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Warum die Wissenschaft so sehr am PDF-Format hängt

Eine Vermutung von Ben Kaden (@bkaden)

Nicht selten entspricht das elektronische Publizieren in der Wissenschaft auch im Jahr 2015 einem Publizieren in HTML und PDF. Dass das so ist, zeigt, dass es offenbar für die so erfolgende Kommunikation von Wissenschaft als ausreichend angesehen wird. Es zeigt aber auch, dass das Denken im PDF, also der starreren und daher für die Publikationsgestaltung maßgeblichen Form, weitgehend eine Fortsetzung der Printkultur mit elektronischen Mitteln darstellt. Sehr gut zusammengefasst findet sich dieser Umstand u.a. in einer Rezension von John Rodzvilla zu einem Buch der Medienwissenschaftlerin Lisa Gitelman, das den schönen Titel Paper Knowledge: Towards a Media History of Documents trägt. (Das Buch erschien 2014 bei der Duke University Press, Durham, London.)

PDF
Eine markierte Textstelle aus der PDF-Fassung der Book Review von John Rodzvilla.

Dass das PDF-Format die vermutlich am weitesten verbreitete digitale Post-Paper-Variante darstellt ist jedem bekannt. Auch Rodzvillas Rezension in Public Research Quarterly wurde nach diesem Verfahren veröffentlicht. Den Grund für die gleichbleibende Beliebtheit des PDF-Formats benennt der Text in der oben stehenden Textstelle: die Stabilität und Simplizität einer Fotokopie. Ein PDF ist nicht nicht veränderbar. Aber es bedarf schon eines erheblichen Aufwands und ist im Format eigentlich nicht vorgesehen. Das PDF ist die eindeutige Fassung eines Dokumentes, die problemlos (zurück) auf das Papier gebracht werden kann. Oder, wie Rodzvilla schreibt, ein Analogon des Papierdokumentes für den Aktenschrank.

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Ist das Buch ein Statusmedium? Und was bedeutet das für E-Publikationen?

Vor einigen Tagen erschien in der International New York Times ein kurzer Bericht darüber, dass sich E-Books auf dem europäischen Buchmarkt vor allem im Vergleich zu den Buchmärkten der USA und in Großbritannien nur in geringem Maße durchgesetzt haben. (Heyman, 2014) In Deutschland liegt der Marktanteil elektronischer Bücher ebenso wie in Italien derzeit laut Artikel bei unter vier Prozent. Interessant ist dabei, dass auch dort, wo eine nur zögerliche Etablierung des Mediums zu beobachten ist, doch von Land zu Land unterschiedliche Gründe vorliegen. Der im Artikel zitierte Rüdiger Wischenbart erläutert, dass beispielsweise in Schweden eine sehr gute Versorgung mit E-Books seitens der öffentlichen Bibliotheken dazu führt, dass E-Books ausgeliehen und nicht gekauft werden. Für andere europäische Länder betont er als Ursache neben der Frage der Preisgestaltung die soziokulturelle Konnotation von Print:

“When you read a book, you define yourself as being part of a cultural elite, and that elite is very conservative,” he said. “They don’t want their high status to be undermined by some new gadget.” (Heyman, 2014)

Eine Anschlussthese, dass dieser Status fast zwangsläufig besonders intensiv unter Absolventen geisteswissenschaftlicher Studiengänge und damit unter den GeisteswissenschaftlerInnen verbreitet ist, dürfte sehr nahe liegen. Unterstützt wird dies von der oft außerordentlich hohen Qualität von Printausgaben zum Beispiel bei Kunstkatalogen, die, wie auch der Kunstwissenschaftler Horst Bredekamp vergangenen Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion betonte, gerade durch digitale Gestaltungs- und Entwurfsverfahren möglich wird. Print entfaltet sich erstaunlicherweise direkt wegen der digitalen Technologien so vielgestaltig wie vielleicht niemals zuvor in der Druckgeschichte.

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