„Die Digitalisierung macht alles einfacher!“ und „Sonst funktioniert das immer“ sind zwei Mythen, mit denen Medientechniker immer wieder – im einen Fall von den Herstellern, im anderen von den Nutzern – konfrontiert werden.
Der Computer- und Medienservice betreut die Medientechnik im Erwin Schrödinger-Zentrum sowie auf dem gesamten Campus Adlershof in Zusammenarbeit
mit den Hörsaalbeauftragten der einzelnen Institute. In den Gebäuden wurden beim Bau zunächst entsprechend dem damaligen Stand der Technik analoge Signalwege, Übertragungs- und Medientechnik installiert. Mittlerweile ist auch hier die Digitalisierung vorangeschritten und viele Hersteller behaupten: Die Digitalisierung macht alles einfacher! Doch stimmt das wirklich? Zumindest nicht immer.
Zunächst einmal wird die Bildauflösung der Projektoren immer höher. Dies bedeutet aber auch, dass die zu übertragende Datenmenge immer größer wird.
FullHD, also 1920 x 1080 Pixel, bedeutet gegenüber XGA, was mit 1024 x 768 Pixeln lange Zeit der Standard für Beamer war, bereits eine Vergrößerung des Datenvolumens um den Faktor 2,6. Aber 4K-UHD- Projektoren mit 3840 x 2160 Pixeln sind bereits am Start, was nochmals den Faktor 4 bedeutet.
Dazu kommt das Problem der Signalintegrität, das u. a. die verwendbaren Kabellängen einschränkt. Dies ist eine große Herausforderung bei Umbauten und Nachrüstungen mit digitaler Technik. Ein analoges Bildsignal wird mit zunehmender Kabellänge langsam schlechter, liefert aber noch lange ein akzeptables Bild. Ein digitales Signal stellt beim Unterschreiten eines Grenzwertes kein Bild mehr dar, es finden Totalausfälle statt. Verstärker und andere Komponenten zur Signalverbesserung verkomplizieren die Anlage und machen sie wiederum fehleranfälliger.
Weiterhin müssen Verfahren wie EDID (Extended Display Identification Data) und HDCP (High-bandwidth Digital Content Protection) bei digitaler Signalverarbeitung beachtet werden. EDID beschreibt die technischen Fähigkeiten der Anzeigegeräte und soll für eine korrekte Anzeige sorgen. Leider werden diese Daten nicht von allen Komponenten richtig weitergeleitet und so werden mit EDID-Mindern, die die korrekte Übertragung der EDID-Daten managen, weitere Geräte notwendig. HDCP ist ein Verschlüsselungssystem, das für digitale Schnittstellen (DVI, HDMI, Displayport) zur geschützten Übertragung von Audio- und Videosignalen vorgesehen ist. Hiermit kann auch die Anzahl der zulässigen Ausgabegeräte beschränkt werden, was beispielsweise dazu führt, dass ein Bildsignal zwar auf dem Vorschaumonitor und dem Beamer korrekt angezeigt wird, aber nicht als Eingangssignal in eine Videokonferenz verwendet werden kann.
Der Wunsch der Nutzer nach drahtloser Bild- und Tonübertragung ist verständlich, im universitären Umfeld aber nicht immer einfach zu realisieren, selbst wenn es zu Hause problemlos funktioniert. Dort ist das WLAN wesentlich einfacher aufgebaut. Man hat in der Regel nur einen Access-Point und es mit wenigen Geräten mit vielleicht ein oder zwei unterschiedlichen Betriebssystemen zu tun. An der HU spannen ca. 1260 Access Points in 103 Gebäuden Netzwerke für ca. 11500 aktive WLAN-Clients auf. In Hörsaalbereichen ist die Dichte unterschiedlicher Geräte natürlich besonders hoch. Bei einem Versuch mit einfacher Consumer-Technik – die zu Hause problemlos funktioniert – die gängigen Betriebssysteme für drahtlose Bild- und Tonübertragung abzudecken, wurde der Einsatz von drei verschiedenen Übertragungssystemen notwendig. Die Geräte der Nutzer können vielfach keine gleichzeitige WLAN-Verbindung ins Internet aufbauen. Man hat also entweder eine Drahtlosübertragung oder Internet. Natürlich gibt es auch Lösungen, die beides können. Diese haben aber meist andere Beschränkungen, man muss einen Sender an den USB- oder einen digitalen Videoausgang anschließen, benötigt unter Umständen zusätzliche Adapter und sie kosten ein Vielfaches.
Funktionierende Lösungen für eine Vielzahl unterschiedlicher Geräte anzubieten, ist eine große Herausforderung. BYOD (Bring Your Own Device) ist für die Medientechnik der Standardfall, da die meisten Lehrenden und Vortragenden mit eigenen Geräten zur Vorlesung oder Tagung kommen. Dies wird durch die Digitalisierung aber eher komplizierter.
Ansprechpartner:
Uwe Pirr | 030 2093-70030 | pirr@cms.hu-berlin.de