Jedes Kind erhält bei der Geburt einen Namen. Dieses absolute Recht gehört zur Sorgeverantwortung der Erziehungsberechtigten. Was zunächst recht simpel klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als nicht ganz so einfach.
Während es bei der Zuweisung des Nachnamens in erster Linie um das Erfüllen rechtlicher Regelungen geht, herrscht bei Vornamen die Qual der Wahl. Hier sind die Sorgeverantwortlichen herausgefordert, den „richtigen“ Namen zu finden. Es ist eine nur fast freie Wahl, die ebenfalls Vorschriften unterliegt, zudem kommen kollektive Bedeutungssysteme ins Spiel, mit Namen verbundene Konnotationen und Vorstellungen. Während früher mit den Namen oft die genealogische Zugehörigkeit sichtbar gemacht werden sollte, daher Namen von Pat:innen, Groß- oder Schwiegereltern weitergegeben wurden, scheint heute der Wunsch zu dominieren, die Individualität des Kindes zu markieren. Die jährliche Bekanntgabe der beliebtesten Namen spricht von diesem Wandel und zeigt das Zusammenspiel von individueller Entscheidung und kollektiven Vorstellungen. Gab es früher zumindest regional klare Siegerinnen, verbergen sich hinter den Top 10 heute eher kleine Fallzahlen – nicht zuletzt, weil sich durch Mobilität und Migration das Namenrepertoire deutlich erweitert hat. Dennoch zeigen sich auch „Dauerbrenner“:
So heißen Anna und Karl – die Hits des Jahres 1890 – heute mit großer Wahrscheinlichkeit Mia und Noah, doch weiterhin sind beide Namen bis heute beliebt [1].
Namen transportieren vielfältige Informationen. Zentral ist der Hinweis auf das Geschlecht der Träger:innen. Das deutsche Namensrecht schreibt hier sogar eine gewisse Eindeutigkeit vor und tatsächlich entbehren nur wenige Namen jeglicher geschlechtlichen Konnotation. In den letzten Jahren ist dies zu einem Politikum geworden. Eine Vielzahl von Menschen will sich den Zwängen der binären Geschlechterordnung nicht mehr unterordnen, gehen doch mit der Zuweisung eines Geschlechts stets auch Erwartungen an Aussehen, Verhalten, Charakter- eigenschaften usw. einher. Weil sich Geschlecht eben auch über den Namen transportiert, erproben trans und nicht-binäre Personen neue Namen, die ihrer geschlechtlichen (Nicht-)Zugehörigkeit besser entsprechen. Eine offizielle Namensänderung gestaltet sich nach deutschem Recht noch immer schwierig. Doch die Anrufung des bei der Geburt zugewiesenen Namens wird als verletzend erlebt. Insofern ist es ein begrüßenswerter Fortschritt, dass Namen in den Registrierungssystemen der Universität nun leicht(er) geändert werden können. Denn jeder Person gebührt das Recht, in ihrer Individualität an der Universität anerkannt zu werden.