Seit 2009 wird der Backbone der HU auf Basis von MPLS-Routern betrieben. Die bisher eingesetzte Technik ist komplex, kostenintensiv und in die Jahre gekommen. Es bedarf ihrer Ablösung. Dazu wurden verschiedene Ansätze evaluiert. Die Wahl fiel letztendlich auf die Fabric-Technologie.
Zielstellung
Die Neuausrichtung des HU-Backbones zielte darauf ab, die Vorteile der MPLS-Technologie beizubehalten und gleichzeitig ihre Nachteile zu eliminieren. Die Wahl fiel auf die Fabric-Technologie, speziell auf die Ethernet Fabric von Extreme Networks. Sie erfüllt die Anforderungen, erlaubt höhere Geschwindigkeiten und bietet Vorteile in Bezug auf Skalierbarkeit, Performance, Redundanz und Management. Außerdem sind die Port-, Beschaffungs- und Wartungskosten im Vergleich zur MPLS-Technik deutlich günstiger.
Funktionsweise
Der Begriff „Fabric“ (Gewebe) bezeichnet einen Verbund von Netzwerkknoten (Switches) in einer Topologie, in der mehrere Wege zur Lastverteilung genutzt werden (Multi-Pathing). Eine Fabric trennt die physikalische Infrastruktur (Switches, Verbindungen/Links) von Diensten (Services), die auf dieser Infrastruktur genutzt werden. Services (im Fabric-Kontext als VSNs bezeichnet) sind gemäß dem OSI-Modell Layer-2- (VLANs) und Layer-3-Dienste (Routing). Diese werden in einer Fabric bei geringer Komplexität und sehr guter Skalierbarkeit virtualisiert.
Die Besonderheit der Ethernet-Fabric: Es wird kein IP-Netzwerk als darunterliegende Ebene zur Bildung der Fabric benötigt. Ihr Aufbau basiert auf etablierten Protokollen mit einigen Erweiterungen und ist insgesamt relativ einfach. Eine automatisierte Inbetriebnahme von Fabric-Knoten (Zero Touch Fabric) ist möglich.
Die Architektur der Ethernet-Fabric kann aus Ringen, Maschen, dem Spine-Leaf-Modell oder einer Kombination dieser Formen bestehen.
Weiterhin erlaubt die Fabric Verbesserungen bei der Geo-, Layer-2- sowie Layer-3-Redundanz durch SMLT und DVR, was ungünstige Wege vermeidet und sowohl Ost-West- als auch Nord-Süd-Verkehr im Netz reduziert.
Aufbau und Migration
Das Kernnetz der Fabric wird aus vier Switches des Typs VSP7400 gebildet. Diese werden an den Standorten Rudower Chaussee 25 und 26 (ESZ), Unter den Linden 6 und Planckstr. 14 (GZ) installiert. Jeder VSP7400 bekommt zwei 100-G-Verbindungen sowie weitere Verbindungen mit niedrigen Geschwindigkeiten zu seinen benachbarten Core-Switches. Letztlich soll jeder Fabric-Switch über alternative Pfade verfügen.
Als Ersatz für die MPLS-Router an den übrigen Standorten kommen Switches der Typen 5520 und VSP4900 zum Einsatz. Perspektivisch sind eine Ausdehnung der Fabric in die Distributions-Ebene (Gebäudeverteiler) und Fabric-Switches für die Anbindung von Servern (Top of the Rack) vorgesehen. Der Einsatz von Fabric-Technik im Access-Bereich ist nicht geplant.
Die Geschwindigkeiten der Fabric-Switches auf den Uplinks variieren zwischen 10, 25, 40 und 100 GBit/s.
MPLS- und Fabric-Core werden übergangsweise parallel betrieben. Nach der Installation des Fabric-Kernnetzes erfolgen die Anbindungen des MPLS-Backbones (Layer-2 & -3) und der zentralen Firewalls. Das Routing wird schrittweise von der Fabric übernommen. Die Switches, die als Gebäudeverteiler in Adlershof arbeiten, werden auf Fabric-Knoten geschwenkt. Gleichzeitig erfolgt die Ablösung proprietärer Redundanzprotokolle und eine verteilte redundante Anbindung auf Basis von LACP.
Anschließend erfolgt die Abschaltung der beiden MPLS-Router am Standort Adlershof. Weitere MPLS-Router in Mitte werden sukzessive ersetzt. Falls notwendig, wird MPLS-Traffic zur Aufrechterhaltung der Redundanz von MPLS-Knoten durch die Fabric geleitet.
In der ersten Ausbaustufe sind für den Betrieb des Backbone etwa 40 Fabric-Switches vorgesehen. Die Fabric soll im ersten Quartal 2023 in Betrieb gehen und MPLS bis voraussichtlich Mitte 2024 ganz ablösen.