vermittelte bzw. durch diesen koordinierte wirklich öffentliche Auseinandersetzung mit Themen setzen könnte.

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Aktuelle Trends für den Forschungsworkflow. Eine Übersicht von Bianca Kramer und Jeroan Bosman

Über Twitter verbreitet sich heute eine Übersicht, die sehr anschaulich aktuelle Trends digitaler Wissenschaft an der gesamten Entwicklungslinie eines wissenschaftlichen Forschungs- und Kommunikationsprozesses abbildet. Die Abbildung ist Teil einer Posterpräsentation von Bianca Kramer und Jeroen Bosman, die unlängst auf Figshare publiziert wurde:

Kramer, Bianca; Bosman, Jeroen (2015): 101 Innovations in Scholarly Communication – the Changing Research Workflow. figshare. http://dx.doi.org/10.6084/m9.figshare.1286826.

Da das Poster und damit auch die Grafik wunderbarerweise unter einer CC BY SA-Lizenz stehen, können wir sie hier ebenfalls bedenkenlos dokumentieren:

Übersicht Research-Workflow
Übersicht Wissenschaftstrends / Bianca Kramer, Jeroan Bosman (2015)

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Desiderate beim Umgang mit geisteswissenschaftlichen Forschungsdaten. Erkenntnisse einer Interviewreihe an der HU Berlin

Eine schönes und vor allem für Fu-PusH einschlägiges Beispiel für eine Forschungsdatenpublikation stellt die Dokumentation dar, welche die Informationswissenschaftlerin Elena Simukovic unlängst über Academia.edu verfügbar machte (PDF-Volltext). Sie enthält die Ergebnisse von Interviews, die von 2013 bis 2014 an der Humboldt-Universität zu Berlin stattfanden. Vom Thema her ergibt sich eine gewisse Selbstreferenzialität bzw. auch ein Best-Practice-Beispiel, wurden die 17 WissenschafterInnen doch zu ihrem Umgang eben mit Forschungsdaten befragt.

Die Ergebnisse an sich sind schon interessant für jeden, der sich mit dem Thema Forschungsdaten intensiver befasst. Da die Autoren aber die Zusammenfassungen der Interviews disziplinär differenziert vorliegen, wird es nun möglich, die Erkenntnisse gezielt für die vier Befragten aus den  Geisteswissenschaften Zeitgenössische Kunstgeschichte (7.9, Stefanie Gerke), Deutsche Literatur (7.10, Anne Baillot), Kunstgeschichte und Visualisierung (7.11, Erna Fiorentini) und Mittelalterliche Geschichte (7.16, Stefan Schlelein) zu betrachten.

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19. Januar 2015 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Literaturbericht

Macmillan und Springer gehen zusammen, Collabra will für das Peer Review zahlen. Zwei kurze Meldungen

Durch die üblichen Kurzzeitkommunikationskanäle wurde die Ankündigung des Zusammengehens der beiden Wissenschaftsverlagsschwergewichte Macmillan Science and Education und Springer Science+Business Media bereits gestern umfänglich verkündet. Jeron Boesman verbreitete gestern über seinen Twitter-Stream eine Grafik, die sehr schön zeigt, wie das neue Unternehmen, dass dann mehrheitlich von der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck kontrolliert wird, den gesamten Produktionsprozess von wissenschaftlichem Publikationen mit entsprechenden Angeboten abdeckt.

Wenig überraschend, aber doch für die aktuellen Entwicklungen im Bereich wissenschaftlicher Publikationen notierenswert, ist eine Erklärung des Mergers:

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16. Januar 2015 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Allgemein

Sind Tweets verschriftliche Mündlichkeit?

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Dass ein großer Teil in digitalen sozialen Netzwerken textuell gefasster Inhalte eher als verschriftlichte Oralität zu bewerten ist, ist kein neue These. Vermutlich handelt es sich genauer um eine Hybridform zwischen dem Mündlichen und dem Geschriebenen. Wohin es sich mehr neigt, ist vielleicht eine Frage der Form, sicher aber eine der Intentionalität. Fraglos trifft zu, was die Bezeichnung „Social Media“ eindeutig macht: Diese Medienformen sind unmittelbarer als formalisierte Publikationsformen auf eine direkte soziale Interaktion, also eine sichtbare Kenntnisnahme und Reaktion, ausgerichtet. Sie mit formaleren Publikationsvarianten gleichzusetzen geht fehl. Schwierig ist jedoch ihre rechtliche Bewertung.

In diesem Zusammenhang tauchte die Frage nach dem Status solcher Kommunikationen im Anschluss an zwei Tweets und als Vorläufer zu einem Blogessay von Xiao Mina (Digital Culture is Like Oral Culture Written Down. In: medium.com, 11.01.2015) im Weblog des Juristen James Grimmelmann wieder auf.

In The Laboratorium (2d ser.) erläutert er:

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Die Stanford University Press entwickelt interaktive Publikationsformen. Mit Unterstützung der Andrew W. Mellon Foundation

Am Montag veröffentlichte das Nachrichtenportal der Standford University Libraries die Meldung, dass die Stanford University Press eine Förderung in 1.2 Millionen Dollar von der Andrew W. Mellon Foundation zum Zweck der Entwicklung von interaktiven Publikationsformen für die Digital Humanities und die Computational Social Sciences erhält. (Gabrielle Karampelas: Stanford University Press Awarded $1.2 Million for the Publishing of Interactive Scholarly Works. In: library.stanford.edu, 12.01.2015. Wer wissen möchte, was sich hinter den zweitgenannten Wissenschaftsfeld verbirgt, findet eine gute Beschreibung bei GESIS.)

Ein wichtiger Bestandteil der Entwicklungsarbeit liegt darin, die Brücke zwischen dem traditionellen Publizieren von wissenschaftlichen Monographien und den Ansprüchen bei der mediengemäßen Publikation von mittels Verfahren der digitalen Geisteswissenschaften ermittelten Erkenntnissen zu schlagen. Der Schritt ist sehr wichtig, sind doch die geisteswissenschaftlichen Disziplinen unverändert sehr buchlastig orientiert. Die wissenschaftliche Monographie gilt, so auch eine Einsicht aus den Fu-PusH-Interviews, in vielen Fächern nach wie vor als die anerkannteste und damit für den Reputationserwerb auch relevanteste Publikationsform (Zitat: „Goldstandard“).

Dem gegenüber steht die Notwendigkeit, digital erzeugte Forschungsprozesse und -ergebnisse adäquat abzubilden. Gerade entsprechende interaktive Visualisierungen sind in traditionellen Print- oder E-Book-Varianten kaum darstellbar. Daher veröffentlichen Wissenschaftler solche Daten selbstorganisiert und zumeist an den Verlagen vorbei:

„Currently, individuals and research groups host their digital materials online through their own Web sites, or on various public platforms. “For the most part these hosting models do not share common benchmarks or standards and very few incorporate rigorous peer review processes,” said Dr. Alan Harvey, director of Stanford University Press.“

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Das neue DFG-Merkblatt zum LIS-Förderprogramm („Infrastruktur für elektronische Publikationen und digitale Wissenschaftskommunikation“)

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Am vergangenen Freitag (09.01.2015) veröffentlichte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Mitteilung zur Überarbeitung des Merkblatts zum Förderprogramm „Elektronische Publikationen“ im Förderbereich Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme (LIS). Die aktuelle Fassung des Merkblatts 12.11 Merkblatt Infrastruktur für elektronische Publikationen und digitale Wissenschaftskommunikation (Stand Januar 2015) ist als PDF-Download hier verfügbar. Die Meldung in Information für die Wissenschaft (Nr. 03) vom 09. Januar 2015 gibt es hier:Infrastruktur für elektronische Publikationen und digitale Wissenschaftskommunikation.

Aus Sicht von Fu-PusH ist nicht unerwartet aber dennoch bemerkenswert, wie explizit sich darin Entwicklungen aus dem Bereich der erweiterten Publikationen ( bzw. enhanced Publications) abbilden. So heißt es in der offiziellen Mitteilung:

„In fachlich unterschiedlicher Ausprägung und Geschwindigkeit werden zum Beispiel Zeitschriftenartikel durch audiovisuelle Materialien, Forschungsdaten oder Elemente der „Social Media“ angereichert oder gezielt für eine auch computerbasierte Auswertung und Nachnutzbarkeit aufbereitet.“

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Digitale Schrift und digitales Schreiben

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Wer sich mit der Zukunft des Publizierens in den Geisteswissenschaften befasst, die mutmaßlich grundlegend digital sein wird, befasst sich unvermeidlich auch mit den Beschaffenheiten digitaler Dokumente und digitalen Textes. Daher ist die Auseinandersetzung mit Text- und Schrifttheorien für Fu-PusH auch sehr relevant. Ein interessantes Beispiel für die Beschäftigung mit der Digitalisierung des Schreibprozesses und damit auch digitaler Autorschaft stammt von dem Medientheoretiker Mark Poster, der 1990 in seinem Buch The mode of information. Poststructuralism and Social Context. (Chicago: University of Chicago Press, 1990) schrieb:

Zitat Mark Poster - 1990
Zitat Mark Poster – 1990

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7. Januar 2015 | Veröffentlicht von Ben Kaden | Kein Kommentar »
Veröffentlicht unter Literaturbericht

Materialität, Digitalität und die Frage nach dem Status des Dokuments

Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Über Twitter verbreitet sich momentan der Call for Papers eines Symposiums des Digital Humanities Incubator (DHI) der School of Culture and Communication, University of Melbourne mit dem Titel „Digital Densities: examining relations between material cultures and digital data“. Der Themenkomplex klingt für die Auseinandersetzung mit den Fragen zukünftiger Publikationsformen in den Geisteswissenschaften augenblicklich hoch interessant. Der Veranstaltungsort ist jedoch eben Melbourne und die damit verbundenen Reisekosten verhindern leider eine teilnehmende Beobachtung. Einen Hinweis darauf wollen wir dennoch hier hinterlassen.

Die Beschreibung zum Call verweist auf einen Aspekt, den die Digitalisierung der Kommunikationsstrukturen und, wenn man so will, die digitale Laboratorisierung bestimmter Teile geisteswissenschaftlicher Forschung fast im Sinne eines neuen Gegenstandsbewusstseins nach sich ziehen. Das Digitale führt in (oder erzwingt sogar) eine Neubewertung des Materialen, schließt einen bereits an sich gegebenen „Material Turn“ an, bei dem die Vielfalt der Relationen zwischen einem Objekt in der Vielfalt seiner Bedeutungs- und Interpretationsgehalte, sozialer Funktionen und eben der materialen Beschaffenheit in den Mittelpunkt rückt. Diese Frage nach dem materiellen Status digitaler Objekte (und damit buchstäblich ihrer Gegenständlichkeit) ist nun auch der Ausgangspunkt des Symposiums:

„The ‘material turn’ in Humanities research has seen a celebration of the physicality of things and a revaluing of the weight of experience, including in the case of digital data.”

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