Fu-PusH Dossier: Geschäftsmodelle

In den Fu-PusH-Dossiers werden die im Projekt erhobenen Forschungsdaten ausgewertet und zusammengefasst. Die Datengrundlage des vorliegenden Dossiers umfasst die 180 Statements, die mit dem Tag Geschäftsmodelle gefiltert wurden.

 

Kernaussagen

  • Traditionelle Geschäftsmodelle (z.B. Subskriptionsmodell, Druckkostenzuschuss) des wissenschaftlichen Publizierens in den Geisteswissenschaften gelten als dysfunktional.
  • Es bestehen große Unklarheiten bezüglich geeigneter Geschäftsmodelle, allerdings werden die größten Potenziale im Open-Access-Publizieren gesehen.
  • Geisteswissenschaftliches Publizieren unterscheidet sich von anderen Wissenschaftsbereichen durch signifikant geringere Endpreise und Gewinnmargen.
  • Die Publikationskosten sollten nicht Bestandteil der Forschungskosten sein, sondern als Infrastrukturkosten angesehen werden.
  • Eine Modularisierung von Publikationsdienstleistungen sollte angeboten bzw. nachgefragt werden.
  • Aus Autorensicht sind Reputationsgewinne von größerer Bedeutung als ökonomische Gewinne.
  • Die Autorenrechte sollten gestärkt werden und die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte nicht den Normalfall darstellen.
  • Mit Hilfe des Steuerzahlerargumentes wird für eine Open-Access-Kultur geworben.
  • Die teilweise Umlegung des Erwerbungsetats von Bibliotheken auf die Förderung von Open-Access-Publikationen wird als sinnvoll bewertet.
  • Die flächendeckende Etablierung von Open-Access-Publikationsfonds wird empfohlen.

 

Auswertung

Ökonomische Aspekte des wissenschaftlichen Publizierens

Generell bestehen große Unsicherheiten und Unklarheiten in welche Richtung sich die Finanzierungsmodelle beim geisteswissenschaftlichen Publizieren, einschließlich Open-Access-Strategien bewegen werden (298). Es wird auch nach einem “Dritten Weg” neben Subskriptionsmodell und Open-Access-Modell gefragt, wobei auf die potenzielle Rolle von weiteren Akteuren wie Stiftungen oder Vereine hingewiesen wird (300).

Der Normalfall beim wissenschaftlichen Publizieren ist, dass die Autorinnen und Autoren im Sinne einer Buy-Out-Klausel ihre ausschließlichen Nutzungsrechte an einen Verlag abtreten (162, 696). Dieser ist dann verantwortlich für die Produktion, Verbreitung und Verwertung der Veröffentlichung. Diese Praxis wird in den Geisteswissenschaften kaum hinterfragt (162). Auf der anderen Seite gilt als unstrittig, dass Autorinnen und Autoren kein Interesse daran haben können (696, 701). Insbesondere bei Forschungsdatenpublikationen wird nachdrücklich empfohlen, die Abtretung ausschließlicher Nutzungsrechte zu vermeiden (701).

Das Charakteristische bei digitalen Publikationen sind die “zero marginal costs” von weiteren Kopien (1881). Stückkosten wie bei gedruckten Publikationen fallen nicht an. Dies ermöglicht vor allem neuen Akteuren, ins Publikationsgeschäft einzusteigen. So wird vorgeschlagen, dass Geschäftsmodelle auf einer Mitgliedschaft basieren könnten beispielsweise im Rahmen von Fachgesellschaften, um etwa durch Beiträge eine Zeitschrift zu finanzieren (1837).

Aus ökonomischer Sicht wird argumentiert, dass zumindest bestimmte Prozesse (z.B.  Enhanced Publishing, Tiefenerschließung, Langzeitverfügbarkeit) weniger durch Anreizsysteme für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler realisiert werden können als vielmehr durch industrialisierte Economies of Scale und Economies of Scope (1959).

Da Bibliotheken Hauptabnehmer wissenschaftlicher Publikationen sind, verfolgen einige Wissenschaftsverlage eine klare und einseitige Distributionsstrategie, bei der ihre Produkte nur noch von Bibliotheken, aber nicht oder kaum mehr direkt vom Endverbraucher erworben werden können (30, 1857).

Man geht davon aus, dass kommerzielle Verlage auch vorrangig kommerzielle Interessen vertreten (591). Den Wissenschaftsverlagen wird vorgeworfen, dass sie an etablierten und von ihnen kontrollierten Produktions- und Distributionsprozessen festhalten, nicht zuletzt da der Druck seitens des Wissenschaftsbetriebes noch nicht hoch genug erscheint (1198). Zugleich wird Wissenschaftsverlagen empfohlen, Open-Access-Geschäftsmodelle zu entwickeln, um zukunftsfähig zu bleiben (639, 1192, 1198).

 

Open-Access-Geschäftsmodelle

Das Subskriptionsmodell wird weitgehend als ein Auslaufmodell betrachtet, das Open-Access-Geschäftsmodell dagegen für zukunftsfähig gehalten (42, 63, 1055, 1192, 1212, 1213, 1214). Grundsätzlich lassen sich zwei Alternativen für Open-Access-Geschäftsmodelle identifizieren. Zum einen kann der Publikationsprozess innerhalb des Wissenschaftsbetriebes stattfinden und zum anderen durch kommerzielle Verlage mit geeigneten Strategien (43).

Erfahrungen in Großbritannien zeigen, dass Green Open Access (Parallelveröffentlichung) nicht der adequate Weg zu hochwertigen wissenschaftlichen Publikationen ist, sondern eher Gold Open Access (Erstveröffentlichung beim Verlag mit Gebühren) (630). Der Grund dafür dürfte sein, dass beim Gold Open Access die Formalisierungsschritte inklusive Peer Review beibehalten werden. Gleichwohl wird Verlagen empfohlen beide Geschäftsmodelle weiter zu verfolgen (1358). Für Verlage bedeutet dies vermutlich, dass sie auf ein exklusives Verwertungsrecht verzichten und den Autorinnen und Autoren von vornherein eine Zweitverwertung ermöglichen sollten.

Ein konkret vorgeschlagenes Geschäftsmodell sieht vor, dass ein kommerzieller Verlag Open-Access-Publikationen anbietet, dabei jedoch Nutzungsrechte für Zusatzpublikationen und -dienste erhält wie beispielsweise einen kostenpflichtigen Sonderband mit ästhetisch anprechenden Replikationen (787).

Neue Open-Access-Geschäftsmodelle werden u.a. von einigen Universtätsverlagen verfolgt (162, 301). Hierbei werden mehrschichtige Finanzierungsansätze etwa die Kombination von Autorengebühren und Einnahmen über Zusatzdienste wie Print-on-Demand oder E-PUB-Angebote eingesetzt (301).

Als Best-Practice-Beispiele für Open-Access-Geschäftsmodelle werden die “Public Library of Science” (PLOS) genannt (46) sowie im Bereich von Open-Access-Monografien und -Sammelbänden der linguistische Verlag “Language Science Press” (841).

Dass zu hohe Autorengebühren bei Open-Access-Publikationen diesem Geschäftsmodell schaden könnten, wird durchaus als Gefahr gesehen, zumal die Kosten indirekt über die jeweilige Forschungseinrichtung ebenfalls aus öffentlichen Mitteln übernommen werden (629).

Zudem wird darauf hingewiesen, dass auch Hybridpublikationen bzw. digitale Parallel- oder Zweitveröffentlichungen von Printpublikationen auf Repositorien zum Teil doppelte Kosten verursachen können, die unter Umständen mit öffentlichen Geldern finanziert werden müssen (974).

Nachteile werden beim Gold Open Access für die Bibliotheken erwartet (1429). In jedem Falle begünstigen Open-Access-Geschäftsmodelle die Nutzerinnen und Nutzer, weshalb davon ausgegangen wird, dass sich diese Strategien für das wissenschaftliche Publizieren weiter durchsetzen werden (1426).

 

Besonderheiten in den Geisteswissenschaften

Die Kostenfrage stellt sich in den Geisteswissenschaften weniger kritisch als beispielsweise in den Naturwissenschaften (1423). Beim geisteswissenschaftlichen Publizieren scheint der Grüne Weg stärker als der Goldene Weg ausgeprägt zu sein (1424, 1427). Aber auch der Anteil des Gold Open Access nimmt zu, wobei darauf hingewiesen wird, dass hierbei lediglich eine Umlagerung der Finanzströme von der Subskription durch Bibliotheken auf die Gebühr durch die Autorinnen und Autoren vorgenommen wird (1425). Folglich wird darin auch keine eigentliche Lösung für die Zeitschriftenkrise (hohe Subskriptionskosten durch Monopolstellung der Verlage und Erwerbspflicht der Bibliotheken) gesehen (1428).

Da Gewinnmargen beim Publizieren in den Geisteswissenschaften signifikant geringer und nicht vergleichbar mit denen in den Naturwissenschaften sind, wird hier auch nicht zwingend die gleiche Lösung erwartet, sprich die Transformation zu Article-Processing-Charges (298, 299, 491, 1433, 1830, 1833).

Die Unterschiede zwischen Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften bestehen bei den Zeitschriften auch darin, dass es bei letzteren eine höhere Zahl von Individualabonnenten gibt, weshalb die Verlage vergleichsweise geringe Preise veranschlagen können bzw. müssen (2029). Bei den Monografien zeichnet sich das geisteswissenschaftliche Publizieren im Vergleich mit den Naturwissenschaften durch eine geringe Auflagenhöhe und die Praxis der Druckkostenzuschüsse aus (2030).

Eine weitere Besonderheit besteht schließlich darin, dass einige geisteswissenschaftliche Verlage, insbesondere historisch oder kunsthistorisch orientierte neben dem akademischen Absatzmarkt zugleich auch einen viel breiteren Publikumsmarkt bedienen (864). Gerade in diesem auf den Absatz von mittleren bis höheren Auflagen gerichteten Bereich, bei dem Autorinnen und Autoren teilweise auch Honorare erwarten, scheint ein Open-Access-Modell schwer durchsetzbar.

Es wird die Gefahr gesehen, dass die Etablierung von Author-Pays-Modellen auch dazu führen könnte, dass sich nicht mehr alle Autorinnen und Autoren eine solche Veröffentlichungen leisten können, etwa wenn sie nicht direkt einer Forschungsinstitution angehören, welche die Article-Processing-Charge übernimmt (46, 491, 1109, 1831). Eine solche Nichtzugehörigkeit ist in den Geisteswissenschaften durchaus üblich. Der Zusammenhang zum prinzipiell ähnlich gelagerten Problem mit den Druckkostenzuschüssen wurde in den Interviews nicht thematisiert.

 

Rolle der Verlage

Das digitale Publizieren hat die Rolle des Verlages als Vermittler drastisch verändert (1212). Traditionell bieten kommerzielle Verlage ihr Dienstleistungsspektrum als ein Paket an, das sich jedoch auch in unterschiedliche Komponenten zerlegen ließe und in Kooperation mit verschiedenen Anbietern ausgehandelt werden könnte (183).

Als ein Entwicklungsfeld für Verlage wird daher vor allem der Bereich des Service angesehen, da es zur Zeit kaum möglich ist, einzelne verlegerische Dienstleistungen auf Anfrage in Anspruch zu nehmen (697). Verlagen wird viel mehr vorgeworfen, statt die Entwicklung neuer Publikationsdienstleistungen anzugehen, ihre Dienste sogar noch zu reduzieren und vor allem aus ihrem Renomee Kapital zu schlagen, was erwartungsgemäß nicht als nachhaltige Entwickung empfunden wird (701).

Eine Alternative zu Wissenschaftsverlagen stellen in diesem Zusammenhang neue Publikationsdienstleister dar, die unter Umständen einzelne Services kombinierbar aus einem Portfolio anbieten (1313).

Für Verlage erscheint Gold Open Access mit kalkulierbaren Publikationsgebühren lukrativer als Lizenzierungsfragen mit Bibliothekskonsortien verhandeln zu müssen (1430).

 

Rolle der Autorinnen und Autoren

Viele Autorinnen und Autoren betreiben bereits Self Archiving im Sinne einer Parallel- bzw. Zweitpublikation etwa von Druckfahnen bzw. Autorenversionen, obwohl dieses Verfahren rechtlich fragwürdig erscheint (34). Andererseits wird auch wahrgenommen, dass Verlage kaum oder gar nicht gegen das Self Archiving vorgehen, es sei denn, es handelt sich dabei um Institutionen wie Bibliotheken (35).

Es wird betont, dass im Wissenschaftsbereich die ursprüngliche Idee des Urheberrechtes als ein Schutzrecht nicht greift, da Autorinnen und Autoren nicht vorrangig an einer kommerziellen Verwertung ihrer Veröffentlichungen interessiert sind, sondern an wissenschaftlicher Reputation und hochwertiger Qualität (36).

Da Autorinnen und Autoren in der Regel bereits qua Anstellung in Forschungseinrichtungen ein Gehalt beziehen, ist ihre Rolle kaum mit anderen Publikationsbereichen vergleichbar (1635). Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geht es weniger um Einkünfte oder Tantiemen aus ihren Publikationen und da sie aus öffentlichen Geldern finanziert werden, wird das Steuerzahlerargument stark gemacht mit der Forderung, dass die Forschungsergebnisse auch weitestgehend der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen solltzen (1651).

Das Interesse der Autorinnen und Autoren liegt auf weiter Sichtbarkeit und Verfügbarkeit in ihren Fachgemeinschaften. Das digitale Publizieren bietet ihnen dafür neue und kostengünstigere Möglichkeiten. So ist es beispielsweise für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler günstiger, ihre Qualifikationsarbeit auf einem Repositorium zu veröffentlichen als bei einem Printverlag, der einen Druckkostenzuschuss fordert (170). In diesem Zusammenhang wird dafür plädiert, die Frage der Bezuschussung für Qualifikationsarbeiten politisch zu diskutieren und entsprechende Regelungen zu erarbeiten (510).

Für etablierte Autorinnen und Autoren erscheint zudem die Option zur Zweitveröffentlichung im Sinne von Green Open Access durchaus interessant und unsetzbar (975). So zeigen Erfahrungen, dass Verlage durchaus gestatten, zum Beispiel Preprints von einzelnen Kapiteln eines Buches zum Zwecke eines Feedbacks online zu stellen (1147). Insofern wird Autorinnen und Autoren geraten, sich stärker bei Verlagsverträgen zu engagieren und sofern möglich ihr Zweitveröffentlichungrecht wahrzunehmen (1352, 1947).

Einige Forschungseinrichtungen erlegen ihren Autorinnen und Autoren sogar die Plicht zur Zweitveröffentlichung auf, in dem Sinne, dass zumindest eine elektronische Version ihrer Veröffentlichungen auf dem eigenen Repositorium hinterlegt werden muss, unabhängig davon, wo gegebenenfalls die Erstpublikation erscheint (1360, 1948).

Allgemein wird gefordert, dass die Autorinnen und Autoren selbst mehr Verantwortung für Publikationsstrategien übernehmen sollten (212). Es gibt freilich auch Autorinnen und Autoren, die einräumen, dass die gegenwärtigen, an kommerzielle Verlage gebundenen Publikationsbedingungen ihren eigenen Interessen nicht grundsätzlich widersprechen (1949).

 

Rolle der Förderinstitutionen

Von den Förderinstitutionen wird zum einen erwartet, dass im Zuge von Projektförderungen konkrete Angaben zur Finanzierung von Publikationen gemacht werden (559); zum anderen aber auch, dass sie Projekte finanzieren, die selbst neue Geschäftsmodelle explorieren (310).

Es wird darauf hingewiesen, dass die Förderung von Open-Access-Geschäftsmodellen vor allem von der DFG vorangetrieben wird, dagegen kaum von einzelnen Bundesländern oder der EU (105). Allgemein wird für sinnvoll erachtet, dass die Publikationskosten einschließlich der Kosten für die Langzeitarchivierung in der Programmpauschale berücksichtigt werden sollen (566, 1576).

Open Access gilt als unverzichtbarer Teil einer Open Science bzw. Open Scholarship (704). Daher sollten vor allem politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Open-Access-Kultur fördern, nicht zu letzt um den Publikationsektor im internationalen Vergleich nicht zu verlieren (705).

Die Open-Access-Pauschale der DFG wird jedoch nicht als geeignet angesehen, um die in der Praxis oftmals stark variierenden Gebühren zu decken. Stattdessen wird vorgeschlagen, erst nach Ermittlung der Publikationskosten entsprechende Fördermittel zu beantragen (807).

In der Praxis fördern einige Infrastruktureinrichtungen bereits kostenpflichtige Open-Access-Publikationen mit Hilfe eines Publikationsfonds (613). Es wird empfohlen, dass alle Forschungseinrichtungen einen solchen Publikationsfond etablieren, der es Autorinnen und Autoren gestattet, auch in namhaften Zeitschriften zu publizieren (781).

Es wird betont, dass es ein allgemeines Zweitveröffentlichungsrecht für das wissenschaftliche Publizieren geben sollte (456). Es wird vorgeschlagen, dass die DFG ein Mandat zur Abgabe von Zweitveröffentlichungen etwa in der Verantwortung von Fachinformationsdiensten (FID) aufstellt (773). Bei Zeitschriften gibt es bereits Förderanreize zum digitalen bzw. hybriden Publizieren durch die DFG (1406). Auch Institutionen sollten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Wahrnehmung von Zweitveröffentlichungsmöglichkeiten motivieren (1360, 1948).

Druckkostenzuschüsse für Verlage setzen einen Anreiz, möglichst viele Titel mit möglichst wenig Aufwand zu verlegen, weshalb die Qualitätsicherung oftmals erheblich leidet, insbesondere durch die Einsparung von Fachlektoraten (1823). Es wird vorgeschlagen das gesamte Druckkostenzuschusssystem auf Anbieter umzulagern, die nicht vorrangig gewinnorientiert arbeiten (1829).

Wissenschaftseigene Publikationsangebote werden meist durch die Forschungseinrichtungen getragen bzw. betrieben und basieren nicht auf selbsttragenden Geschäftsmodellen (1827). Dies gilt auch für die Übernahme der Article Processing Charges (APC) bei Author-Pays-Geschäftsmodellen (1828).

Die Anschubfinanzierung der DFG für elektronische Zeitschriften wird nicht als sehr nachhaltig empfunden, da es kaum möglich ist, innerhalb des Förderzeitraums funktionale Geschäftsmodelle aufzubauen (1836).

Es wird argumentiert, dass die freie Wahl des Publikationsorgans bei einem System unterlaufen wird, das auf Article Processing Charges oder Druckkostenzuschüssen beruht (1832). Stattdessen wird zum Beispiel vorgeschlagen, dass sich Autorinnen und Autoren mit ihren Inhalten bei Zeitschriften bewerben sollten und bei ausreichender Qualität auch angenommen werden. Die Finanzierung könnte dann über ein Wettbewerbspool erfolgen, deren Mittel nach bestimmten Qualitätskriterien vergeben werden (1834). Auf keinen Fall sollte es so sein, dass etwa eine hochwertige Dissertation nur darum nicht in einer Schriftenreihe erscheint, weil kein Druckkostenzuschuss beigebracht werden konnte (1838, 1839).

 

Rolle der Infrastruktureinrichtungen

Die DFG fördert Open-Access-Publikationsfonds mit der Erwartung, dass diese Kosten später über die Erwerbungsetats der Bibliotheken mitfinanziert werden. Prinzipiell wird dies als der richtige Weg angesehen, da die traditionelle Aufgabe des Erwerbs von Publikationen mit der Unterstützung von Open-Access-Publikationen ebenfalls gewährleistet wird (44).

Die Erwerbungspolitik der Bibliotheken könnte sich durch Gold Open Access dahingehend verändern, dass sich stärker am Bedarf der Wissenschaft orientiert wird (1431). Allerdings wird damit auch die Koordination des Bestandaufbaus bzw. die vorausschauende Subskription für Bibliotheken schwieriger (1432). Allgemein wird die anteilige Umlagerung des Etats von der Subskription zur Open-Access-Finanzierung als sinnvoll angesehen (1577, 1578).

Die aus Sicht der Wissenschaft dysfunktionalen Geschäftsmodelle der kommerziellen Verlage stellen auch eine Motivation dar, neue Universitäts- bzw. Hochschulverlage zu gründen (1311). Einige Hochschulverlage basieren auf anderen Finanzierungsmodellen, da sie nicht mehr einzelne Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verlegen, sondern Publikationsaktivitäten ganzer Forschungsprojekte betreuen (1224). Dies geschieht oftmals hybrid und in Zusammenarbeit mit Infrastruktureinrichtungen, so dass in der Regel eine digitale Version aller Publikationen auf einem hochschuleigenen Repositorium Open Access zur Verfügung gestellt wird (1307).

Es wird für sinnvoll erachtet, dass dort, wo Forschungseinrichtungen Open-Access-Publikationsmöglichkeiten anbieten, auch entsprechende dauerhafte Personalstellen eingerichtet werden (840).

Außerdem wird empfohlen die Entwicklung von Infrastrukturen am jeweiligen Nutzerbedarf zu orientieren. So wird beispielsweise die vorrangig auf öffentliche Bibliotheken ausgerichtete “Onleihe” dahin gehend kritisiert, dass hierbei ein altes Geschäftsmodell mit neuen Medien weiterverfolgt und auf diese Weise die Potenziale des Digitalen negiert werden (1216).

 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich ein hohes Maß an Unsicherheit hinsichtlich nachhaltiger und zukunftsfähiger Geschäftsmodelle ausmachen. Die Präferenz liegt für digitale Publikationen im Bereich Open Access. Eine große Rolle bei der Nutzung digitaler Publikationen spielen die Spezifika des geisteswissenschaftlichen Publikationswesens. So haben etwa die Einflussfaktoren wie Publikationskosten und -geschwindigkeit in den Geisteswissenschaften ein geringeres Gewicht als beispielsweise in den Naturwissenschaften. Zugleich sind die Fördervolumen deutlich geringer, was andere Lösungen für Finanzierungsmodelle sinnvoll erscheinen lässt. Als eine vielversprechende Möglichkeit wird die Umlagerung der bisher üblichen Druckkostenzuschüsse und Subskriptionsetats auf die Finanzierung von Open-Access-Publikationen angesehen. Wenn ein Umstieg auf alternative und auf Open Access basierende Publikationsstrukturen von Wissenschaftspolitik und -förderung gewünscht wird, ist es notwendig, ausreichende Ressourcen nicht nur für Projektzeiträume, sondern für einen dauerhaften Betrieb bereitzustellen. Tatsächlich selbsttragende Geschäftsmodelle sind in diesem Bereich bislang kaum auszumachen.

(Berlin, 03.02.2016)

3. Februar 2016 | Veröffentlicht von ehemaliges Mitglied
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