Fu-PusH Dossier: Rechtsgrundlage

In den Fu-PusH-Dossiers werden die im Projekt erhobenen Forschungsdaten ausgewertet und zusammengefasst. Die Datengrundlage des vorliegenden Dossiers umfasst die 192 Statements, die mit Rechtsgrundlage gefiltert wurden.

 

Kernaussagen

  • Die zentralen Rechtsgebiete für das wissenschaftliche Publizieren sind das Urheberrecht (Publikationen) sowie das Datenschutzrecht (Forschungsdaten).
  • Die geltenden urheberrechtlichen Regelungen werden als unzureichend für die Anforderungen einer digitalen Wissenschaft empfunden.
  • Es besteht der Wunsch nach einer Stärkung der Nutzungsrechte an Publikationen bzw. Forschungsdaten durch Forschende, wobei die Notwendigkeit eines Interessensausgleiches zwischen allen Beteiligten betont wird.
  • Eine offene Wissenschaft im Sinne des Open-Access-Gedankens erfordert die Einbettung in einen verlässlichen Rechtsrahmen.
  • Eine allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke des Urheberrechts wird zwar begrüßt, aber zugleich wird auf die damit einhergehende Privilegierung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hingewiesen.
  • Forschende könnten bereits viel gewinnen, wenn sie kompetenter und konsequenter ihre Rechte wahrnehmen und wissenschaftsfreundlichere Autorenverträge aushandeln.
  • Infrastruktureinrichtungen wie beispielsweise Bibliotheken sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beim Aushandeln von Autorenverträgen aktiv unterstützen und insbesondere darauf hinweisen, dass die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte an die Verlage den Interessen der Wissenschaft grundsätzlich entgegen steht.
  • Lizenzmodelle wie Creative Commons werden als geeignetes Mittel zur Spezifizierung von Verwertungs- bzw. Nutzungsrechten für Forschende angesehen.
  • Die empfohlene Creative-Commons-Lizenz ist für alle Publikationselemente, die dem wissenschaftlichen Anspruch an Nachvollziehbarkeit entsprechen sollen, die CC-BY-Lizenz; dagegen wird die CC-0-Lizenz  für Norm- und Metadaten empfohlen.
  • Die Veröffentlichung und Nachnutzung von Forschungsdaten ist ein zentrales Thema mit erheblichen rechtlichen Unsicherheiten sowohl hinsichtlich des Urheberrechts als auch des Datenschutzrechts.
  • Ein großes Problem stellt die Verfügbarkeit von in Gedächtnisinstitutionen vorgehaltenen Forschungsmaterialien dar, für die Zugang, Digitalisierungsmöglichkeiten und vor allem die Nachnutzungsoptionen oft erheblich durch hausrechtliche Regelungen und institutionelle Urheberechtsansprüche eingeschränkt werden.
  • Die Handlungsfelder zeigen sich für Bibliotheken und Infrastrukturdienstleister vor allem in der Kompetenzvermittlung bei Rechtsfragen sowie beim Aufbau von wissenschaftsfreundlichen und zugleich rechtssicheren Publikationsinfrastrukturen.

 

 

Rechtliche Aspekte beim wissenschaftlichen Publizieren

Aktuelle Rechtsthemen

Mit der digitalen Transformation des wissenschaftlichen Publizierens ergeben sich eine Reihe neuer Rechtsfragen und Unsicherheiten. Gerade bei der auf digitalen Möglichkeiten aufsetzenden Wissenschaft zeigt sich ein Spannungsfeld zwischen dem technisch Machbaren und dem rechtlich Zulässigen (487, 1650, 3031).

Digitalkulturelle Phänomene wie die Explizierung kollektiven Wissens oder Open Access können im bestehenden Urheberrecht oftmals nicht zureichend adressiert werden (1650, 2556). Vor seinem historischen Hintergrund gesehen wird das heutige Urheberrecht sogar als “absurd” bezeichnet (1655). Dies gilt umso mehr in der Wissenschaft, da das wissenschaftliche Publizieren selten den vom Urheberrecht ursprünglich geschützen Geschäftsmodellen folgt, die auf finanzielle Verwertung abheben (36, 1651). Insofern wird eine Anpassung von urheber- und verwertungsrechtlichen Regelungen eingefordert (702).

Insgesamt sind rechtliche Aspekte eines von drei benannten Handlungsfeldern (neben Formaten und Persistenz) zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für digitale Forschung (1047). Die Klärung des Rechtsrahmens ist insofern notwendig, da in der digitalen Wissenschaft sowohl neue Publikationsformen als auch neue Nutzungspraxen anzutreffen sind (1981). Im Folgenden werden die wichtigsten aktuellen Rechtsthemen aus den Befragungen wiedergegeben:

  • Rechteklärung (699, 728, 1047)
  • Digitalisierung (2502, 2968)
  • Embargofristen für Zweitveröffentlichung (820, 2845)
  • Geschäftsbedingungen sozialer Netzwerke (3263, 3264)
  • Nutzungsverträge (753, 754)
  • Urheberpersönlichkeitsrecht (224, 1652)
  • Authentizität und Integrität der Publikation (1652)
  • Dienstwerke (38)
  • Elektronische Leseplätze (52a UrhG) (14)
  • Haftung (628)
  • Leistungsschutzrecht für Digitalisate (89)
  • Lizenzinformation als Metadatum (76)
  • Markenrechte (bei einer Zeitschrift) (2831)
  • Publikationsverträge bei Infrastrukturanbietern (99)
  • Tonaufnahmen (2752)
  • Filmaufnahmen (2953)

 

Autorinnen und Autoren

Betrachtet man die Kerninteressen wissenschaftlicher Autorinnen und Autoren, nämlich Reputation, Qualität und Aufmerksamkeit, so steht das Urheberrecht diesen unter Umständen sogar im Weg (36, 696, 1349, 1651, 2845). So wird gefordert, dass das bestimmte Geschäftsmodelle privilegierende Urheberrecht geändert werden sollte, wenn sich dadurch gesellschaftliche Nachteile ergeben (222, 702, 1651).

Eine wichtige Rolle spielt die Aushandlung von Embargofristen, nach deren Ablauf die Urheberinnen und Urheber ihre Nutzungsrechte zurückerhalten (820). Allerdings gelten diese Fristenregelungen generell eher nicht als wissenschaftsfreundlich und werden mitunter auch prinzipiell abgelehnt (2845).

Auch wenn das geltende Zweitveröffentlichungsrecht als sehr restriktiv wahrgenommen wird (1624), bleibt die Empfehlung an die Autorinnen und Autoren ihr Zweitveröffentlichungsrecht zu nutzen (850, 2501). Umstritten ist dagegen die Forderung nach einer arbeitsvertraglich verankerten Zweitveröffentlichungspflicht (797, 834, 1643, 1948, 3240, 3321), wenngleich eine institutionelle Unterstützung der Wahrnehmung des Rechts an sich begrüßt wird (890).

Das Zweitveröffentlichungsrecht zeigt zugleich, dass es bereits wissenschaftsfreundliche Schranken im Urheberrecht gibt, die jedoch zum Teil an den tatsächlichen Bedarfen vorbeigehen (1648). Andererseits „zweitveröffentlichen“ viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Publikationen beispielsweise in sozialen Netzwerken wie ResearchGate oder Academia.edu (2467). Neben der Frage, wie urheberrechtskonform ein solches Vorgehen ist, wird dies auch angesichts der oft problematischen Nutzungsbedingungen entsprechender Anbieter sehr kritisch gesehen (3263), da diese sich meist weitreichende Kontrollbedingungen für den Zugang zu den Materialien vorbehalten (3264).

 

Forschungseinrichtungen

Auch die wissenschaftlichen Einrichtungen, an denen Autorinnen und Autoren beschäftigt sind, haben ein Interesse daran, dass diese möglichst sichtbar publizieren (39). In diesem Zusammenhang gilt Open Access von Seiten der Wissenschaft als erstrebenswertes Ziel (934). Dies gilt auch u.a. wissenschaftsethisch für die internationale Literaturversorgung, da etwa Lösungen über Nationallizenzen nicht überall verfügbar sind (837). Neben der fachkommunikativen Funktion ist die freie Nutzbarkeit von Inhalten eine wichtige Voraussetzung für digitale und vernetzte Wissenschaft (1644).

Open Access beschränkt sich dabei nicht nur auf die Rezeption von Inhalten, sondern schließt die Weiterverwendung, -verwertung und -verarbeitung sowie die dafür notwendigen lizenz- und urheberrechtlichen Regelungen ein (3237, 3240). Auch Infrastruktureinrichtungen wie beispielsweise Anbieter von Repositorien haben vertragsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, so dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen beispielsweise auf offenen Nutzungsmöglichkeiten bestehen könnten (99).

 

Verlage

Die Interessen der Verlage weisen dagegen oft in die Richtung eines exklusiven Verwertungsrechtes und damit einer Kontrolle nicht zuletzt der Sichtbarkeit einer Publikation (39, 626, 696, 702, 1651). Kommerzielle Verlage setzen in der Regel auf Verträge mit Buy-Out-Klauseln im Sinne der Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte (162, 934, 1642, 2773, 3242), was die Nutzungsmöglichkeiten der Autorinnen und Autoren auch für ihre eigenen Werke erheblich limitiert (1348, 2773). Obendrein wird mit öffentlichen Mitteln finanzierte Erkenntnis auf diesem Weg privatisiert (1642).

Eine wichtige Aufgabe der Verlage und des Buchhandels liegt traditionell in der Distribution, also etwa darin, Bücher infrastrukturell zu den Abnehmern bzw. Lesern zu bringen (1633). Wie diese Rolle für digitale Publikationen aussehen kann, ist allerdings noch wenig geklärt. Die weitere Rolle der Verlage besteht in der Wahrnehmung der Urheberinteressen und die Vergütung der Urheber (1633), wobei in der Wissenschaft die Urheberinteressen selten finanzieller Art sind.

Die klassische Arbeitsteilung bei der ein Verlag alle Verwertungsrechte erhält und dafür die Verbreitung absichert, wird gerade in den Geisteswissenschaften selten hinterfragt (162, 2177, 3288). Zudem spielen rechtliche Bedenken in Bezug auf Open-Access-Publikationen bei Publikationsentscheidungen eine Rolle (3288). Oft willigen die Autorinnen und Autoren einfach deshalb in Verlagsverträge ein, weil sie die Folgen nicht überblicken (626, 2879) oder weil ihnen der Gestaltungsrahmen nicht bewusst ist (627, 702). Daher wird kritisiert, dass Verlage das Urheberrecht für ihre Interessen instrumentalisieren und die Autoren bevormunden (219, 626). Auch der Ansatz der Verlage, sich Nutzungs- und Verwertungsrechte über einen Rechtsanspruch auf den Satz (Layout) zu sichern, wird scharf kritisiert (1196).

Andererseits gelingt es vergleichsweise häufig, bei entsprechenden Vertragsverhandlungen auch wissenschaftsfreundliche Regelungen in die Verlagsverträge zu integrieren (1147, 1353). Dies kann auch auf institutioneller Ebene zwischen Forschungseinrichtungen und Verlagen geschehen (2312).

Forderungen nach neuen und wissenschaftsfreundlichen Geschäftsmodellen schließen Exklusivverträge aus (697). Insofern wird der Veränderungsbedarf hauptsächlich bei den Wissenschaftsverlagen gesehen, beispielsweise weg von der Kontrolle von Nutzungsrechten und hin zu einer stärkeren Orientierung auf Dienstleistungsangebote als Basis der Geschäftsmodelle (697).

 

Rechtliche Rahmenbedingungen

Lizenzierung

Da das Urheberrecht vergleichweise unspezifische Vorgaben für die Vergabe von Nutzungs- bzw. Verwertungsrechten enthält, werden alternative Lizenzierungsformen wie Creative Commons (CC) als vielversprechende Ergänzungen angesehen (1653). So spricht man sich für die standardisierte Verknüpfung des Publikationsprinzips Open Access mit der Lizenzierungsform CC-BY aus (555, 796, 3306). Die CC-0-Lizenz wird dagegen kritisch gesehen, da sie die Attributionskette und damit die eindeutige Referenzierbarkeit unterbricht (796, 2828, 3313). Auch hier zeigt sich mit dem Anspruch an eine lückenlose Nachvollziehbarkeit ein wissenschaftsspezifisches Interesse. Andererseits erscheint für Metadaten, Normdaten und für die Entwicklung von Open-Linked-Datastrukturen die CC-0-Lizenz durchaus sinnvoll (3322).

Die Anwendung von CC-Lizenzen scheint auch deshalb zweckmäßiger als die bestehenden urheberrechtlichen Regelungen, da der Kontrollanspruch des klassischen Urheberrechts (1651, 1652) im Digitalen kaum aufrecht zu erhalten ist (1676). Eine Herausforderung bei diesen Lizenzen liegt jedoch unter anderem in der Frage, inwieweit die Lizenzierung eine kommerzielle Nutzung zulassen oder ausschließen sollte (2410, 2828, 3241). So gibt es durchaus die Idee, dass Einrichtungen mit der Lizenzierung ihrer Forschungsdaten und -ergebnisse selbst Geld verdienen können bzw. wollen (2410). Diese müssten eine kommerzielle Nutzung durch Dritte also möglichst ausschließen, um sich ein Verwertungsmonopol zu sichern. Andere Akteure sprechen sich aus ideologischen Gründen dagegen aus, dass mit öffentlichen Mitteln erzeugte Ergebnisse kommerziell nachverwertet werden können (2410, 2877).

Es wird jedoch auch betont, dass eine CC-NC-Lizenzierung den Open-Access-Grundsätzen der Berliner Erklärung widerspricht (2879, 3241). Beispielsweise dürften Repositorium, die durch Werbung finanziert werden oder einer kommerziell ausgerichteten Institution angehören, streng genommen keine NC-Dokumente archivieren (3243). Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lehnen offene Lizenzen auch deshalb ab, weil die Möglichkeit einer Nachnutzbarkeit eher als reputationsschädigend wahrgenommen wird (2931).

Der Exklusivanspruch der Verlage wird häufig kritisiert (40, 2773), auch wenn eine solche vertragsrechtliche Regelung nach deutschem Recht zulässig ist (40, 702). Der Normalfall ist bisher die exklusive Rechteübertragung auf die Verlage (702). Für digitale Publikationsumgebungen wird die Einräumung einfacher Nutzungsrechte allerdings als das sinnvollere Verfahren eingeschätzt (218). Dies gilt insbesondere für Forschungsdaten, die sich die Übertragung exklusiver Rechte als eher ungeeignet erweisen (701). Auch bei Editionen gehen die Rechte bisher meist in einer Form an den Verlag, die den Herausgeberinnen und Herausgebern die weitere Nutzung deutlich erschwert (2773). Daher wird dafür plädiert, den Verlagen nur einfache Nutzungsrechte einzuräumen (2784). Neue Publikationsszenarien schließen tragfähige und Open Access unterstützende Geschäftsmodelle nicht aus, sondern schaffen eher noch neue Möglichkeiten  (787).

Dass digitale Texte adäquate rechtliche Regelungen benötigen, ergibt sich bereits aus der Grundstruktur des Digitalen, bei der die Mehrwerte vor allem in der maschinellen Prozessierbarkeit liegen (14). Die Idee, dass beispielsweise Texte nur nach § 52a UrhG (z.B. an Lesegeräten in Bibliotheken) verfügbar gemacht werden, greift diesbezüglich also zu kurz (14). Bei dynamischen Publikationen oder Datenbanken wird dagegen nicht der Nutzungszweck für ein trägergebundenes und daher fixes Werk, sondern viel eher der Zugang zu sich verändernden Inhalten lizenziert (1367).

Die oft eingeforderte Nachnutzung von wissenschaftlichen Inhalten, Forschungsdaten und Publikationen ist nur über ein entsprechend differenziertes Rechtemanagement umsetzbar (76). Dies bedeutet unter anderem für Enhanced Publications, dass jeder einzeln adressierbare Teil einer Publikation bzw. jedes im Web verfügbare Publikationsobjekte eindeutige Lizenzinformationen benötigt (76). Mögliche Rechteinhaber von Zusatzmaterialien müssen folglich explizit ihr Einverständnis zur Nutzung geben (690). Eine Möglichkeit sind die erwähnten Creative-Commons-Lizenzen, die zunehmend auch an ideeller Bedeutung gewinnen (218, 221). Andererseits sind diese Möglichkeiten vielen Wissenschaftlern nicht bekannt (1086). Für Open-Access-Publikationen wird dieses Lizenzierungsmodell als Standard vorgeschlagen (555), woraus eine Vermittlungsaufgabe für entsprechend qualifizierte Institutionen folgen dürfte.

Schwierig ist die Lage auch bei Archivalien. Archive, Archivbibliotheken und Museen möchten oftmals auch bei gemeinfreien Inhalten ihre Kontroll- und Nutzungshoheit aufrechterhalten (1695, 1701, 2968). Dies erreichen sie beispielsweise über strikte Hausregeln (1767, 1768). Stellenweise sehen sie sich durch die Digitalisierung bedroht (2968). Ein freier Zugang für die Wissenschaft wird unter anderem dadurch erschwert, dass es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht erlaubt ist, eigene Digitalisate zu erstellen (1695). Den Einrichtungen fallen durch die Digitalisierung dagegen neue Kontrollrechte zu (1697). Damit werden jedoch zeitgemäße digitale Forschungsverfahren wie Textmining in digitalen Korpora deutlich erschwert (1697).

 

Zweitveröffentlichungsrecht

Man verspricht sich große Vorteile für die Wissenschaft von einem Zweitveröffentlichungsrecht (456, 2501). Es gibt sogar Stimmen, die sich für eine im Arbeitsvertrag fixierte Zweitveröffentlichungspflicht aussprechen (797). Allerdings ist das im Urhberrechtsgesetz aktuell verankerte Zweitveröffentlichungsrecht so gefasst, dass nur ein vergleichsweise geringer Anteil am Publikationsaufkommen überhaupt unter diese Regelung fällt (1720).

Das sogenannte Self-Archiving durch die Autorinnen und Autoren erfolgt häufig ungeachtet möglicher rechtlicher Hürden. So werden etwa Druckfahnen einfach online gestellt (34) mit dem Bewusstsein, dass eine Strafverfolgung seitens der Verlage kaum stattfindet auf Grund deren Abhängigkeit von den Autorinnen und Autoren (35). Für Bibliotheken wird die Lage allerdings anders eingeschätzt und befürchtet, dass die Verlage sofort dagegen vorgehen würden (35).

 

Bildungs- und Wissenschaftsschranke

Als eine Möglichkeit zur Stärkung der Interessen der Wissenschaft gilt eine allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke des Urherberrechts ähnlich dem Fair-Use-Prinzip des US-Copyrights (107, 1085, 1087, 1646). Erwartungsgemäß opponiert das Verlagswesen zu großen Teilen gegen eine solche Regelung und sieht sich zum Teil sogar in seiner Existenz bedroht (222). Die Bedeutung einer solchen Schranke wird aber mittlerweile auch aus der Wissenschaft heraus relativiert (107). Teilweise wird eine juristische Lösung für die wahrgenommenen Hürden, die das Urheberrecht für die Wissenschaft aufwirft, nicht mehr als vorrangig angesehen, sondern eher ein verändertes Publikationshandeln der Autorinnen und Autoren selbst angeregt (107, 703, 2586, 2820). So könnten diese bereits unter geltendem Recht durchaus mehr erreichen, wenn sie sich aktiver in die Ausgestaltung der Verlagsverträge einbringen (207, 703, 1349, 1353).

Insgesamt gibt es den Anspruch, dass die Wissenschaft selbstbewusster agieren sollte (224, 703). Es müssen Aufgaben neu übernommen werden, die zuvor an Verlage ausgelagert wurden, beispielsweise die Wahrung der Urheberpersönlichkeitsrechte (224). Mitunter gibt es sogar die Position, bestimmte Nutzungsvereinbarungen mit den Verlagen einfach zu ignorieren (2820, 2845). Die Praxis u.a. bei der Nutzung sozialer Wissenschaftsnetzwerke und dem Self-Archiving zeigt, dass dies bereits häufig geschieht (34, 2467).

Gleichwohl wird die Bedeutung eines Interessensausgleiches betont, so dass Novellierungen des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft in einer Weise umgesetzt werden sollten, die allen Akteuren Anpassungen an diese erlaubt (223).

Der Aspekt der Multimedialität insbesondere bei Enhanced Publications wird unter anderem durch die komplizierte Rechteklärung bei Bildern und Filmen erschwert (487, 728, 2752). Für einige Fächer wie die Kunstwissenschaft oder Musikwissenschaft stellt dies ein erhebliches Problem dar (728, 1046, 2752). Auch das Fehlen passender zitatrechtlicher Regelungen wird beklagt (487). So bleibt oft ungeklärt, wie man Bildrechte für eine Nachnutzung spezifizieren kann, weil beispielsweise der Rechteinhaber nicht ermittelbar ist oder die Bilder keinen persistenten Identifikator haben (728).

Generell werden beim Zitatrecht fehlende eindeutige Regelungen bzw. Grundsatzurteile beklagt (350). Bestimmte Inhalte, z.B. aus dem Bereich der modernen Kunst können aufgrund von komplexen Rechtskonstellationen so gut wie nicht für Open-Access-Publikationen genutzt werden (1046). Auch in der Filmwissenschaft gibt es die Sorge, dass man bei Filmzitaten unter Umständen verklagt werden könnte (2953). Konkrete und verbindliche Absprachen zwischen Rechteinhabern und der Filmwissenschaft gibt es in der Praxis bislang jedoch nicht (2953).

 

Open Access

Der freie Zugang zum kulturellen Erbe wird allgemein eingefordert, insbesondere dann, wenn es in öffentlichen Einrichtungen mit Mitteln der öffentlichen Hand vorgehalten wird (88, 626, 934, 2829). Openness gilt als wissenschaftsethisches Prinzip (2829) mit einem dezidiert rechtlichen Kern (3236). Dabei geht es nicht allein um die Möglichkeit einer offeneren Lizenzierung zur Rezeption, sondern um den Anspruch einer weitreichenden Weiterverwendung und -verarbeitung von Materialien mit den möglichst niedrigsten rechtlichen und technischen Hürden (3237). Dazu, inwieweit die Forschenden ihre Materialien offen legen und verfügbar machen wollen, gibt es unterschiedliche Positionen (1820). In jedem Falle sind dabei entsprechende Urheber- und Persönlichkeitsrechte zu beachten (88, 1188).

Der Anspruch an Offenheit bzw. Openness reicht dabei über die Publikationen hinaus und betrifft generell den gesamten Wissenschaftsprozess, also das, was man Open Scholarship oder Open Science nennen kann (633). Dies schließt auch – Stichwort Open Source – digitale Werkzeuge mit ein (2263). Bei Forschungsdaten gelangt man allerdings schnell in datenschutzrechtliche Bereiche, die der Offenheit enge Grenzen ziehen können (607, 609, 795, 810, 1188, 2829, 3212, 3313).

Auf der einen Seite gibt es die Position, dass nicht alle Elemente der Wissenschaftskommunikation öffentlich sein sollten (1189). Auf der anderen Seite wird gefordert, dass bis zu den Grenzen des Datenschutzes alles komplett veröffentlicht und archiviert werden sollte (3216). Hier solle die Wissenschaft selbst entscheiden, wie weit sie vor allem interne Kommunikationen zugänglich macht (1190). Gerade bei forschungsbegleitenden Daten, Zwischenergebnissen und Kommunikationen ist es oft sehr schwer, diese im Ressourcenrahmen der jeweiligen Projekte angemessen für eine Veröffentlichung aufzubereiten (1191).

 

Forschungsdaten

Die Rechtslage für die Veröffentlichung, Archivierung und Nachnutzung von Forschungsdaten erweist sich als schwierig und bedarf klarer Regelungen (340, 628, 1085). Daher agieren Forschende und Institutionen an dieser Stelle besonders vorsichtig (1779). Verlage fordern teilweise die Übertragung der Rechte an den Forschungsdaten parallel zur Manuskripteinreichung mit ein (1342). Autoren zögern die Freigabe von Forschungsdaten daher oft so lange heraus bis die Publikation auf dem Weg ist (1341).

Daten an sich erfüllen oft nicht die Schöpfungshöhe, die der urheberrechtliche Schutz voraussetzt, weshalb sie teilweise direkt mit diesen Ziel aufbearbeitet werden (1098). Andererseits besitzen gerade geisteswissenschaftliche Forschungsdaten oftmals eine eigene Schöpfungshöhe wie beispielsweise Beiträge für Enzyklopädien (701). In jedem Fall wird empfohlen, die Datenurheberschaft (bzw. -erheberschaft) auch aus attributorischen Gründen zu erfassen (2826).

Auch Verlagserzeugnisse als Repräsentation geistiger Schöpfungen sind potentiell als geisteswissenschaftliche Forschungsdaten relevant. Sind sie gemeinfrei geworden, sollten sie prinzipiell frei verfügbar sein (89). Oft jedoch reklamiert eine Institution, die eine Digitalisierung vornimmt (z.B. ein Verlag, ein Archiv oder auch eine Bibliothek), ein eigenes Leistungsschutzrecht (89). Andererseits stellt sich bei Digitalisierungen teilweise die Frage, ob die Einrichtung damit auch das Recht auf die Zugänglichmachung erhält. Da die Rechteklärung für jede Vorlage schwierig ist, werden zum Teil Objekte zwar digitalisiert, aber nicht in den Zugriffssystemen angezeigt (2502).

Oft ist bereits unklar, wem die in einem Projekt erhobenen Forschungsdaten gehören, wer demnach über die Lizenzierung und Nachnutzung entscheiden darf und sich um die Langzeitarchivierung kümmern muss: die erhebenden Wissenschaftler, die Forschungsinstitution oder die Förderinstitution (732, 2213). In der Wissenschaft werden die Rechte an aus einem Beschäftigungsverhältnis hervorgehenden Ergebnissen eher nicht als Dienstwerke behandelt, sondern den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zugeordnet (38). Wie sich das bei projektorientierter Forschung und bei nicht urheberrechtlich schützbaren Forschungsdaten gestaltet, scheint derzeit zwar offen, aber vertragsrechtliche Regelungen kämen als Lösung durchaus in Frage. Anekdotisch wird ein wissenschaftsunfreundlicher Fall geschildert, bei dem eine Infrastruktureinrichtung die Nutzungsrechte an einen Verlag übertragen hat und diese nun ihrerseits jede weitere Nutzung genehmigen lassen musste (753).

Wie Rechtinhaber mit Einräumung von Nutzungsmöglichkeiten von Digitalisaten umgehen, ist sehr unterschiedlich (2503). Es gibt den Vorschlag, den Rechteinhabern eine Art Tausch anzubieten, indem man ihnen für die Freigabe der Forschungsdaten ein besonderes Nutzungsrecht an den Forschungsergebnissen einräumt, auf dessen Grundlage sie beispielsweise angereicherte Editionen publizieren können (2503).

Für Forschungsdaten werden oft nur einfache Nutzungsrechte eingeräumt, was der Einbindung in eine Open-Access-Publikation entgegen steht (340). Es wird berichtet, dass man für die Lizenzierung der Forschungsdatenpublikationen vorzugsweise den CC-BY-Standard bzw. allgemein Creative Commons verwendet (550, 934, 937, 1086). Als Lizenz für Forschungsdaten wird die CC-BY-Variante empfohlen (2828). In diesem Zusammenhang wird als Lösung auch eine Fair-Use-Regelung nach dem Vorbild des US-Copyright angesprochen (1085).

Forschungsdaten sollten eindeutig von anderen Zusatzmaterialien wie interner oder externer Wissenschaftskommunikation getrennt werden (688). Problematisch sind weiterhin prinzipiell verfügbare Forschungsdaten ohne ausdrückliche Lizenzangabe, da in diesem Fall die Unsicherheit hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten naturgemäß sehr hoch ist (928, 2091). Dem widerspricht teilweise eine Position, die betont, dass Forschungsdaten schnellstmöglich und auch ohne vollständige Dokumentation der Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollten (937).

Mehr noch als das Urheberrecht sind für Forschungsdatenveröffentlichungen in der Regel datenschutzrechtliche Fragen relevanter (vgl. auch oben). Viele Forschungsdaten können nur auszugsweise bzw. anonymisiert publiziert werden (607, 609, 795, 2829, 3313). Es ist also zu überlegen, inwieweit diese nur zum Teil publizierten Forschungsdaten überhaupt für aussagekräftige Nachnutzungen verwendbar sind. Letztlich benötigt man daher fachkulturell ausgehandelte Standards (795). Insofern sind offene Forschungsdaten nur für bestimmte Wissenschaftsbereiche eine Option (633). Ebenfalls ungeklärt sind Haftungsfragen, also ob die Verantwortung für die Forschungsdaten bei den erhebenden Wissenschaftlern oder der hinter diesen stehenden Institution liegt (628), was wiederum den Bogen zur Zuschreibung der Verwertungsrechte an solchen Daten schließt  (732, 2213).

 

Zentrale Herausforderungen

Wie eingangs bereits angedeutet zeigt sich vor allem das Urheberrecht nur sehr schwer auf digitalwissenschaftliche Ansprüche und Sachverhalte anwendbar (730, 1650, 2556). Dies gilt sowohl konzeptionell als auch in der konkreten Anwendung (1650). Vieles spielt sich in einer Grauzone ab (2312), da es in einigen Feldern an Grundsatzurteilen mangelt, die eine Orientierung für rechtskonformes Verhalten bieten könnten (350). So ist die eindeutige Klärung von Bildrechten für die Nachnutzung oft kaum zu erreichen (728). In jedem Fall scheint sie unverhältnismäßig zeitaufwendig (2445) und oft auch erfolglos (2498).

Generell wissen viele wissenschaftliche Autorinnen und Autoren zu wenig über die sie betreffende Rechtslagen (40). Dies betrifft unter anderem verlagsrechtliche Regelungen, da nicht selten Verwertungsrechte auf Grund von Unkenntnis an einen Verlag abgetreten werden (40). Oft sind aber die Rechtsbedingungen an sich “prekär”, zum Beispiel bei den Google-Books-Digitalisaten (730). Enge Rechtsnormen behindern unter anderem auch die Entwicklung von neuen Publikationsformen wie beispielsweise vernetzte Publikationen und damit auch Enhanced Publications (40).

Ein häufig erwähntes Thema ist der Plagiarismus, der besonders dann als Gefahr gesehen wird, wenn die Produktion wissenschaftlicher Tätigkeit – Forschungsdaten oder Vorstufen von Publikationen – frühzeitig und vor einer formalen Publikationen sichtbar werden  (552, 2639, 2768).

Es gibt den Anspruch bei vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, dass sie die von ihnen erhobenen Daten selbst exklusiv auswerten wollen (1565, 2639, 2768, 2942, 3306) bzw. sogar mit diesen Geld verdienen wollen (2877). Zudem besteht die Sorge, dass ein frühes Veröffentlichen von Ergebnissen insbesondere vor der formalen Publikation den Ideendiebstahl fördert (2371, 2854). Dem könnte man unter anderem durch die Einführung standardisierter Zeitmarken in den Repositorien entgegenwirken (2854). Plagiarismus wird zudem bei Projektanträgen beklagt (552), was freilich ein stärkeres Argument für mehr Offenheit und Transparenz sein dürfte.

Die Forderung nach Openness stößt besonders bei Forschungsdaten unter anderem aus persönlichkeitsrechtlichen Aspekten durchaus an Grenzen (86, 1188).

In Bibliotheken fehlt es oft an urheberrechtlicher Kompetenz, was besonders problematisch wird, wenn die Einrichtungen selbst verlegerisch tätig werden wollen (340). Auch die Rechtssicherheit bei Digitalisierungen insbesondere in Kooperation mit Google wird als problematisch bewertet (730). Hier fehlt oft die rechtliche Expertise auch in den Einrichtungen (730). Ein anderes Problem bei der offenen Wissenschaft ist, dass Bibliotheken häufig von der Online-Publikation von Materialien aus Sorge vor unkontrollierter Verbreitung absehen (939). Eine klare Lizenzierung könnte hier eventuell helfen (939).

Eine andere Gefahr wird bei der Schaffung urheberrechtlicher Sonderregelungen für die Wissenschaft gesehen: eine Art Zweiklassengesellschaft, bei der diejenigen im Wissenschaftssystem umfassendere Rechte und damit Möglichkeiten haben, als diejenigen außerhalb dieses Systems (1647). Man befürchtet die Verfestigung einer digitalen Kluft (1647, 1649, 2500). Vielmehr sollte generell, also gesamtgesellschaftlich, ein weitreichender Zugang zu digitalen Inhalten angestrebt werden (1649).

Gemeinfreiheit beispielsweise von Forschungsdaten führt nicht automatisch zu einer besseren Wissenschaft. Gerade in den Geisteswissenschaften gibt es eine Vielzahl von im Internet verfügbaren gemeinfreien Texten, die jedoch oft nicht in Fassungen vorliegen, die dem aktuellen Forschungsstand entsprechen bzw. deren Vorlage beispielsweise keine wissenschaftlichen Edition war (2392). Diese sind für die Wissenschaft de facto nicht nutzbar. Ähnliches wird von Abbildungen geschildert (2498).

 

Handlungsfelder

Autorinnen und Autoren

Für Autorinnen und Autoren wird empfohlen, dass sie selbst innerhalb des Systems Druck ausüben und ihre Interessen engagierter durchsetzen anstatt auf rechtliche Neuregelungen zu warten (107, 1353). Autorinnen und Autoren sollten bei der Rechtewahrnehmung beispielsweise durch Kompetenzvermittlung von Seiten der Bibliotheken unterstützt werden (208, 2574, 3322, 3287). Als Ziel wird angesehen, dass die Autorinnen und Autoren kompetenter in Verhandlungen mit den Verlagen eintreten können (208) und an diese beispielsweise nur einfache Nutzungsrechte übertragen (2784). Dies gilt insbesondere für Editionen und Codierungen (2784). Diese Kompetenzvermittlung beginnt idealerweise bereits als Teil der grundständigen Lehre (225). Beispielsweise wissen viele Autoren nicht, dass es zur exklusiven Rechtabtretung auch andere lizenzrechtliche Alternativen gibt (626). Sie sollten sich auch grundsätzliches Wissen zu Phänomen wie Creative Commons aneignen (2586, 2878). Die Markenrechte an einer Zeitschrift sollten ebenfalls nicht bei den Verlagen, sondern beim Editorial Board liegen, was bei Neugründungen sinnvollerweise zu berücksichtigen ist (2831). Hinsichtlich der Forschungsmaterialien bzw. -daten wird den Wissenschaftlern die direkte Vernetzung mit den Anbietern angeraten (2476).

 

Forschungseinrichtungen

Die Forschungseinrichtungen sind gehalten, mehr Verantwortung für das wissenschaftliche Publizieren zu übernehmen (224). Dies bedeutet auch, dass ein Aufbau von rechtlicher Kompetenz notwendig sein kann (224). Ein wichtiger Aspekt ist zudem die rechtliche Organisation der Metadatenproduktion und -zuweisung (1617).  Hier ist eine Gemeinfreiheit bzw. CC-0-Lizenzierung für eine optimale Vernetzbarkeit empfehlenswert (3322). Zudem sollten Forschungseinrichtungen dort, wo Verlagsinteressen keine wissenschaftsfreundlichen Regelungen zulassen, die Etablierung alternativer Publikationsinfrastrukturen bzw. die Übernahme von verlegerischen Tätigkeiten anstreben bzw. fördern (2310).

 

Förderinstitutionen

Förderinstitutionen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) werden ausdrücklich mit dem Anspruch der Entwicklung von Richtlinien für rechtliche Fragen und das Publizieren nach Open-Access-Modellen adressiert (558). Sinnvoll ist zudem, dass sie die Bibliotheken und Forschungseinrichtungen beim Aufbau von Programmen zur Kompetenzvermittlung und bei Bedarf auch der zwischen Forschungs- und Infrastruktureinrichtungen zu koordinierenden Entwicklungen alternativer und neuer Strukturen der wissenschaftlichen Kommunikation und des wissenschaftlichen Publizierens fördern.

 

Infrastruktureinrichtungen

Den Infrastruktureinrichtungen wie vor allem den Bibliotheken und Rechenzentren werden neben der Kompetenzvermittlung auch Aufgaben im Bereich dessen zugeordnet, was man Compliance nennen kann, beispielsweise bei der Absicherung der Einhaltung von Datenschutzstandards (286, 2578, 3047) oder der Klärung von Rechteverhältnissen (699). Dies betrifft auch die rechtssichere Gestaltung der Zuständigkeiten bei der Langzeitarchivierung besonders dann, wenn die Inhalte bei unterschiedlichen Institutionen erstellt, gehostet und schließlich langzeitarchiviert werden (575). Bereits für die Zugänglichmachung von Materialien ist die Rechteklärung eine elementare Voraussetzung (699).

Auch bei der Gestaltung von Publikationsverträgen können Bibliotheken eine zentrale Rolle übernehmen (699). Dies betrifft unter anderem die Unterstützung bei der Wahrnehmung des Zweitveröffentlichungsrechts (2585). Es wird sogar betont, dass Infrastruktureinrichtungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern helfen könnten, sich aus bestehenden Verträgen zu lösen (754). Schließlich wird für Bibliotheken auch eine vermittelnde Rolle für wissenschaftspolitische Debatten zugeschrieben (797).

In Infrastruktureinrichtungen ist es zudem notwendig, parallel zur Kompetenz zur technischen Entwicklung auch software- und lizenzrechtliche Expertise vorzuhalten, mit der unter anderem entschieden werden kann, wo Lösungen unter welchen Bedingungen besser lizenziert als eigenentwickelt werden (1457).

Eine weitere Perspektive ist schließlich der Aufbau und Betrieb von Publikationsstrukturen durch Infrastruktureinrichtungen bzw. Bibliotheken auf denen wissenschaftsfreundliche Bedingungen (z.B. Open Access, Creative Commons) direkt durchgesetzt werden (2431). Entsprechende Open-Access-Strategien sollten aus einem passenden Urheberrechtsrahmen, Repositorien bzw. Preprint-Servern sowie Vermittlungsformen für diese Angebote an die Forschenden bestehen (3287). Ein Vorschlag zur Finanzierung zielt auf die Umschichtung der Mittel für die Lizenzierung von Inhalten bei kommerziellen Anbietern auf derartige Angebot (2431). Die Notwendigkeit, teure Lizenzgebühren an Verlage zu entrichten wird allerdings als Hürde für die Finanzierung entsprechender Angebote gesehen (2432).

Für Gedächtnisinstitutionen mit Archivbeständen wäre es sinnvoll, ihre Haus- und Nutzungsregeln hinsichtlich einer weiter reichenden Nutzbarkeit bzw. Nachnutzbarkeit der von ihnen verwalteten Materialien anzupassen (1769, 1771), wobei dies nicht zwingend einer vollständigen und freien Verfügbarkeit entsprechen muss (1772).

 

(Berlin, 18.02.16)

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